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Sonntag, 11. Juni 2023

Ersatzpflicht nach § 833 S. 1 BGB auch bei mittelbarer Schädigung durch ein Tier

Die Klägerin stand auf der unteren Treppenstufe, um mit einem Besen Schnee von der Treppe zu fegen. Dabei sah sie, wie sich der Hund des Beklagten auf ihre Katze stürzte und diese am Kopf packte. Dies veranlasste sie, mit dem Besen zu den Tieren zu eilen, um mit dem Besen den Hund (den sie gut kannte) zu vertreiben. Aufgrund der winterlichen Glätte stürzte sie. Zwar stand sie wieder auf, stürzte aber danach gleich wieder, wobei streitig ist, ob sie stürzte, da der Hund sie streifte, oder aus sonstigen Gründen. Sie zog sich Verletzungen zu. Das Landgericht wies die Klage ab, da sich keine spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Oberlandesgericht (OLG) das landgerichtliche Urteil nach Anhörung der Parteien ab, gab der Klage dem Grunde nach statt, stellte fest, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall zu ersetzen und verwies im Übrigen den Rechtsstreit an das Landgericht zurück.

Das OLG ging von dem von der Klägerin geschilderten Sachverhalt zu Geschehensablauf aus, den der Beklagte nicht habe sehen können.

Nach § 833 S. 1 BGB hafte der Tierhalter für einen Schaden, den ein Dritter „durch“ das Tier erleide. Es handele sich um eine verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung, ähnlich § 7 StVG), die nicht nur dann bestünde, wenn eine unmittelbare Verletzung durch ein Tier erfolge (z.B. durch Beißen), sondern bereits dann, wenn eine Verletzung adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen sei. Ein mittelbarer Zusammenhang oder eine Mitverursachung sei für die Haftung nach § 833 S. 1 BGB ausreichend.

Diese Rechtsansicht des OLG ist zutreffend und basiert auf gefestigter Rechtsprechung. So hat bereits das Rechtsgericht in seiner Entscheidung vom 20.02.1902 - VI. 399/01 - (RGZ 50, 2018, 221 f) den ausgeführt, dass n Ansehung der Angabe im Gesetz „durch ein Tier“ eine mittelbare Verursachung genügt, wenn ein kausaler Zusammenhang bestünde. Dem folgte z.B. auch das OLG Hamm mit Urteil vom 19.05.1980 - 13 U 61/80 - (ein Hund sprang auf einen Vorbeigehenden zu, der sich erschrak und deshalb stürzte) und das OLG Saarbrücken mit Urteil vom 17.01.2006 - 4 U 615/04 - (mehrere Pferde blockierten die Fahrbahn, mit einem Pferd kollidierte der dabei getötete Motorradfahrer, wobei es das OLG für ausreichend hielt, dass eines der blockierenden Pferde das des dortigen Beklagten war, da die Blockade ursächlich war), ferner der BGH in seinem in VersR 1967, 67 veröffentlichten Urteil, bei dem es zur Kollision mit einer Kuh kam, die einer Herde ausgebrochener Kühe angehörte, und eine Haftung des Tierhalters bejaht, obwohl der Motorradfahrer nicht durch den Sturz im Zusammenhang mit der Kollision mit einer tödlich verursachet, sondern wegen eines Fahrfehlers eines Lkw, der ihn überrollte).

Für den zur Entscheidung durch das OLG stehenden Vorgang nahm dieses einen mittelbaren Zusammenhang zutreffend an. Die Klägerin sei erst durch den Angriff des Hundes auf ihre Katze dazu veranlasst worden, dieser zu Hilfe zu eilen. Es merkte an (was im Rahmen des Mitverschuldens zu prüfen ist), dass es wohl von der Klägerin unklug gewesen sei. Sich trotz der winterlichen Verhältnisse schnell auf die Tiere zuzubewegen, doch sei zu berücksichtigen, dass sie ohne nähere Überlegung zu den Gefahren eines eventuell glatten Bodens zulief, da ein Vertreiben des Hundes mit dem Besen wesentlich erfolgversprechender schien als ein bloßes Zurufen. Die Reaktion der Klägerin sei kausal durch das Verhalten des Hundes des Beklagten herausgefordert worden.

Das OLG ließ es auch dahinstehen, ob sich die Klägerin die Verletzungen bereits bei dem ersten Sturz oder bei dem zweiten Sturz zuzog, auch, ob für den zweiten Sturz ursächlich ein Streifen des Hundes war. Der zweite Sturz habe jedenfalls im unmittelbaren Zusammenhang mit dem ersten Sturz gestanden; wäre die Klägerin nicht durch das Verhalten des Hundes zum Eingreifen veranlasst worden und dabei gestürzt, wäre sie auch nicht beim Aufstehen zum zweiten Mal gestürzt.

OLG Frankfurt, Urteil vom 18.01.2023 - 4 U 249/21 -

Donnerstag, 23. März 2023

Schadensersatz bei Schaden durch Explosion der (ausgebauten) E-Fahrzeug-Batterie ?

Der Versicherungsnehmer der beklagten Haftpflichtversicherung brachte seinen E-Roller (nach Typenangabe in dem Urteil kein Tret-Elektroroller, sondern wohl ein dreirädriger Roller mit 45 km/h) zur Inspektion in eine Werkstatt. Ein Monteur entnahm sie dort zum Aufladen. Als dieser bemerkte dass die Batterie stark erhitzte, legte er sie nach Trennung vom Stromnetz zum Abkühlen auf den Boden, wo sie dann explodierte. Der dadurch am Werkstattgebäude entstandene Schaden wurde vom Gebäudeversicherer bei der Beklagten als Versicherer des Rollerhalters geltend gemacht.

Die Klage und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil blieben erfolglos, ebenso die vom Berufungsgericht zugelassene Revision. Letztlich handelt es sich um die Frage, wieweit die in § 7 Abs. 1 StVG sanktionierte Betriebsgefahr greift. Das Berufungsgericht hatte entschieden, die Explosion sei nicht bei dem Betrieb (Betrieb iSv. § 7 Abs. 1 StVG) des Elektrorollers eingetreten.  Nur wenn man eine Zurechnung zum Betrieb annehmen wollte, wäre die Klage (jedenfalls dem Grunde nach) begründet gewesen.

Der BGH verwies zunächst darauf, dass Voraussetzung der Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG sei, dass „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ Rechtsgüter verletzt oder beschädigt wurden. Die umfassende Haftung dort sein der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges (erlaubt) eine Gefahrenquelle eröffnet würde. Dies sei dann der Fall, wenn das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt sei. Es müsse sich allerdings um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr schadlos gehalten werden soll, für die also die Norm erlassen wurde. Dies erfordere einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs (BGH, Urteil vom 20.10.2020 - VI ZR 319/18 -).

Dass Dritte durch einen Defekt einer Betriebseinrichtung (hier: Batterie) eines Kraftfahrzeuges einen Schaden erleiden, würde zu den speziellen Auswirkungen derjenigen Gefahren zählen, vor denen § 7 Abs. 1 StVG den Verkehr schadlos halten wolle. Gleichgültig sei dabei, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach der Fahrt eintrete. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG könne nicht auf die Schadensfolgen durch Fahrbetrieb oder seine Nachwirkungen begrenzt werden, da die Norm dann in Fällen nicht greifen würde, in denen unabhängig vom Betriebsvorgang ein technischer Defekt einen Schaden verursache.

Vorliegend war zwar eine Betriebseinrichtung des E-Rollers ursächlich (Batterie), weshalb an sich dem Anspruch der Klägerin stattgegeben werden müssen  -  wäre da nicht der Ausbau der Batterie gewesen. Es sei von der Klägerin nicht dargelegt worden, dass die Erhitzung und die nachfolgende Explosion in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung iSv. § 7 Abs. 1 StVG gestanden habe; Die Batterie sei zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebaut und ohne Verbindung zum Kraftfahrzeug (E-Roller) gewesen.  Sie sei also nicht mehr Teil der Betriebseinrichtung gewesen (Anm.: wenn auch nur in Erwartung eines vorübergehenden Ausbaus), ebenso wie bei beabsichtigten Einbau einer Batterie die noch nicht eingebaute Batterie nicht Betriebseinrichtung sei.

Der bloße Ausbau der Batterie führt mithin nach dieser Entscheidung des BGH dazu, dass diese nicht mehr Betriebseinrichtung des E-Rollers war und damit deren zeitlich spätere Explosion nicht mehr dem Betrieb des Fahrzeugs nach § 7 Abs. 1 StrVG zugerechnet werden kann.

BGH, Urteil vom 24.01.2023 - VI ZR 1234/20 -

Mittwoch, 16. März 2022

Haftung für Schädigung an Sporthalle bei und trotz regelgerechtem Spiel

Die Klägerin war Betreiberin einer Tennishalle, in der der Beklagte regelmäßig als Freizeitsportler einen Platz mietete. Am 16.10.2018 prallte in Ball gegen eine der Glasscheiben an der neben dem Platz mit einer Entfernung von 2,50 m liegenden Außenwand, die dabei zerbrach. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin wurde dieser vom Oberlandesgericht (OLG) zugesprochen, da nach seiner Ansicht der Ball bei einem regelgerechten Spiel gegen die Scheibe prallte und dies vom Spieler nicht mangels eines Verschuldens nicht zu vertreten sei. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtstreit an das OLG zurück. Die Begründung des OLG, mit der Ansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 535 BGB bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB verneint wurden, halte einer Prüfung nicht stand.

Der BGH geht von einem gewerblichen Mietverhältnis aus, bei dem der Vermieter Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache auch nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend machen könne (BGH, Urteil vom 27.06.2018 – XII ZR 79/17 -). Bei der Pflicht, den Mietgegenstand in einem vertragsgemäßen Gebrauch iSv. § 538 BGB zu halten, und danach aus der aus der Besitzüberlassung folgenden Obhutspflicht den Mietgegenstand schonend und pfleglich zu behandeln und alles zu unterlassen, was zu einer durch § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen würde, handele es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB aus dem Mietverhältnis.  

Veränderungen und Verschlechterungen (einschl. Beschädigungen), die der Mieter durch vertragsgemäßen Gebrauch verursache, habe er aber nach § 538 BGB nicht zu vertreten.  Der Umfang des vertragsgemäßen Gebrauch ergäbe sich aus der Vereinbarung und dem Vertragszweck. Vertragsgemäß seien ausschließlich solche Auswirkungen, die auf dem üblichen Gebrauch im Rahmen des Vertragszwecks beruhen würden. Daher könne eine Beschädigung der Mietsache nur dann vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst sein, als sie vom Vertragszweck umfasst würde. Dass hier die Beschädigung der Glasscheibe vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst worden sei, ließe sich nicht erkennen. Der Vertragszweck umfasse die räumlichen Grenzen des für die Sportausübung verfügbaren Raums und damit nicht den Bereich der Glasscheibe an einer Außenwand neben dem Platz.

Fehlerhaft habe das OLG darauf abgestellt, es habe dem Beklagten an einem Verschulden gefehlt. Für ein Vertretenmüssen könne nicht alleine (wie es das OLG vornahm) darauf abgestellt werden, ob die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) eingehalten wurden. Diese Wettkampfregeln seien beachtlich für Ansprüche bei Verletzungen von Spielen untereinander. Anders als das OLG meinte, können die entsprechenden Erwägungen hier nicht übertragen werden, da die Interessenslage zwischen Mieter und Vermieter nicht der Interessenslage zwischen den Teilnehmern eines sportlichen Wettkampfes entspräche. Vielmehr würde sich bei der Beschädigung der Mietsache keine Gefahr verwirklichen, die Vermieter und Mieter unter gleichen Bedingungen (ähnlich den am Wettkampf beteiligten Sportlern) gemeinsam in Kauf genommen hätten. Die Abgrenzung erfolge zwischen Mieter und Vermieter gerade über § 538 BGB.

Vor diesem Hintergrund schloss der BGH (anders als das LG) auch eine Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB nicht aus. Es sei anerkannt, dass bei Sachbeschädigungen, jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar Leistungsgegenstand seien, vertragliche und deliktische Ansprüche nebeneinander bestehen.

Für das weitere Verfahren gab der BGH dem OLG auf, ein Mitverschulden der Klägerin als Vermieterin zu prüfen., welches sich daraus ergeben könnte, dass die Seitenlinie des Platzes von der Außenwand nur 2,50 m entfernt gewesen sei und (nach der Behauptung des Beklagten) dass die Glasscheibe als Fensterverglasung für eine Tennishalle nicht zulässig sei.

BGH, Urteil vom 02.02.2022 - XII ZR 46/21 -

Freitag, 6. März 2020

Auskunftsanspruch des Rechtsschutzversicherers gegen Anwalt (oder: Rechtsschutzversicherung - des Anwalts Liebling ?)


Ist der Mandant mit Rechtsschutzversicherung der „1. Klasse-Patient mit Privatversicherung zur Chefarztbehandlung“ oder nicht ? Der rechtsschutzversicherte Mandant verursacht mehr Arbeit als jener, der nicht rechtsschutzversichert ist, da der Anwalt sich häufig mit zusätzlichen Anfragen des Versicherers beschäftigen muss. Hinzu kommt, dass ein rechtsschutzversicherter Mandant häufig risikofreudiger ist, was aber auch zu einem Haftungsproblem des Anwalts führen kann, wenn dieser sich darauf einlässt und der Rechtsschutzversicherer nachher Schadensersatz begehrt.

Vorliegend wurde die beklagte Anwaltskanzlei für einen Versicherten der klagenden Rechtsschutzversicherung tätig und führte auch die Korrespondenz mit dem Versicherer. Die Klägerin erteilte jeweils auf Anfrage Deckungsschutz, zunächst für die außergerichtliche Geltendmachung des Anspruchs, sodann für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs und leiste an die Anwaltskanzlei Kostenvorschüsse von insgesamt € 2.862,26. Im September 2016 erstatte die Kanzlei an den Versicherer kommentarlos einen  Betrag von € 1.309,41 und reagierte sodann nicht auf Anfragen des Versicherers zum Sachstand. Den sodann seitens des klagenden Rechtsschutzversicherers beauftragten Anwälten wurde lediglich die Ablehnung einer Auskunft mitgeteilt. Nach Klageerhebung und nachdem die Beklagten im Termin Angaben zum verfahren gemacht hatte, erklärte die Klägerin insoweit (einseitig) die Hauptsache für erledigt und begehrte im Übrigen noch den verzugsschaden in Form eigener Anwaltsgebühren. Der Klage wurde stattgegeben. Die Berufung und auch die zugelassene Revision wurden zurückgewiesen.

Die Klage sei, auch im Hinblick auf das von der Klägerin für erledigt erklärte Auskunftsbegehren, von Anfang an begründet gewesen und erst (mit der notwendigen Konsequenz der Hauptsacheerledigungserklärung) mit der Erklärung der beklagten im Termin vor dem Amtsgericht unbegründet geworden sei. Die Klägerin sei Inhaberin eines Auskunftsanspruchs nach § 666 BGB  gewesen, und zwar aus übergegangenem Recht gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG.  Da es sich bei der Rechtsschutzversicherung auch um eine Sachversicherung handele, greife § 86 VVG zum Übergang eines Anspruchs des Versicherungsnehmers (VN) auf den Versicherer, der insoweit erfolge, als der Versicherer dem VN den Schaden ersetzt. Die Zahlung der Kostenvorschüsse stelle sich als Zahlung auf einen Schadens des VN dar. Insoweit ist der Anspruch des VN gegen den Gegner des VN auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen. Mit der Zahlung des Gegners an den vom VN bevollmächtigten Anwalt ginge der Auszahlungsanspruch des VN gegen den Anwalt (§§ 675 Abs. 1, 667 BGB) gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über. Diese Zahlung hätten wzar die Beklagten an die Klägerin weitergeleitet, aber erst im Termin erklärt, es habe sich um die Leistung der Gegenseite gehandelt.

Dem Herausgabeanspruch folge der Auskunftsanspruch des VN gegen seinen Anwalt; es handele sich um ein Hilfsrecht analog §§ 412, 401 BGB. Das Auskunftsrecht habe sich sowohl auf den bereits ausgekehrten Betrag als auch den bisher nicht abgerechneten Betrag bezogen. Diesem Begehren des Rechtsschutzversicherers habe auch keine anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung nach §  43a Abs. 2 BRAO entgegen gestanden. Eine Entbindung von der Schweigepflicht könne ausdrücklich aber auch konkludent durch den Mandanten erklärt werden. Wenn der Rechtsschutzversicherer mit Einverständnis des Mandanten einen Prozess vorfinanziere und der Mandant die Korrespondenz mit seinem Rechtsschutzversicherer seinem Anwalt überlasse, würde letzterer konkludent von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung in Ansehung der Abrechnung entbunden. Da nur so der Anwalt der dem Mandanten obliegenden Auskunftspflicht gegenüber dem Versicherer sachgerecht nachkommen könne.

Anmerkung: Was hier im Einzelnen die beklagte Anwaltskanzlei veranlasste, keine Auskünfte an den Rechtsschutzversicherer zu erteilen, lässt sich nicht erkennen. Hätte sie hier nicht für den Mandanten bei dem Rechtsschutzversicherer um Kostendeckung nachgesucht und die Korrespondenz mit diesem geführt, hätten sie jedenfalls auch nicht auf Aufforderungen desselben reagieren müssen. Die Interessenswahrnehmung gegenüber dem Rechtsschutzversicherer stellt sich jedenfalls als gesondertes Mandat dar, welches der Anwalt gegenüber dem Mandanten abrechnen könnte. Da aber wohl die meisten Anwälte dies ohne zusätzliche Gebühren für den Mandanten übernehmen, wird man wohl einen Gebührenanspruch nur annehmen können, wenn der Mandant von seinem Anwalt vorab darauf hingewiesen wurde. Aber auch ohne eine gesonderte Beauftragung wird teilweise die Ansicht vertreten, der Anwalt müsse auf die Belange seines Rechtsschutzversicherten Mandanten (wenn ihm der bestand einer Rechtsschutzversicherung bekannt ist) Rücksicht nehmen, was auch bedeuten kann, dass er diesem z.B. bei Erteilung eines Klageauftrags anrät, zunächst Deckungsschutz einzuholen. Will er dies ausschließen, sollte er jedenfalls zur eigenen Sicherung den Mandanten bei Mandatserteilung darauf ausdrücklich hinweisen. Allerdings würde dies letztlich den Versicherer nicht notwendig hindern, Ansprüche wie hier (gleichwohl) geltend zu machen: Geht nämlich Zahlungsanspruch bei Vorleistung des Versicherers auf diesen nach § 86 VVG über, ist es nicht entscheidend, ob hier bereits ansonsten ein Kontakt zwischen Anwalt des VN und Versicherer bestand. Damit aber geht auch der Auskunftsanspruch des VN gegen den Anwalt auf den Versicherer über. Einzig könnte hier die Verschwiegenheitsverpflichtung des Anwalts dem begehrend es Versicherers entgegenstehen. Da man eine konkludente Einwilligung des VN in einem solchen Fall wohl nicht annehmen könnte, müsste sich der Versicherer zunächst die ausdrückliche Einwilligung des VN holen.

BGH, Urteil vom 13.02.2020 - IX ZR 90/19 -

Dienstag, 12. März 2019

Leasing: Zur Geltendmachung des Substanzschadens am Fahrzeug durch Leasingnehmer


Die Klägerin als Leasingnehmerin eines PKW nimmt nach einen Verkehrsunfall die beklagte Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz nach Maßgabe eines Reparaturkostenvoranschlags eines Fachunternehmens in Anspruch; die 100%-ige Haftung der Beklagten ist im Grundsatz unstreitig. Die Klägerin berief sich auf die die Leasingbedingungen, wonach sie im Schadensfall den Leasinggeber unterrichten und im eigenen Namen und auf eine Rechnung die Reparatur in einem vom Hersteller anerkannten Betrieb durchführen lassen müsse, aber „Entschädigungsleistungen für Wertminderung … in jedem Fall an den Leasinggeber“ weiterzuleiten seien. 

Das Amtsgericht (AG) gab der Klage statt. Das Landgericht, welches die Berufung zuließ, wies die Berufung der Beklagten zurück. Auf deren Berufung hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und wies den Rechtstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Nach Ansicht des BGH sei die Klage wegen fehlender Bestimmtheit des Klagegrundes unzulässig.

Vorliegend würden von der Klägerin mit gleichem Klageziel unterschiedliche Streitgegenstände geltend gemacht, nämlich zum Einen das fremde Recht der Leasinggeberin aus Prozessstandschaft, zum Anderen das eigene Recht wegen Verletzung des Besitzrechts als Leasingnehmerin. Dies verstoße gegen das Gebot, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, § 253 ZPO. Allerdings könne die klagende Partei noch in der Revisionsinstanz von der alternativen zur zulässigen eventuellen Klagehäufung wechseln und die Reihenfolge bestimmen, in der sie die prozessualen Ansprüche geltend machen will. Die habe die Klägerin hier getan, indem sie zunächst auf eigenes Recht und nur hilfsweise noch auf das Recht des Leasinggebers abgestellt habe.

Nach vertiefender Auseinandersetzung mit dem aus dem Besitzrecht nach § 823 BGB herzuleitenden Anspruch verweist der BGH darauf, dass sich das Recht des Eigentümers (Leasinggeber) und des Besitzers (Leasingnehmer) bei Annahme eines Reparaturschadensersatzanspruchs des Leasingnehmers in Anspruchskonkurrenz gegenüberstehen würde. Wie diese Anspruchskonkurrenz aufgelöst werden könne (der BGH verwies auf verschiedene Ansätze in der Literatur), könne allerdings vorliegend auf sich beruhen. Nach den Bedingungen wäre die Klägerin als Leasingnehmerin zur Instandsetzung des Fahrzeuges gegenüber dem Leasinggeber verpflichtet gewesen, ohne diese Pflicht erfüllt zu haben. Danach könne die Klägerin nicht ohne Zustimmung (§ 182 BGB) des Leasinggebers gemäß §  249 Abs. 2 S. 1 BGB statt Herstellung die fiktiven Herstellungskosten verlangen. Denn das Recht des Geschädigten, Herstellungskosten statt Herstellung zu verlangen, stelle sich als eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers dar, da nicht von vornherein mehrere Leistungen geschuldet worden seien, vielmehr  der Gläubiger berechtigt sei, anstelle der geschuldeten Leistung eine andere zu verlangen. Er müsse die beschädigte Sache dem Schädiger anvertrauen, könne die Natrualrestitution auch selbst vornehmen, und zwar im Rahmen der Dispositionsfreiheit durch Reparatur durch einen Dritten oder lediglich dem Verlangen nach den möglichen Kosten der Herstellung. Diese Ersetzungsbefugnis bei einer Sachbeschädigung könne aber nur einheitlich ausgeübt werden und stünde im Verhältnis zwischen Eigentümer berechtigten unmittelbaren Besitzer dem Eigentümer als Inhaber des umfassenderen Herrschaftsrechts über die Sache gem. § 903 BGB zu.  Damit aber könne die Klägerin vorliegend keinen fiktiven Reparaturschaden begehren, da dieses Dispositionsrecht nicht auf sie übergegangen sei. Vielmehr sehe der Leasingvertrag eine unverzügliche Reparatur vor.

Auch wenn sich die Ersatzpflicht des Schädigers bei Beschädigung einer gemieteten Sache auf einen Haftungsschaden erstrecke, als den Schaden, der dem Besitzer durch seine Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer entstanden sei, könne die Klägerin vorliegend daraus nichts herleiten. Ihre Verpflichtung bestünde darin, die notwendige fachgerechte Reparatur auf ihre Kosten durchführen zu lassen. Damit läge ein Schaden in Form der Belastung mit einer Verbindlichkeit vor, und habe die Klägerin einen Befreiungsanspruch, nicht aber auf Zahlung. Es stünde dem Schuldner frei, wie er den Befreiungsanspruch erfülle.

BGH, Urteil vom 29.01.2019 - VI ZR 481/17 -

Sonntag, 17. Februar 2019

Kfz-Haftpflichtversicherung: Leistungsfreiheit bei verschütten von Kraftstoff nach Tankausbau


Der Versicherungsnehmer (Beklagte zu 1.) betankte am 20.08.2017 versehentlich sein bei der Beklagten zu 2. Haftpflichtversichertes Motorrad mit Dieselkraftstoff. Der Beklagte zu 1. verließ zunächst das Tankstellengelände, kehrte dann aber zurück, um den Dieselkraftstoff aus dem Tank zu entfernen und diesen mit Benzin zu füllen, wozu er nach den Feststellungen des Landgeichts den Tank ausbaute. Danach befanden sich dort zwei größere Lachen Benzin bzw. Diesel, die von Mitarbeitern der Klägerin abgebunden wurden und eine weitere Reinigung erforderlich machten. Das Landgericht verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz und stellte fest, dass diese verpflichtet seien, für sämtliche weiteren Folgen aus dem Schadensereignis einzustehen hätten.

Gegen das Urteil wandte sich alleine die Beklagte Haftpflichtversicherung, die rügte, dass das Landgericht die mangelnde Passivlegitimation nicht berücksichtigt habe. Eine Haftung der Beklagten zu 2. könne nicht bestehen.

Das OLG wies darauf hin, dass eine Haftung der Beklagten zu 2. Nur in Betracht käme, wenn es sich bei dem Anspruch der Klägerin um einen solchen aus einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handele, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Eine solche sei nach § 1 PflVG zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personen-, Sach- und sonstigen Vermögensschäden anzuschließen. Vorliegend sei aber der Schaden (für den der Beklagte zu 1. Privatrechtlich hafte) nicht durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeuges entstanden.

„Gebrauch“ schließe hier den Betrieb iSv. § 7 StVG ein und gehe noch darüber hinaus (BGH, Urteil vom 10.07.1980 - IVa ZR 17/80 -). Ein Schaden sei durch den Gebrauch des Fahrzeuges nur eingetreten, wenn dieses mit dem versicherten Wagnis in adäquaten Ursachenzusammenhang stünde. Die Gefahr müsse vom versicherten Fahrzeug selbst ausgehen. Dies habe der BGH auch für das Ein- und Aussteigen von Personen aus dem Fahrzeug angewandt, allerdings darauf verwiesen, dass auch Handlungen vor dem Ein- oder Aussteigen noch zum Gebrauch des Fahrzeuges zählen könnten, so z.B. Reparaturarbeiten (Auswechseln eines defekten Rades) oder eine Wagenwäsche (BGH aaO.). Für die Auslegung käme es entscheidend darauf an, dass die typische, vom Fahrzeug selbst und unmittelbar ausgehende Gefahr noch vom Haftpflichtversicherungsschutz gedeckt sein solle. Eine enge Auslegung sei dann geboten, wenn die Gefahr nicht unmittelbar vom Fahrzeug ausginge, sondern von einer Person, die im Zusammenhang mit dem Fahrzeug stünde, da andernfalls das Haftungsrisiko des Versicherers schwer zu kalkulieren wäre. Stünde nur ein Gebrauch des Fahrzeuges durch den Fahrer infrage, sei auf die typische Tätigkeit und die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten desselben abzustellen. Nur der Fahrer käme nämlich aus Verursacher hinsichtlich der hier infrage stehenden Unfallrisiken in Betracht; wenn seine Handlungen der vom Gebrauch des Fahrzeuges ausgehenden Gefahr hinzugerechnet werden solle,  müssten dies zypische Fahrerhandlungen sein. Dies bestimme sich nach dem gesetzlichen oder durch die Verkehrsauffassung bestimmten Aufgabenbereich eines Kraftfahrers im Zusammenhang mit einer bestimmten Fahrt.

Vorliegend sei der Tank ausgebaut worden und hinter das Tankstellengebäude getragen worden, wo es dann zum Schaden gekommen sei. Dies sei nicht mehr dem Gebrauch des Fahrzeuges zuzurechnen. Auch wenn Reparaturen noch dem Gebrauch zugerechnet würden, müsse die Gefahr unmittelbar vom Fahrzeug ausgehen; nicht ausreichend sei, dass die unmittelbare Gefahr nicht vom Fahrzeug, sondern von einer Person ausgehen würde, die mit dem Fahrzeug im Zusammenhang stünde (BGH, Urteil vom 26.10.1988 - Iva ZR 73/87 -). Entscheidend sei, dass der Schaden sich durch das Gebrauchsrisiko des Fahrzeugs verwirkliche.

Vorliegend habe zwar der Ausbau des Tanks dazu gedient, das Motorrad schließlich wieder in Gebrauch zu nehmen. Das aber reiche nicht aus. Das Fahrzeug wäre nicht mit seinem typischen Gefahren gebraucht worden, vielmehr habe der Beklagte zu 1. zurechenbar beim Umfüllen des Tanks in einen Kanister mitgewirkt, wodurch sich das mit dem Umschütten allgemein und ohne Bezug zu einem Kraftfahrzeug liegende Risiko verwirklicht.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.12.2018 - 7 U 67/18 -

Freitag, 1. Februar 2019

Architektenhaftung: Berechnung des Schadensersatzanspruchs


Aus mangelhafter Bauüberwachung machte der Kläger gegen den Architekten (Beklagten) Schadensersatzansprüche mit € 123.800,92 geltend und begehrte darüber hinaus die Feststellung, dass der Beklagte ihm einen weitergehenden Schaden bei Durchführung der notwendigen Arbeiten zu ersetzen. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben; die Berufung wurde vom OLG zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ließ der BGH die Revision in Bezug auf die Verurteilung zur Zahlung von € 123.800,92 sowie im Kostenausspruch zu. Es hate sodann das Urteil des OLG insoweit aufgehoben und zur anderweitigen Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Das OLG hatte angenommen, der Kläger habe gegen den Architekten einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 633, 634 Nr. 4 BGB . Dem läge eine Bauüberwachungsfehler des Beklagten zugrunde, der sich nicht in Bezug auf den erforderlichen Klebeflächenanteil für die Dämmplatten von mindestens 40%  auf Stichproben hätte verlassen dürfen, sondern konkret die Anwendung die Anwendung der zu den Herstellervorgaben gehörenden Klebemethode hätte überprüfen müssen.  Der Schaden würde in Höhe der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten (des bisher nicht beseitigten Mangels) bestehen.

 Vom Ausgangspunkt folgte der BGH der Rechtsauffassung des OLG, wonach dem Kläger wegen mangelhafter Bauüberwachung ein Schadensersatzanspruch zustünde. Der Anspruch bestünde auch in voller Höhe und wäre nicht wegen eines Mitverschuldens des Klägers zu kürzen. Allerdings könnte die Entscheidung zur Feststellung der Höhe keinen Bestand haben.

Entgegen der Annahme des OLG lasse sich der Schaden nicht nach der voraussichtlichen Höhe der (Netto-) Mängelbeseitigungskosten bemessen. Insoweit beruhe die Entscheidung auf einer älteren Rechtsauffassung des BGH, die dieser nach Erlass des Beschlusses zur Zurückweisung der Berufung geändert habe. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung habe er entschieden, dass im Verhältnis zum Architekten hinsichtlich von ihm zu vertretender Planungs- und Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht hätten, ein Zahlungsanspruch in Höhe fiktiver Mängelbeseitigungskosten ausscheide (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 -). Die Zurückverweisung müsse erfolgen, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, seinen Schaden anderweitig darzulegen und zu beziffern.

Anmerkung: Der Kläger kann hier wegen Planungs- und Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 634 Nr. 4, 280 BGB  auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages gegen den Architekten geltend machen, wenn er beabsichtigt, den Mangel beseitigen zu lassen. Will er ihn nicht beseitigen lassen, kann er auch den Minderwert des Bauwerks im Vergleich zu dem hypothetischen Wert desselben bei mangelfreier Erstellung geltend machen. Hat der durch die mangelhafte Architektenleistung verursachte Schaden am Bauwerk zur Folge, dass eine Störung des Äquivalenzverhältnisses der Bauvertrages vorliegt, kann er seinen Schaden auch dergestalt geltend machen, dass er ausgehend von der mit dem Werkunternehmer vereinbarten Vergütung den mangelbedingten Minderwert des Werks des Werkunternehmers berechnet.

BGH, Urteil vom 08.11.2018 - VII ZR 100/16 -

Montag, 19. März 2018

Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen bei Bauteilöffnung (hier: Wasseraustritt)


Der Beklagte wurde als vom Gericht bestellter Sachverständiger im Rahmen eines Rechtsstreits tätig, in dem die Parteien über die Frage der Verlegereife für Teppichböden nach einem Wasserschaden im Jahre 2008 stritten. Im Rahmen seiner Tätigkeit fanden zwei Ortstermine statt. Bei dem zweiten Ortstermin ereignete sich ein weiterer Wasserschaden, der im Rahmen einer von dem Beklagten angeordneten Bauteilöffnung, mit der er einen Dritten beauftragt hatte, eintrat.

Die Klägerin war im Zusammenhang mit dem 1. Wasserschaden aus dem Jahr 2008 als auf die Sanierung von Brand- und Wasserschäden spezialisiertes Unternehmen beauftragt gewesen und Partei des Rechtsstreits gewesen, in welchem der Beklagte als Sachverständiger tätig wurde. Sie verlangte im vorliegenden Verfahren Ersatz ihrer Aufwendungen, die sie infolge der vom Beklagten veranlassten Bauteilöffnung und des eingetretenen Wasserschadens hatte.

Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen; das OLG wies die Berufung zurück.   

Eine Haftung des Beklagten nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG verneinte das OLG. Der daraus abzuleitende Amtshaftungsanspruch sei nur dann gegeben bei Schäden, die aus dem Gutachten selbst resultieren würden.  Schäden, die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen aber anlässlich der Begutachtung verursacht würden, würden sich nicht als Amtspflichtverletzung darstellen (BGH, Urteil vom 05.10.1972 - III ZR 168/70 -).  

Zu prüfen war danach vom OLG ein Anspruch aus Aufwendungsersatz nach §§ 683, 670 BGB. Dies negierte das OLG. Damit kam es darauf an, ob der Beklagte Geschäftsherr war, was dann angenommen werden könne, wenn die Tätigkeit der Klägerin in die Rechts- und Interessenssphäre des Beklagten fiele. Entscheidend sei dabei, ob die Schädigung der Wasserleitung bei der Bauteilöffnung von ihm vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wurde und er sich deshalb gegenüber dem Eigentümer der geschädigten Sache schadenersatzpflichtig gemacht habe. Nur in diesem Fall hätte die Klägerin ein Geschäft für des Beklagten in dessen Intereses  durchgeführt und ihn von Regressanspruch mit dem Anspruch auf eigenen Aufwendungsersatz befreit.

Da die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin allerdings nicht nachweisen könnte (was weiter ausgeführt wurde), dass der Beklagte die Rechtsgutsverletzung bei der Eigentümerin zu vertreten habe, wies das OLG die Berufung gegen das klageabweisende Urteil zurück.

OLG München, Urteil vom 20.12.2017 - 20 U 1102/17 -

Montag, 16. November 2015

Haftung des Waschanlagenbetreibers bei Schädigung eines PKW wegen dessen (serienmäßiger) Konstruktion

Bild: pixabay
Der Kläger fuhr mit seinem PKW in die Waschstraße der Beklagten. Dort kam es zur Schädigung des PKW, bei dem der serienmäßige Spoiler abgerissen wurde. In der Waschstraße der Beklagten erfolgte eine Videoaufzeichnung des Waschvorgangs, die von dem vom Landgericht beauftragten Sachverständigen ausgewertet wurde. Der Sachverständige stellte fest, wie es konkret zum Abriss kam und ferner, dass dieser Abriss konstruktionsbedingt nicht vermeidbar wäre. Zwar wären Vorrichtungen vorhanden um die Anlage unter bestimmten Umständen zu stoppen, um so mechanische Beeinträchtigungen des Fahrzeuges zu verhindern, doch würden diese in Ansehung der Geometrie des klägerischen Fahrzeuges nicht greifen.


Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war im wesentlichen erfolgreich.

Der Senat verdeutlichte, dass es nicht darauf ankäme, ob man davon ausgehen wolle, dass das Fahrzeug konstruktiv für die Waschstraße oder diese konstruktiv nicht für das Fahrzeug geeignet wäre. Entscheidend wäre, dass Fahrzeuge wie das klägerische und die Waschstraße konstruktiv nicht zusammen passen würden. Da aber die Beklagte aufgrund des Waschanlagen-Vertrages verpflichtet wäre für einen schadensfreien Waschvorgang zu sorgen, ergäbe sich daraus eine Pflichtverletzung der beklagten als Betreiberin der Waschstraße. Ob dies auch geltend würde, wenn es sich bei dem Heckspoiler nicht um eine Serienausstattung handeln würde, könne hier auf sich beruhen.

Der Senat verweist darauf, dass es bei der beklagten läge, gegebenenfalls Fahrzeuge zurückzuweisen, die, wie das klägerische Fahrzeug, für die Waschanlage nicht geeignet wären.


OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2015 – 9 U 29/14 -

Dienstag, 5. August 2014

Tierhalterhaftung und Schaden: Mitverschulden und Abnutzung einer Brille


Der Kläger begab sich auf einen rheinhessischen Winzerhof um dort Wein zu kaufen. Er beugte sich zu einem dort befindlichen Hund runter, der auf ihn zukam und dessen Halter der Winzer war. Der Hund war so wild, dass er dem Kläger die Brille vom Gesicht riss und diese dabei zerstört wurde. Der Haftpflichtversicherer hatte vorgerichtlich eine Teilzahlung geleistet. Im gerichtlichen Verfahren wurden vom verklagten Winzer über seinen Haftpflichtversicherer ein Mitverschulden des Klägers durch seinen gedankenlosen Umgang mit dem Hund und im übrigen ein Abzug für Gebrauchsvorteile für die neue Brille eingewandt. Nach Einholung eines Gutachtens zur Brille wies das Amtsgericht die Klage ab. 

Mit der Beklagtenseite und gestützt durch das dies bestätigende Sachverständigengutachten sah das Amtsgericht die Anwendung der Grundsätze des Abzugs "neu für alt" als gegeben an. Zwischen dem Erwerb der beschädigten Brille und dem Schadensfall hatte sich die Sehstärke des Klägers verschlechtert, weshalb er bereits jetzt eine neue Brille mit den richtigen Dioptrien erhielt. Damit wurde die Neuanschaffung aufgrund eine Verschlechterung der Sehstärke weiter hinausgeschoben, was den Abzug "neu für alt rechtfertigt".

Im Hinblick auf das Mitverschulden stellte das Amtsgericht darauf ab, das der Kläger sich ohne Not zum Hund beugte und erst dadurch den Schadensfall ermöglichte. 


AG Alzey, Urteil vom 11.07.2014 - 23 C 69/13 -