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Mittwoch, 22. März 2023

Gerichtliche Entscheidung während der Aussetzung des Verfahrens

Das Amtsgericht hatte den Antragsgegner zur Zahlung von Trennungsunterhalt verpflichtet. Gegen diesen Beschluss legte durch seinen damaligen Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde ein. Die Begründungsfrist für die Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht (OLG) bis zum 12.10.2021 verlängert. Da der Antragsgegner gegen die Antragstellerin Strafanzeige wegen Prozessbetruges erstattet hatte, setzte das OLG das Verfahren mit Beschluss vom 17.09.2021 „bis zur Erledigung des Ermittlungsverfahrens“ aus. Mit Schriftsatz vom 11.10.2021 beantragte der Antragsgegner eine weitere Verlängerung der Begründungsfrist und wies darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt habe, er aber dagegen Beschwerde eingelegt habe; gleichzeitig stellte er einen neuen Aussetzungsantrag. Die Antragstellerin, der der Schriftsatz zur Stellungnahme überlassen wurde, stimmte der weiteren Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist nicht zu. Das OLG verwarf nunmehr die Beschwerde wegen fehlender Begründung.

Die dagegen vom Antragsgegner eingelegte Rechtsbeschwerde hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung.

Entgegen der Annahme des OLG sei das Verfahren zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch ausgesetzt gewesen. Ergäbe sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat, könne das erkennende Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Strafverfahrens aussetzen (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG iVm. § 149 ZPO). Sollte das Gericht dies nicht aufheben (§ 150 S. 1 ZPO), ende die Aussetzung automatisch mit rechtskräftigen Abschluss des Ermittlungsverfahrens (BGHZ 106, 295, 298).

Die Aussetzung führe nach § 113 FamFG Abs. 1 S. 1 FamFG iVm. § 149 Abs. 1 ZPO dazu, dass der Lauf jeglicher Frist aufhöre und erst nach Beendigung wieder zu laufen beginne, ohne dass die vor Aussetzung verstrichene Frist angerechnet würde oder es einer 8neuen) Fristsetzung bedürfe (BGH, Beschluss vom 24.09.2020 - IX ZB 22/19 -).  Prozesshandlungen einer Partei während der Unterbrechung oder Aussetzung (durch Parteien oder Gericht) blieben ohne rechtliche Wirkung, § 149 ZPO. Allerdings seien gerichtliche Entscheidungen, die trotz Unterbrechung oder Aussetzung ergehen würden, nicht nichtig, müssten vielmehr mit den gegebenen Rechtsmitteln angefochten werden.  

Der Fortbestand der Aussetzung ergäbe sich vorliegend daraus, dass das Ermittlungsverfahren mit dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft wegen der (auch nach der Rechtmittelbelehrung auf dem Einstellungsbeschluss) erfolgten Beschwerde noch nicht seine Erledigung gefunden habe. Damit hätte die Aussetzung des Verfahrens erst mit der weiteren Einstellungsverfügung vom 09.12.2021der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO geendet. Hier begann erst die Beschwerdebegründungsfrist wieder zu laufen. Die Beschwerde hätte also am Tag der Zurückweisung der Beschwerde noch nicht begründet gewesen sein müssen.

Allerdings hätte der Antragsgegner seiner Beschwerde unbeschadet des Verwerfungsbeschlusses des OLG seine Beschwerde fristgerecht begründen müssen, was evtl. nicht erfolgte. Es sei dem Antragsgegner zuzumuten, sich so zu verhalten, als habe die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfungsentscheidung Erfolg (BGH, Beschluss vom 12.12.100ß - XII ZB 64/90 -). „Rechtsbeschwerderechtlich“ sei aber gleichwohl davon auszugehen, dass der Antragsgegner seine Beschwerde fristgerecht begründet habe. Er habe behauptet, diese am 25.10.2021 per Telefax eingehend beim OLG begründet zu haben. Diese wurde nicht mehr aufgefunden; aus den Akten ergäbe sich aber ein Eingang eines Schriftsatzes, der an den Antragsgegner zurückgesandt worden sei. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerde nicht fristgerecht begründet wurde; dem Gericht zuzurechnende Fehler, Unklarheiten und Versäumnisse könnten keine Verfahrensnachteile begründen.

BGH, Beschluss vom 11.01.2023 - XII ZB 538/21 -

Sonntag, 30. Oktober 2022

Jagdpacht: Folge der Nichtigkeit des Vertrages (hier: Wildschadenzahlungen)

Der Kläger hatte aufgrund eines mit der Streithelferin auf dem Grundstück des Beklagten die Jagd ausgeübt und nach dem Vertrag die Pflicht Schadensersatzleistungen für Wildschäden zu leisten. Der Kläger zahlte an den Beklagten an Schadensersatz insgesamt € 13.412,85. Diesen Betrag forderte er vom Beklagten wegen (unstreitiger) Formunwirksamkeit des Jagdpachtvertrages (fehlende Schriftform) zurück. Das Landgericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Auf die Berufung des Beklagten wurde die Klage insgesamt abgewiesen.

Das OLG führte aus, dass zwar der Kläger an den Beklagten den streitbefangenen Betrag gezahlt habe. Auf der Grundlage des normativen Leistungsbegriffs habe aber darin keine Leistung an den Beklagten, sondern an die Streithelferin gelegen. Mit der Leistung habe der Kläger seiner vermeintlichen Freistellungs-Verpflichtung gegenüber der Streithelferin zu 1. Aus dem (nichtigen) Jagdpachtvertrag erfüllt, indem er die (berechtigten) Wildschadensforderungen des Beklagten beglich. Damit habe die Streithelferin auf Kosten des Klägers eine Befreiung von ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Erstattung der beim Beklagten eingetretenen Wildschäden erlangt.

Für eine Leistung gem. § 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1 BGB käme es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung an. Würden die Vorstellungen der Parteien nicht übereinstimmen, sei eine objektive Betrachtungsweise aus Sicht des Zahlungsempfängers geboten. Die nach Jagdpachtvertrag bestehende Zahlungspflicht der Jagdpacht würde in einem synallagmatischen Verhältnis zu dem eingeräumten Jagdrecht stehen, wie auch die im Vertrag geregelte Pflicht zur Übernahme des Wildschadens. Es handele sich mithin in beiden Fällen um Gegenleistungen zu eingeräumten Jagdausübungsrechts.

Die Gegenleistung des Klägers sei bei der Rückabwicklung des nichtigen Vertrages als Einheit zu betrachten und könne nicht wegen der rein tatsächlichen Zahlungen an den Beklagten - in Ansehung der übernommenen Freistellungsverpflichtung - in eine Leistung an die Streithelferin als Vertragspartnerin und eine Leistung an den nicht am Vertrag beteiligten Beklagten aufgespalten werden. Nach der Zweckbestimmung habe der Kläger in beiden Fällen zur Tilgung seiner vertraglichen Verpflichtungen die Zahlungen an die Streithelferin vorgenommen, jedenfalls aus Sicht des Beklagten als eines objektiver Zuwendungsempfängers.  

Der Bereicherungsausgleich habe mithin im Verhältnis Kläger/Streithelferin zu erfolgen. Dabei sei der Wert der gegenseitigen Leistungen zu saldieren. Vertragliche Beziehungen bestünden nur zwischen dem Kläger/Streitverkündeter (Jagdpacht) und Streitverkündeter/Beklagter (Wildschaden), nicht zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Es wäre unbillig, den Beklagten als schutzwürdigen Unbeteiligten den Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis Kläger/Streithelferin auszusetzen und/oder ihm das Durchsetzungsrisiko bezüglich des Wildschadens aufzubürden.

OLG Köln, Urteil vom 29.054.2022 - 66 S 200/21 -

Donnerstag, 23. April 2020

WEG: Fehlende Kompetenz zur Beschlussfassung zu Hausgeldrückständen


Die Wohnungseigentümergemeinschaft forderte von den Beklagten € 4.900,19 an Hausgeldrückständen, die sich aus den Einzelabrechnungen 2008 bis 2011 und dem Wirtschaftsplan 2012 zusammensetzen. Das Amtsgericht gab der Klage statt; das Landgericht hat (im Berufungsverfahren) den Betrag auf € 3.450,20 reduziert. Die Beklagten legten (die zugelassene) Revision ein. Während des Revisionsverfahrens erklärten die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt. Der BGH entscheid mit Beschluss gem. § 91a ZPO über die Kosten.


Der BGH hielt die Klage zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigungserklärung teilweise als begründet, im Übrigen als offen, weshalb insoweit bei streitiger Durchführung eine Zurückverweisung erfolgt wäre.

Zum Einen setzte sich der BGH mit Kosten in den Abrechnungen auseinander, inwieweit diese berücksichtigt werden durften. Im Übrigen aber sei der Ausgang des Rechtstreits offen, da entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht die Hausgeldrückstände der einzelnen Wohnungseigentümer, die jeweils in den aus den Jahresabrechnungen abgeleiteten Einzelabrechnungen aufgeführt seien, von der Bestandskraft der Jahresabrechnung nicht erfasst würden. Das aber würde bedeuten, dass im Streitfall auch bei einer rechtskräftig gewordenen Jahresabrechnung der Umfang der Rückstände des einzelnen Eigentümers gesondert festzustellen sei. Die Wohnungseigentümer hätten nicht die Kompetenz, entstandene aber nicht erfüllte Zahlungsverpflichtungen des Eigentümers erneut (etwa in der Jahresabrechnung) zu beschließen. Dieser Teil des Beschlusses, mit dem letztlich der Anspruch auf die rückständige Zahlung neu begründet werden sollte, sei nichtig. Anspruchsbegründend könne nur der Teil des Beschlusses über die Jahresabrechnung wirken, der sich auf den Betrag bezieht, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteige (Abrechnungsspitzen).  Die in früheren Beschlüssen festgestellten Zahlungsverpflichtungen blieben unberührt, was auch für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen Vorschüsse (§ 28 Abs. 2 WEG) gelte. Damit könne  nach einem Beschluss über die Jahresabrechnung  nur die konkrete Abrechnungsspitze nach Eintritt der Bestandskraft der Jahresabrechnung nicht mehr in Frage gestellt werden.  Da damit aber nicht die Jahresabrechnung benannten Rückstände auf Hausgeld zur Abrechnungsspitze gehören würden, sondern Gegenstand einer Forderung aus einem beschlossenen Wirtschaftsplan seien, würde im Hinblick auf die Rückstände keine bestandkräftige Feststellung vorliegen. Dies sei  vorliegend vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt und geprüft worden.

BGH, Beschluss vom 13.02.2020 - V ZR 29/15 -

Sonntag, 18. August 2019

Städtebaulicher Vertrag über den Kauf eines Grundstücks und Dauer des Wiederkaufsrechts der Gemeinde


Der Kläger kaufte am 17.09.1996 von der beklagten Stadt  ein in einer ehemaligen Kleingartenanlage, die von der Stadt in 1959 in ein Siedlungsgebiet umgewandelt wurde, zum Preis von DM 101.790,00 ein 552qm großes  Grundstück, wobei zwischen den Parteien Streit bestand, ob dies einen Preisnachlass von 20% oder 29% vom Wert darstellt. Im Gegenzug zu dem Preisnachlass erhielt die Beklagte ein Wiederkaufsrecht von 30 Jahren, beginnend mit dem Eigentumserwerb, u.a. für den Fall, dass der Kläger das Grundstück Dritten ganz oder teilweise verkauft oder zur eigentumsähnlichen Nutzung überlässt. Die Wahrung des Eigentums an dem Grundstück erfolgte am 06.05.1999 im Grundbuch. Nachdem der Kläger die Beklagte 2013 darüber informierte, dass er das Grundstück verkaufen wolle, bot ihm diese an, gegen Zahlung von € 47.078,78 auf das Wiederkaufsrecht, welches nach ihrer Ansicht am 16.03.2017 ende, zu verzichten. Der Kläger zahlte den Betrag unter Vorbehalt der Klärung der Wirksamkeit des Wiederkaufsrechts und verkaufte mit Vertrag vom 01.02.2016 das Grundstück zu € 335.000,00.

Die Klage auf Rückzahlung der € 47.078,78 war erfolgreich. Das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück. Auf die Revision der Beklagten änderte das Landgericht das Urteil unter Abweisung der Klage ab.

Nach Auffassung des BGH stünde dem Kläger kein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt auf Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Ablösebetrages zu.

Zutreffend sei allerdings die Auffassung des OLG, dass die Regelung zum Wiederkaufsrecht im Hinblick auf die Dauer von 30 Jahren nichtig sei, § 134 BGB. Sie stelle sich sowohl nach § 6 Abs. 3 S. 4 BauGB-MaßnahmenG idF. Vom 22.04.1993 (jetzt: § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB) als auch nach § 9 Abs. 1 AGBG (iVm. Art. 229 § 5 S. 1 EBGB) als eine unangemessene Vertragsbestimmung dar (dabei ließ es dahingestellt ob, Klauseln eines privatrechtlichen städtebaulichen Vertrages nach dem Ablauf der Frist zur Umsetzung der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen zum 31.12.1994 alleine an den Vorgaben des § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB oder auch an §§ 307ff BGB zu messen seien, da der Vertrag vorher geschlossen wurde). Nach § 6 Abs. 2 BauGB-MaßnahmenG 1993 müssten in Ansehung des Ziels der Bauleitplanung, die Nutzung entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes oder die Deckung des Wohnbedarfs,  die in dem städtebaulichen Vertrag vereinbarten Leistungen insgesamt angemessen sein. Das bedeute, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten / zu erbringenden Leistung stünde und auch ansonsten die Übernahme von Pflichten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führen würfe. Dieser Prüfungsmaßstab gelte auch im Rahmen von § 9 AGBG. Danach sei die an sich zulässige Bindungswirkung im Hinblick auf deren Dauer von 30 Jahren unwirksam. Dies würde auch bei einem von der Beklagten behaupteten Nachlass von 29% gelten. Es handele sich um eine Beschränkung im Rahmen einer Subventionierung durch die öffentliche Hand, bei der die den Käufer auferlegten Bedingungen nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen dürften. Es bedürfe also einer zeitlichen Begrenzung zur Ausübung des Wiederkaufsrechts im Verhältnis zu Höhe des Nachlasses. Besondere Umstände, die hier diese Bindungsdauer rechtfertigen könnten lägen nicht vor. Weder habe die Subventionierung über dem üblichen Rahmen (bei Einheimischenmodellen idR. 30%) gelegen, noch seien andere diese Dauer rechtfertigende Umstände erkennbar.

Die Nichtigkeit der zeitlichen Komponente führe aber nicht auch zur Nichtigkeit des vereinbarten Wiederkaufs als solchem. Die Lücke sei durch §§ 157, 133 BGB zu schließen. Das Verbot der geltungserhaltendem Reduktion von Klauseln nach §§ 9ff AGBG (heute: §§ 307ff BGB)  gelte nichts ausnahmslos. Bei Fehlen gesetzlicher Regelungen, die an die Stelle der unwirksamen Klausel treten (vgl. § 306 Abs. 2 BGB) würde die ersatzlose Streichung der Klausel zu einem Ergebnis, dass den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trage, sondern das gesamte Vertragsgefüge einseitig zugunsten des Vertragspartners des Verwenders verschiebe, so dass diesem ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar wäre, käme keine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht (BGH, Urteil vom 16.04.2010 - V ZR 175/90 - zu § 306 Abs. 3 BGB; BGH, Urteil vom 06.07.2016 - IV ZR 44/15 -). Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG würde die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragspartner unter Berücksichtigung ihrer beiderseitigen Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit ersetzt und so ihre Gleichheit wiederhergestellt (BGH, Urteil vom 06.04.2013 - VIII ZR 80/12 -).

Die Beklagte habe dem Kläger das Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis verlauft, was ihr in Ansehung des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur gestattet sei, wenn dies der Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben diene und die zweckentsprechende Mittelverwendung sichergestellt sei (§ 90 GO NRW). Das zeitlich befristete Wiederkaufsrecht würde mithin erst die Grundlage für den Verkauf begründen können. Die ersatzlose Streichung der Klausel würde dazu führen, dass der Vertrag insgesamt keinen Bestand mehr haben könnte, käme es nicht zu einer ergänzenden Vertragsauslegung gem. § 6 Abs. 3 AGBG (jetzt: § 306 Abs. 3 BGB) (dazu EuGH, Urteil vom 07.08.2018  C-96/16 und C-94/17; BGH vom 16.04.2016 - VIII ZR 79/15 -). Durch die Nichtigkeit der Klausel insgesamt und damit dem fehlenden Bestand für den Vertrag  würde der Kläger entgegen der Zielsetzung des Unionsgesetzgebers eines bestmöglichen Verbraucherschutzes schlechter gestellt als durch eine ergänzende Vertragsauslegung.

Die ergänzende Vertragsauslegung habe nach dem objektivierten hypothetischen Parteiwillen so zu erfolgen, dass ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien wiederhergestellt  und die materielle Ausgewogenheit gewahrt würde. Ausgehend von einem vom Kläger behaupteten Preisnachlass von 20% würde dies bei einer Dauer des Wiederkaufsrechts von 20 Jahren der Fall sein. Eine solche Frist diene dem von der Gemeinde verfolgten Zweck der Verhinderung einer Grundstücksspekulation und stelle zugleich eine adäquate Gegenleistung des Käufers für den verbilligten Erwerb dar.

Da die Weiterveräußerung rund 17 Jahre nach der grundbuchlichen Wahrung bzw. 19,5 Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages erfolgte, könne der Kläger den Ablösebetrag nicht zurückverlangen.

BGH, Urteil vom 15.02.2019 - V ZR 77/18 -

Donnerstag, 8. August 2019

Schwarzgeldabrede – Gründe für die Annahme einer solchen und die rechtlichen Folgen beim Werkvertrag


Die Kläger machten einen Vorschussanspruch zur Mängelbeseitigung gem. §§ 63Nr. 2, 637 BGB geltend. Das Landgericht wies die Klage ab, da der Werkvertrag nach § 134 BGB iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig sei. Im Rahmen der Berufung wies das OLG die Kläger darauf hin, dass es gedenke, die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurückzuweisen, da eine Nichtigkeit vorläge du diese zum Ausschluss von Gewährleistungsrechten führe (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13 -).


§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG lautet

„Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei
                ...
                2. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,
                ..."

und enthalte das Verbot, einen Werkvertrag abzuschließen, wenn die steuerpflichtige Vertragspartei ihre steuerlichen Pflichten nicht erfülle. Dieses Verbot würde („jedenfalls“) dann die Nichtigkeit des Werkvertrages begründen, wenn der steuerpflichtige Unternehmer vorsätzliche gegen die Pflicht verstößt, und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kenne und bewusst für sich als Vorteil nutze. Ein solcher Fall sei vorliegend im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO durch das Landgericht angenommen, ohne dass ein Verstoß gegen Denk- und Naturgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze erkennbar wäre.   

Die Kläger hatten eine Barzahlung in Höhe von € 3.860,00 zu Beginn der Arbeiten erbracht. Es sei unglaubhaft, dass es sich um eine Vorschusszahlung gehandelt habe. Zwar sei rechtlich die Barzahlung zulässig, allerdings in dieser Größenordnung  und im Hinblick auf die Gefahr beim Transport eines solchen Betrages eher ungewöhnlich, wobei hinzu komme, dass der Betrag extra bei der Bank abgehoben worden sei und unverständlich sei, weshalb nicht bei diesem ohnehin erfolgten Bankbesuch gleich eine Überweisung getätigt wurde. Hinzu käme, dass zwar über den Betrag eine Quittung ausgestellt worden sei, aber ohne Angabe des betreff und ohne Ausweisung der Mehrwertsteuer. Allerdings würde die Unredlichkeit der Kläger spätestens in Ansehung auf ihre fehlende Reaktion auf die Abrechnung vom 09.06.2015 deutlich, da dort nicht (wie ansonsten üblich) der Vorschuss vermerkt und abgezogen worden sei und darüber hinaus auch die berechnete Umsatzsteuer nicht den Betrag erfasse, der nach Quittung in bar gezahlt worden sei, der Rechnungsbetrag aber nur unter Berücksichtigung der Barzahlung überhaupt plausibel sei. Da die Quittung die Mehrwertsteuer nicht auswies, sei es eindeutig, dass die Umsatzsteuer verkürzt werden sollte. Ein redlicher Besteller, so das OLG, hätte die Rechnung bemängelt und die Aufnahme der Vorauszahlung sowie eines Umsatzsteuerausweises verlangt.  

Es könne auf sich beruhen, ob der Beklagte zwischenzeitlich die Barzahlung ordentlich verbucht habe. Zur steuerlichen Pflicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gehöre auch die Vorauszahlungspflicht zur Umsatzsteuer nach § 18 UStG, der hier der Beklagte nicht rechtzeitig nachgekommen gewesen sei wäre.

OLG Schleswig, Hinweisbeschluss vom 07.01.2019 - 7 U 103/18 -

Donnerstag, 23. Mai 2019

WEG: Nichtiger Beschluss zu Vertragsstrafen (bei Verstoß gegen Vermietungsverbot)


Nach der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bedarf es zur Ausübung eines Berufs oder eines Gewerbebetriebs in einer Wohnung sowie für eine Vermietung, Verpachtung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung  der Zustimmung des Verwalters. In einer Eigentümerversammlung vom 05.06.2012 wurde mit Stimmenmehrheit ein Beschluss gefasst, wonach der betroffene Eigentümer bei einem unterlassenen Zustimmungsverlangen zu einem Mietvertrag an die Gemeinschaft einen „Ausgleichsbetrag“ von € 500,00 bzw. einen höheren Betrag (gestaffelt nach Monaten der Gebrauchsüberlassung, bis max. € 4.000,00) zahlen muss. Nachdem der Beklagte ohne Zustimmung des Verwalters seine Wohnung in mehreren Fällen kurzzeitig vermietet hatte, begehrte die Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin die Zahlung einer Vertragsstrafe von € 2.000,00.  Das Amtsgericht gab der Klage statt. Das Landgericht hat im berufungsverfahren das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision der Klägerin wurde vom BGH zurückgewiesen.

Sei eine Angelegenheit weder durch das Wohnungseigentumsgesetz noch Vereinbarung einer Beschlussfassung unterworfen, so der BGH, fehle es der Eigentümerversammlung an einer notwendigen Beschlusskompetenz, § 23 Abs. 1 WEG. Ein gleichwohl gefasster Beschluss sei zwingend nichtig (BGH, Urteil vom 13.10.2017 – V ZR 305/16 -). Einzig mögliche Grundlage für eine Beschlusskompetenz könne vorliegend § 21 Abs. 7 WEG sein. Danach wäre die Regelung der Art und Weise von Zahlungen, Fälligkeiten und Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand durch Stimmenmehrheit möglich. Nach der Gesetzesbegründung würde die Regelung einer Vertragsstrafe bei einem Verstoß gegen eine Vermietungsbeschränkung nach einer beispielhaften Erläuterung zulässig sein, wohingehend die Literatur mehrheitlich diese Erwägung in der Begründung als Versehen einstuft und die Beschlussregelung in diesem Fall mit dem Wortlaut des § 21 Abs. 7 WEG unvereinbar halte.

Nach Ansicht des BGH würde sich hier die Vertragsstrafe auf die Einhaltung von Vermietungsbeschränkungen beziehen und Verstöße sanktionieren. Derartige Fallgestaltungen würden aber von § 21 Abs. 7 WEG nah dem eindeutigen Wortlaut nicht erfasst. Vielmehr ergäbe sich hier, dass es lediglich um Zahlungspflichten gehen würde, nicht um Unterlassungsansprüche. Es handele sich auch nicht um verzugsfolgen, da der Verstoß gegen Unterlassungspflichten nicht den Eintritt des Verzugs sondern regelmäßig die Unmöglichkeit zur Folge habe. Es würde für die Verwirkung der Vertragsstrafe nicht an einen Verzug, sondern an die Zuwiderhandlung angeknüpft.

BGH, Urteil vom 22.03.2019 - V ZR 105/18 -

Freitag, 19. Mai 2017

Nichtiger Werkvertrag auch bei nachträglicher (teilweiser) Schwarzgeldabrede


Unstreitig bot der Beklagte Leistungen zu einem Gesamtpreis von rund € 16.000,00 an. Die Arbeiten wurden ausgeführt. Wann es zur Auftragserteilung und ob und wann es zu einer „ohne-Rechnung-Vereinbarung“ kam ist streitig. Der Beklagte rechnete mit einer Rechnung einen Betrag von rund € 8.600,00 ab, wobei die Rechnung aber andere Objekte (vermiete Wohnungen des Klägers) betraf. Der in Rechnung gestellte Betrag wurde vom Kläger beglichen.  Der Kläger behauptet neben der Überweisung Barzahlungen von € 6.400,00, der Beklagte eine Barzahlung von € 4.000,00.

Der Kläger macht Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten nach einem schriftlich erklärten Rücktritt wegen Mängeln geltend. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Mängelansprüche, gleich welcher Art, könnten vom Kläger wegen Nichtigkeit des Werkvertrages nicht geltend gemacht werden, §§ 134 BGB, 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG sei es untersagt einen Vertrag abzuschließen, der dazu dient, dass eine Partei ihrer Steuerpflicht aus einem Werkvertrag nicht nachkommt. Zur Nichtigkeit führt der verstoß, wenn der Werkunternehmer gegen die Bestimmung vorsätzlich verstößt und der Besteller (hier der Kläger) den Verstoß kennt und bewusst zum eigene Vorteil ausnutzt.  

Nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des Verbotes käme es nicht darauf an, ob die Vereinbarung vor, bei oder nach Abschluss des Werkvertrages geschlossen wurde. Ziel des Gesetzes sei, Schwarzarbeit schlechthin zu verbieten. Es soll mit ihm nicht nur der tatsächliche Vorgang der Schwarzarbeit eingedämmt werden, sondern der Schwarzarbeit soll auch die rechtliche Wirkung genommen werden.

Vor diesem Hintergrund greife die Argumentation nicht, dass nach einem wirksamen Abschluss des Werkvertrages die nachträgliche Schwarzarbeitverabredung nicht greife, da diese also solche unwirksam sei. Das greife aber zu kurz. Die zusätzliche Vereinbarung betreffe lediglich Umstände der Zahlung, Rechnungsstellung sowie Umsatzsteuer. Dies alleine führe nicht zur Nichtigkeit, da es kein eigenständiges Rechtsgeschäft sei. Erst die Verknüpfung mit dem vorangegangenen Vorgang des Abschlusses des Werkvertrages lasse die inkriminierende Wirkung der Schwarzgeldabrede zur Wirkung kommen und führe so zur Nichtigkeit.


BGH, Urteil vom 16.03.2017 - VII ZR 197/16 -

Samstag, 3. September 2016

WEG: Zur Bestimmtheit eines Beschlusses bei Bezugnahme auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines die Wohngeldabrechnung 2012 betreffenden Beschlusses. Anknüpfungspunkte war, dass  der der Abrechnung zugrunde gelegte Verteilungsschlüssel auf einem einige Jahre zuvor gefassten Beschluss der Gemeinschaft aus 2008 basiere, der eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostenverteilung vorsah. Nach Auffassung des Klägers sei der Beschluss über den Verteilungsschlüssel nichtig, da der Abrechnungsschlüssel im Beschlusstext nicht wiedergegeben wurde, sondern auf ein externes Schriftstück verwiesen wurde, weshalb dieser Verteilungsschlüssel bei der Wohngeldabrechnung nicht hätte angewandt werden dürfen.

Der BGH weist zunächst darauf hin, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 WEG zulässig sei, wenn dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche. Dieser Beschluss sei auch nicht deshalb nichtig, da der künftige Verteilungsschlüssel nicht im Beschlusstext selbst aufgenommen wurde, sondern auf den in der Jahresabrechnung 2007 angewandten Verteilungsschlüssel verweise. Beschlüsse müssen, schon in Ansehung der Bindungswirkung für Rechtsnachfolger gem. § 10 Abs. 4 WEG, inhaltlich bestimmt du klar sein. Außerhalb des Beschlusses liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, wenn diese nach den Umständen für Jedermann klar erkennbar sind. Das bedeute auch, dass der Beschluss auf andere Urkunden oder Schriftstücke verweisen darf, wie dies auch häufig bei einem Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung der Fall sei.

Wird in dem Beschluss auf ein Dokument Bezug genommen, welches weder selbst Teil des Beschlusses oder des Protokolls ist,   muss dieses allerdings zweifelsfrei bestimmt sein. Denn nur dann wäre sichergestellt, dass auch ein Rechtsnachfolger den Inhalt feststellen kann. Hierzu ist das Schriftstück in die Beschlusssammlung oder eine Anlage dazu aufzunehmen, auch wenn dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Beschlusses hat. Vorliegend ergab sich aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung in 2008, dass unter TOP 3 die Gesamt- und Einzelabrechnungen für 2007 beschlossen wurden, und dann unter TOP 4 unter Bezugnahme darauf die Änderung des Verteilungsschlüssels.  Damit war der Verweis wirksam.


BGH, Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 104/15 -

Samstag, 6. August 2016

Prozessrecht: Berücksichtigung eines Privatgutachtens und Verbot des Bestreitens mit Nichtwissen von behaupteten Angaben des beauftragten Untervermittlers

Das Gericht hat auch ein privates Sachverständigengutachten zu berücksichtigen, welches im Widerspruch zu dem gerichtlich eingeholten Gutachten steht. Und es hat Beratungsleistungen eines vom Verkäufer eingeschalteten Untervermittlers zu Lasten des Verkäufers zu berücksichtigen.


Nachdem der vom Verkäufer (Beklagten) eingeschaltete Untervermittler dem Kläger als potentiellen Käufer nach dessen Angaben ein Steuersparmodell mit Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgestellt hatte und einen bestimmten gewinn bei Veräußerung der Wohnung nach zehn Jahren versprach, erwarb der Kläger die Wohnung.  

Der BGH ging auf Grund der vorinstanzlichen Feststellungen davon aus, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kaufvertrag sittenwidrig sei und der Kläger einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung haben kann.

Die Sittenwidrigkeit des Vertrages leitet der BGH aus der Überhöhung des Kaufpreises um knapp 100% gegenüber dem Verkehrswert gem. dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten. Mit diesem hatte sich die Vorinstanz nicht auseinandergesetzt. Dies wäre aber nach Auffassung des BGH notwendig gewesen. Gegebenenfalls hätte es den von ihm bestellten Sachverständigen anhören müssen, ohne dass es dazu eines Antrages des Klägers bedurft habe. Auch hätte es eventuell, wenn die Anhörung noch keine endgültige Klärung bringt, einen weiteren Sachverständigen bestellen müssen.

Damit konnte entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht davon ausgegangen werden, dass keine Sittenwidrigkeit vorliegt. Die fehlende Berücksichtigung des Privatgutachtens stellt sich als Verletzung rechtlichen Gehörs dar.

Ferner hätte die Vorinstanz auch den klägerischen Vortrag zu dem Untervermittler beachten müssen. Zwar habe der Kläger für seine Behauptung keinen Beweis angeboten. Allerdings habe der Beklagte diesen Vortrag lediglich mit Nichtwissen bestritten. Da aber der Untervermittler von ihm eingeschaltet wurde und die Beratung für ihn übernahm, kam zum einen zwischen den Vertragsparteien ein Beratungsvertrag zustande. Liegt hier durch den Untervermittler ein Beratungsfehler vor (wie vom Kläger nach Auffassung des BBG schlüssig dargelegt wurde), geht dies zu Lasten des Beklagten. Dieser durfte die Angaben des Klägers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten, § 138 Abs. 4 ZPO. Da er den Untervermittler eingeschaltet hatte, hätte er sich bei diesem auch kundig machen können und müssen.


BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 256/14 -

Freitag, 7. November 2014

WEG: Übertragung von Instandhaltungspflichten auf den Sondereigentümer

Häufig wird in Teilungserklärungen geregelt, dass bestimmte Gegenstände als Sondereigentum gelten. Damit soll (wohl) erreicht werden, dass für die Instandhaltungskosten nicht die Gemeinschaft als solche, sondern der Sondereigentümer alleine aufkommen muss. Allerdings ist eine entsprechende Zuweisung von Gegenständen, die an sich im Gemeinschaftseigentum stehen, auf den Sondereigentümer dinglich nicht möglich (BGH, Urteil vom 26.10.2012 -  VI ZR 57/12 -); eine Auflistung in einer Teilungserklärung hat nur deklaratorischen Charakter und ändert an der zwingenden Regelung in § 5 Abs. 1 – 3 WEG nichts ( BGH, Urteil vom 25.10.2013 – V ZR 212/12 -).

Um allerdings die Kostentragungspflicht zu verlagern, ist es nicht zwingend notwendig das sachenrechtliche Eigentum auch zu übertragen. Es besteht sehr wohl die Möglichkeit, einem Sondereigentümer die Kosten der Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum (z.B. der zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungseingangstür) aufzuerlegen. Allerdings komme es auf die Art und Weise der Regelung an. In dem vom LG Hamburg zu entscheidenden Fall (Urteil vom 09.04.2014 – 318 S 133/13 -) hat das Landgericht die Nichtigkeit eines Beschlusses der Gemeinschaft im Hinblick auf eine Regelung über eine bindende Vorgabe des „Wie“ angenommen.

Mit der Rechtsprechung des BGH geht auch das LG Hamburg davon aus, dass in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) eine Regelung aufgenommen werden kann, der zufolge Schäden an bestimmten Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums (so nach außen weisende Fenster und Türen) von dem Eigentümer auf eigene Kosten zu beseitigen sind (BGH, Urteil vom 02.03.2012 – V ZR 174/11 -).  Mit der Übertragung der Instandsetzungspflicht auf die einzelnen Wohnungseigentümer verliert aber der verband seine Verwaltungszuständigkeit hinsichtlich der Instandsetzung. Damit, so das Landgericht, können weder die übrigen Eigentümer noch der Verband den betroffenen Eigentümer zwingen noch die Maßnahme als solche (wieder) an sich ziehen; für einen solchen Beschluss fehle die Beschlusskompetenz. Alleine der Wunsch zur Einheitlichkeit einer Fassade reiche nicht aus, eine verbleibende Verwaltungszuständigkeit der Gemeinschaft anzunehmen; etwas anderes müsste sich direkt aus der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) ergeben. Ist dies, wie im vom LG Hamburg zu beurteilenden Fall, nicht der Fall, ist ein dennoch gefasster Beschluss nichtig. 

LG Hamburg, Urteil vom 09.04.2014 - 318 S 133/13 -

Dienstag, 13. Mai 2014

Vereinsrecht: Fehlerhafte Einladung zur Mitgliederversammlung führt grundsätzlich zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse

Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
Die Einberufung zu einer Mitgliederversammlung muss entsprechend der Satzung des Vereins erfolgen. Wird davon abgewichen führt dies grundsätzlich zu einer Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse. Zwar hat der BGH früher die Ansicht vertreten, dass die Nichtigkeit nur eintreten würde, wenn  die fehlerhafte Einberufung kausal geworden ist (BGHZ 59, 369); in seiner neueren Rechtsprechung ist der BGH allerdings davon abgewichen und stellt nur noch auf die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ab (BGH NZG 2007, 826). Daraus folgert die Rechtsprechung,  dass der Verein den Nachweis erbringen muss, dass der Beschluss auch ohne den Verfahrensfehler gefasst worden wäre (OLG Köln NJW-RR 2001, 88 und OLG Hamm vom 18.12.2013 – 8 U 20/13 -).  Das bedeutet auch, dass der Verein den Nachweis erbringen muss, dass bei ordnungsgemäßer Einberufung keine andere Willensbildung erfolgt wäre (OLG Hamm aaO. Mit Verweis auf Stöber, Hdb. z. VereinsR Rn. 870).


In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall hätte die Einberufung durch Veröffentlichung in der Vereinszeitung erfolgen müssen; statt dessen erfolgte eine gesonderte postalische Mitteilung an die Mitglieder.  Zwar erkennt das OLG an, dass dies grundsätzlich weder die Kenntniserlangung und die Willensbildung beeinflussen könne. Da aber vorliegend die postalische Übermittlung per sogenannter Infopost der Deutschen Post erfolgte bestünde die Gefahr, dass Mitglieder dies als Werbung angesehen hätten und deshalb nicht zur Kenntnis nahmen, da Werbematerialien häufig über diesen Weg versandt werden. Die Relevanz des Verstoßes bejaht das OLG mit Hinweis darauf, dass das Recht zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung nicht nur dem Interesse des einzelnen Mitgliedes dient, sondern sämtlicher Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Willensbildung (BGHZ 59, 369). 

OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2013 - 8 U 20/13