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Mittwoch, 2. August 2023

Beschränkte Erbschaftsannahme auf die Nacherbschaft, Erbfallkostenpauschale und deren Nachweis

Testamentarischer Vorerbe der verstorbenen Tante der Klägerin war deren Ehemann, als Nacherbe war die Klägerin berufen, die auch als Erbin des Ehemanns berufen war. Nach dem Ableben des Ehemanns schlug die Klägerin dessen Erbe aus. Der Klägerin waren aufgrund der Nacherbschaft Kosten von € 40,00 beim Nachlassgericht entstanden. Der Vorerbe hatte keine Kosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG (Nachlassverbindlichkeiten) geltend gemacht, wobei bei ihm infolge des Freibetrages für Ehegatten keine Erbschaftssteuer festgesetzt wurde. Für die Klägerin wurde die Erbschaftsteuer in Bezug auf die Nacherbschaft auf € 3.960,00 festgesetzt; Nachlassverbindlichkeiten wurden nicht berücksichtigt. Der Einspruch der Klägerin gegen den Erbschaftsteuerbescheid wurde zurückgewiesen. Im Rahmen der Klage machte die Klägerin nunmehr für Nachlassverbindlichkeiten die Pauschale von € 10.300,00 gem. § 10 Abs. 4 Nr. 3 S. 2 ErbStG geltend. Der Klage gab das Finanzgericht statt. Die dagegen vom Finanzamt eingelegte Revision wurde vom BFH zurückgewiesen.

1. Der Anfall der Nacherbschaft gelte grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Anders als nach §§ 2100, 2139 BGB würden Vorerbe und Nacherbe nicht vom ursprünglichen Erblasser erben, sondern nach § 6 ErbStG erbe der Nacherbe (fiktiv) vom Vorerben. [Die Ausschlagung der Erbschaft nach dem Ehemann der Tante hindert damit zivilrechtlich nicht die Annahme der Nacherbschaft, was auch im Erbschaftsteuerrecht gelte, aber hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen (so evtl. Steuerklasse) zu einem anderen Ergebnis führt. Dies sollte bei einer entsprechenden Regelung berücksichtigt werden.]. Würde der Nacherbe zugleich Erbe des Vorerben, lägen zwar zivilrechtlich zwei Erbfälle vor, steuerrechtlich aber nur ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben (BFH Urteil vom 31.08.2021 - II R 2/20 -). Als erbschaftsbedingte Bereicherung für jeden Erwerb gelte der betrag, der sich aus dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegenden Vermögensanfalls, von dem die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten abgezogen würden, § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG.

Damit stellet der BFH fest, dass sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe den Besteuerungstatbestand gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG für einen Erwerb von Todes wegen verwirklichen würden.

2. Ohne Erforderlichkeit des Nachweises von Nachlassverbindlichkeiten würde nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG für die in § 10 Abs. 5 S. 1 ErbStG genannten Kosten ein Betrag von € 10.300,00 abgezogen. Dieser betrag würde für jede Erbschaft nur einmal gewährt (auch bei mehreren Miterbe, BFH Beschluss vom 24.02.2010 - II R 31/08 -). Vor- und Nacherbfolge würden nur einen Erbfall darstellen und auch keinen Erbfalls mit mehreren Erben. Beide Vorgänge seien jeweils einen gesonderten Erbfall darstellen. Dieser Systematik würde es entsprechen, zweimal (also im Vor- als auch Nacherbgang) die Pauschale zu berücksichtigen.

Auch wenn bei Vor- und Nacherbschaft [Anm.: Nur auf dieses Teilvermögen des Vorerben beschränkte sich die Erbschaftsteuer vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Ausschlagung des Erbes nach dem Vorerben) nur ein Todesfall vorläge, sei eine teleologische Reduktion nicht geboten. Zwar sei richtig, dass bei zweimaliger Berücksichtigung der Pauschale diese im Hinblick auf den ersten Todesfall zweimal anfalle (bei der Vor- als auch der Nacherbschaft), was auch zur doppelten Berücksichtigung von damit pauschal aufgefangener Beerdigungskosten dazu führe, dass diese zweimal berücksichtigt würden. Allerdings seine die Pauschale auch dazu, Nachlassregelungskosten im weiteren Sinne abzugelten, die auch zweimal in unbegrenzter Höhe anfallen könnten und typischerweise auch in einem Nacherbfall anfallen würden.  Der Ansatz der Pauschale diene der Vereinfachung der Steuerfestsetzung, unabhängig davon, ob der Nacherbe auch Erbe des Vorerben würde. 

Ein Nachweis, dass zumindest dem Grunde nach Kosten angefallen seien, die der Pauschbetrag erfasse, sei nicht notwendig. Das Gesetz würde von typischerweise entstehenden Kosten ausgehen und nach dem Gesetz könne die Pauschale ohne Nachweis geltend gemacht werden. Ein Nachweis darüber, dass solche dem Grunde nach entstanden sind, würde dem Vereinfachungszweck, der mit der Regelung beabsichtigt sei, widersprechen. Soweit in früheren Entscheidungen eine andere Ansicht vertreten wurde, halte der (zuständige) Senat des BFH daran nicht mehr fest.

BFH, Urteil vom 01.02.2023 - II R 4/20 -

Sonntag, 16. August 2015

Der Steuerberater muss nicht über zivilrechtliche Regressmöglichkeiten informieren

Steuerberater werden, aus welchen Gründen auch immer, häufig von Mandanten gewechselt. Neue Steuerberater müssen dabei teilweise in „Altfällen“ tätig werden, d.h. solchen, die sein Vorgänger bereits bearbeitet bzw. begonnen hatte. Dabei kann es ohne weiteres vorkommen, dass er Mängel in der Bearbeitung durch seinen Vorgänger feststellt, auch solche, die nicht mehr änderbar sind. So geschehen in einem Fall, der letztlich auch vom BGH zu entscheiden war.


Der (neue) Steuerberater hatte die Vertretung des Mandanten in einem Einspruchsverfahren gegen einen Steuerbescheid übernommen. Der Einspruch wurde letztlich zurückgenommen. Nunmehr machte der Mandant gegen den neuen Steuerberater Schadensersatz in Höhe von € 223,328,50 mit der Begründung geltend, dieser habe ihn nicht innerhalb der Verjährungsfrist auf einen möglichen Regress gegen seinen früheren Steuerberater hingewiesen.

Die Klage wurde abgewiesen; die Revision des Mandanten blieb erfolglos.

Der BGH stellt darauf ab, dass das Mandat auf das Steuerverwaltungs- und finanzgerichtliche Verfahren gerichtet ist und ein Steuerberater, anders als ein Rechtsanwalt, grundsätzlich auch bei umfassender Mandatierung nicht zu Hinweisen auf zivilrechtliche Regressmöglichkeiten verpflichtet ist. Während der Anwalt zur umfassenden Vertretung in allen Richtungen verpflichtet sei, sei der Steuerberater nur verpflichtet, die steuerlichen Interessen des Mandanten umfassend wahrzunehmen. Die Entscheidung des Mandanten, einen Steuerberater und nicht einen Rechtsanwalt zu beauftragen beruhe darauf, dass er sich gerade die besonderen steuerlichen Fachkenntnisse des Steuerberaters zu nutze machen will. Auf eine umfassende zivilrechtliche Beratung könne er daher nicht vertrauen.


BGH, Urteil vom 07.05.2015 – IX ZR 186/14 -