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Dienstag, 28. September 2021

Mehrvertretungszuschlag des Anwalts bei Vertretung aller Käufer gegen Bauträger ?

Die acht Kläger (Käufer von von dem Beklagten erstellten Eigentumswohnungen) klagten wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum vor dem LG Heilbronn, in dem der Beklagte zur Beseitigung genau bezeichneter Mängel und zur Zahlung von ¾ der Kosten eines Privatgutachtens verurteilt wurden; die Kosten des Verfahrens wurden in der landgerichtlichen Kostenentscheidung im Urteil gequotelt. Die Kläger machten im Rahmen der Kostenausgleichung vor dem LG Heilbronn für die Vertretung der Beklagten eine Erhöhungsgebühr mit 2,0 wegen mehrerer Beklagter geltend, Nr. 1008 VV RVG. Der beklagte wandte sich gegen die Erhöhungsgebühr mit Hinweis darauf, dass die Klage erhoben worden sei, nachdem die WEG parteifähig geworden und die Eigentümergemeinschaft einen Beschluss zur Klageerhebung gefasst habe. Das Landgericht berücksichtigte bei der Kostenausgleichung die Erhöhungsgebühr nicht, weshalb die Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Beschwerde einlegten. Die Beschwerde wurde, nachdem ihr das Landgericht nicht abhalf, vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Das OLG wies darauf hin, dass zwar möglicherweise die Erhöhungsgebühr im Verhältnis der Kläger zu ihrem Prozessbevollmächtigten entstanden sein könne, jedenfalls aber nicht im Verhältnis zu dem Beklagten. Denn im Rahmen der der Kostenausgleichung und -festsetzung könnten nach § 91 ZPO nur notwendige Kosten der Rechtsverfolgung berücksichtigt werden.

Das OLG verwies auf den Beschluss des BGH vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 -, demzufolge die Wohnungseigentümergemeinschaft teilrechtsfähig sei. Die bedeute, dass sie im Verfahren hinsichtlich der das Verwaltungsvermögen betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten als solche klagen und verklagt werden könne. Es sei also nicht mehr notwendig, dass alle Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst klagen und einen Rechtsanwalt beauftragen, sondern ausreichend sei die die Mandatierung eines Rechtsanwalts durch die Eigentümergemeinschaft. Damit falle dann auch keine Erhöhungsgebühr an, da die Eigentümergemeinschaft als solche rechtstechnisch nur ein Mandant ist. Der BGH habe weiter mit seiner Entscheidung vom 12.04.2007 - VII ZR 236/06 - in Bezug auf Mängel am Gemeinschaftseigentum klargestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als insoweit rechts- und parteifähiger Verband befugt sei, die Rechte der Erwerber wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen und gerichtlich durchzusetzen.

Das OLG Stuttgart habe bereits, gestützt auf diese Entscheidungen des BGH die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG für die Fälle anerkannt, in denen in der der Zeit zwischen der Entscheidung vom 02.06.2005 und der Veröffentlichung der Entscheidung vom 12.04.2007 anstelle der Wohnungseigentümergemeinschaft deren sämtliche Mitglieder ihre Rechte wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltend gemacht hätten. Seit der Veröffentlichung des Urteils vom 12.04.2007 käme aber ein Erstattungsanspruch für einen Mehrvertretungszuschlag nicht mehr in Betracht. In seiner Entscheidung vom 12.04.2007 habe sich der BGH nämlich auch mit den individuellen Mängelgewährleistungsansprüchen von Erwerbern auseinandergesetzt und festgehalten, dass der Anspruch auf Vorschuss auf Mängelbeseitigungskosten (unabhängig davon, ob dieser im Erkenntnisverfahren oder gem. § 887 Abs. 2 ZPO im Zwangsvollstreckungsverfahren tituliert werden soll) gemeinschaftsbezogen sei und die Gemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss diese sich aus den einzelnen Verträgen mit dem Veräußerer (Bauträger) an sich ziehen könne.  

Daraus folgt nach Auffassung des OLG (bezogen jedenfalls auf das Wohnungseigentumsgesetz vor der Novellierung zum 01.12.2020), dass zwar den einzelnen Wohnungseigentümern das Recht zustünde, ihre Gewährleistungsansprüche aus dem jeweiligen Erwerbsvertrag selbst geltend zu machen, allerdings dann, wenn dieses Recht von der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtlich geltend gemacht würde, kostenrechtlich nicht mehr um notwendige Kosten iSv. § 91 ZPO handele, da das erstrebte Ziel auch durch die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft als solcher erreicht werden könne.

Hinweis: Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch dann die Geltendmachung von Ansprüchen an sich ziehen, wenn bis auf den letzten Erwerber Ansprüche der übrigen Erwerber gegen den Bauträger/Veräußerer verjährt sind und die Ansprüche des nicht der Verjährung unterliegenden Erwerbers  geltend machen.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.04.2021  - 8 W 435/20 -

Sonntag, 4. August 2019

Zurückbehaltungsrecht des Mieters und Behauptung der Mängelbeseitigung durch Vermieter


Die Beklagten (Mieter) hatten in den Monaten ab April 2015 bis Oktober 2015 die Miete um 40% gemindert und weiterhin von April bis August 2017 ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 60% wegen von ihnen behaupteter Mängel geltend gemacht; ab Oktober 2015 beschränkten sich die Beklagten auf eine Minderung von 20%. Von der Klägerin (Vermieterin) wurde daraufhin das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs unter Verweis auf die benannten Monate das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Im Rahmen des Räumungsprozesses sprach die Vermieterin am 01.07.2017 eine weitere fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs im Berufungsverfahren aus; mit bereits erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16.03.2017 hatte sie geltend gemacht, sie habe den von den Beklagten gerügten, allerdings auf deren Wohnverhalten zurückzuführenden Schimmelbefall im Juni 2016 beseitigen lassen. Das Amtsgericht hatte unter Abweisung der Räumungsklage der Zahlungsklage teilweise stattgegeben; auf die Berufung der Klägerin wurde dem Zahlungs- und Räumungsantrag umfassend stattgegeben. Mit ihrer zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision führte zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und Rückverweisung.

Der BGH folgt dem Landgericht, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegt, wenn der Mieter über einen Zeitraum von mehr als zwei Terminen mit der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug sei, der zwei Monatsmieten entspräche.

Für den relevanten Kündigungszeitpunkt 01.07.2017 ergäbe sich daraus und aus dem Umstand, dass die Beklagten ihre Anschlussberufung gegen die amtsgerichtliche Entscheidung zurückgenommen hätten, nicht, dass sie sich mit der Zahlung eines kündigungsrelevanten Betrages in Verzug befunden hätten.  Die durch die Rücknahme der Anschlussberufung erfolgte Rechtskraftwirkung erstrecke sich hier nicht gem. § 322 ZPO auf die Frage eines kündigungsrelevanten Verzugs. Dann, wenn es Gericht in einem Vorprozess bereits über einen Streitgegenstand rechtskräftig entschieden habe und dies Vorfrage für einen aktuellen Prozess sei, trete die Bindungswirkung ein, die sich aber ausschließlich auf die im Vorprozess ausgesprochene Rechtsfolge beziehe. Diese Präjudizialität nahm der BGH aber für das rechtskräftige Zahlungsurteil des Amtsgerichts (durch Rücknahme der Berufung der Beklagten bewirkt) nicht an. Die Rechtskraft des Zahlungsurteils würde das Gericht nicht davon entbinden, im Rahme des Streitgegenstandes Kündigung das Vorliegen eines kündigungsrelevanten Zahlungsverzugs am 01.07.2017 zu prüfen. Diese Vorfrage sei durch die Rechtskraft des Zahlungsurteils noch nicht bindend festgestellt. Festgestellt wurde lediglich, dass ein bestimmter Betrag an Mieten offen sei, der der Klägerin zugesprochen worden sei. Hieraus ließe sich für die mit entscheidende Vorfrage für den Räumungsprozess nicht schließen, dass zu den jeweiligen Kündigungszeitpunkten eine fristlose Kündigung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB gerechtfertigt sei.

Ob ein verzugsausschließendes Leistungsverweigerungsrecht des Mieters nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB bestünde liegt nach Darlegung des BGH im Beurteilungsermessen aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Trau und Glauben durch den Tatrichter. Insoweit bestünde nur eine eingeschränkte Prüfungsmöglichkeit durch den BGH im Rahmen der Revision, der allerdings das Urteil des Landgerichts nicht standhalten würde.  

Die Würdigung des Landgerichts zum Zurückbehaltungsrecht sei verfehlt. Die Angabe der Klägerin über eine Mängelbeseitigung im Juni 2016 ließe nach Auffassung des Landgerichts nicht erwarten, dass die Klägerin weitere Mängelbeseitigungsmaßnahmen vornehmen würde, weshalb der Zweck des Zurückbehaltungsrechts nicht erfüllt sei. Zwar diene das Zurückbehaltungsrecht dazu, Druck zur Mängelbeseitigung auf den Vermieter auszuüben, was dann nicht möglich sei, wenn der Zweck verfehlt würde oder nicht mehr erreicht werden könne. Es ende bei Beseitigung des Mangels und bei Beendigung des Mietverhältnisses sowie dann, wenn der Mieter seine Mitwirkung (so Zutrittsgewährung zur Wohnung) verweigere. Ein solcher Fall läge aber hier nicht vor. Alleine die klägerische Behauptung zur Mängelbeseitigung würde das Recht nicht ausschließen können; andernfalls könnte der Vermieter dieses Recht alleine dadurch hindern, dass er den Mangel bestreitet oder Beseitigung behaupte. Auch würde die Behauptung der Mängelbeseitigung im Prozess nicht bedeuten, dass der Vermieter, sollte der Bestand des Mangels festgestellt werden, nicht doch noch den Mangel beseitigt. Entscheidend sei daher, ob die Behauptung der Mängelbeseitigung zutreffe oder sonstige Gründe den Schluss zulassen würden, dass das Zurückbehaltungsrecht dazu dient, Druck auf den Vermieter auszuüben. Feststellungen dazu, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wurde, habe das Landgericht nicht getroffen. Sonstige Umstände, die gegen die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts sprechen könnten, lägen nicht vor. Sie lägen weder in Bezug auf die Höhe des in 2015 zurückbehaltenen Betrages (€ 2.301,00) noch im Hinblick auf den seitherigen Zeitablauf vor. Zwar unterliege das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB in Ansehung des Umstandes, dass das Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung durch Minderung wiederhergestellt sei, einer zeitlichen und  betragsmäßigen Begrenzung, wobei der zurückbehaltene Betrag in einer angemessenen Relation zur Bedeutung des Mangels stehen müsse.

Bei hier zugunsten der Beklagten im Revisionsverfahren (mangels nachzuholender Feststellungen nach der Rückverweisung) anzunehmender zumindest auch bauseitiger Ursachen von Schimmelbefall in Küche und Schlafzimmer sei der Betrag noch als angemessen anzusehen. Die Zeitdauer (bis zur Kündigung am 01.07.2017) könne auch nicht die Annahme rechtfertigen, das Leistungsverweigerungsrecht habe seinen Zweck verfehlt. De Mieter könne zwar von dem Leistungsverweigerungsrecht nicht unbegrenzt Gebrauch machen sondern ist nach einem gewissen Zeitraum verpflichtet, seine sonstigen Rechte (BGH, Urteil vom 17.06.2015 - VII ZR 19/14 -) neben der Minderung) geltend zu machen. Vorliegend sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin noch während der Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts im August 20915 bei Bestreiten des Mangels Klage auf Zahlung und wegen Kündigung wegen Zahlungsverzugs Räumungsklage erhoben.  Das Amtsgericht habe ein Gutachten eines Bausachverständigen eingeholt und die Klägerin habe sich dann auf eine Mängelbeseitigung berufen, wobei sie Fehler des Gutachtens rügte. Aus diesem Bestreiten der Klägerin ließe sich angesichts des laufenden Prozesses gerade nicht folgern, das Zurückbehaltungsrecht verfehle jetzt seinen Zweck. Auch von der Klägerin wurde selbst im Berufungsverfahren ausgeführt, das Leistungsverweigerungsrecht verfehle deshalb hier seien Zweck, da der Mangel, soweit er vorhanden gewesen sei, beseitigt worden sei.

BGH, Urteil vom 10.04.2019 - VIII ZR 39/18 -

Sonntag, 28. April 2019

Bau-/Werkvertrag: Vorschussanspruch zur Mängelbeseitigung ohne vorherige Abnahme


Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatte bereits 2009 ein selbständiges Beweisverfahren gegen die beklagte Bauträgerin (von der sukzessive Eigentumswohnungen seit 2005 in dem 1904 errichteten und sanierten Gebäude Objekt verkauft wurden) wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum eingeleitet und forderte mit Schreiben ihrer Verwaltung vom 14.04.2011 die Beklagte zur Behebung der insoweit festgestellten Mängel auf. Mit Schreiben vom 06.07.2011 mahnte sie eine zügigere Tätigkeit an. 2013 erhob die WEG sodann Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung der im selbständigen Beweisverfahren durch den dort beauftragten Sachverständigen Mängel. Das Landgericht gab der Klage unter Abweisung der Klage für einzelne Mängel, statt. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.  Dabei machte sie u.a geltend, dass die Klägerin mangels Abnahme ihrer Leistungen nicht berechtigt sei, einen Kostenvorschuss zu fordern. Ferner machte sie geltend, zu bestimmten Arbeiten (so insbesondere zur Isolierung des Kellers im Altbestand) nicht verpflichtet zu sein.  

Die Berufung der Beklagten blieb im wesentlichen erfolglos. Insbesondere bejahte das Kammergericht (KG) als Berufungsgericht einen Anspruch auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der festgestellten Mängel gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.

Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Zwar würde der Anspruch rechtlich den einzelnen Erwerbern zustehen, die die Verträge mit der Beklagten geschlossen hätten. Allerdings sei die Klägerin von den Erwerbern zur Geltendmachung im eigenen Namen ermächtigt worden (sogen. Ansichziehen derartiger Ansprüche betreffend dem Gemeinschaftseigentum qua Beschluss der Eigentümergemeinschaft).

Es sei der Beklagten auch eine ausreichende Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden. Sollte die Werkleistung nicht abgenommen worden sein, könne sich die Pflicht zur Setzung der Nacherfüllungsfrist nicht aus § 637 Abs. 1 BGB herleiten lassen, da diese Rechte dem Besteller nach §§ 734 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB erst nach Abnahme  zustünden. Der Besteller könne zwar die in § 634 Nr. 2 bis 4 BGB aufgeführten Mängelrechte auch ohne vorherige Abnahme geltend machen, was aber erfordere, dass der Erfüllungsanspruch erloschen sei und sich der Vertrag in einem Abrechnungsverhältnis befände. Dazu käme es, wenn der Besteller vom Vertrag zurücktritt, die Vergütung mindere, Schadensersatz statt der Leistung geltend mache oder einen Vorschussanspruch begehre und zugleich die Leistung des Unternehmers ernsthaft und endgültig ablehne (BGH, Urteil vom  19.01.2017 - VII ZR 103/15 -). Damit aber setze die Berechtigung des Bestellers, das Vertragsverhältnis in en Abwicklungsverhältnis umzuwandeln, im Regelfall eine vorherige Nachfristsetzung voraus, die sich nicht aus den jeweiligen Vorschriften für die Rechtsfolgen ableiten ließe. Allerdings sei der Besteller aus den allgemeinen Regeln des Schuldrechts zu dieser vorbereitenden Nachfristsetzung befugt (BGH, Urteil vom 19.01.2017 - VII ZR 193/15 -), die alleine die Fälligkeit der Werkleistung voraussetzen (§ 281 Abs. 1 BGB bzw. § 323 Abs. 1 BGB). Daraus würde folgen, dass die entscheidende Hürde für die Geltendmachung von Sekundärrechten wegen Mängeln (mithin nicht: Mängelrechten) nicht die Abnahme, sondern die Fälligkeit der Werkleistung sei. Die dafür erforderliche Nacherfüllungsfrist sei ausreichend gesetzt worden.

Zunächst setzt sich das KG damit auseinander, dass wohl schon nach dem eigenen Vertragswerk der Beklagten die Abnahme als erfolgt anzusehen sei, auch wenn diese Regelung unwirksam sein dürfte, da sich die Beklagte als Verwenderin dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht auf deren Unwirksamkeit berufen könne (Anmerkung: Dies gilt nach der herrschenden Meinung aber nur, wenn auch der Vertragspartner die Regelung gegen sich gelten lässt). Aber auch für den Fall der Annahme einer Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung und davon ausgehend, dass damit keine Abnahme vorläge, würde der Anspruch auf Kostenvorschuss hier bestehen.

Könne der Besteller nicht mehr die (Nach-) Erfüllung des Vertrages verlangen, würde dies den Vertrag in ein Abrechnungsverhältnis überleiten. Die Entstehung des Abrechnungsverhältnisses ohne Abnahme erfordere, dass der Besteller dem Unternehmer wirksam eine Nacherfüllungsfrist zur Beseitigung der Mängel gesetzt habe, was möglich sei, wenn nach den allgemeinen Regeln des Schuldrechts die Werkleistung fällig geworden sei (§§ 281 Abs.1 BGB bzw. § 325 Abs. 1 BGB). Danach müsse eine Erklärung abgegeben werden, die rechtsgestaltend das Erfüllungsstadium des Vertrages beende. Wenn der Besteller nach Fristablauf Rücktritt oder Minderung erkläre oder verlange er Schadensersatz statt der Leistung, käme dieser Erklärung rechtsgestaltende Wirkung zu mit der Folge, dass das Erfüllungsstadium des Vertrages ende.

Das Vorschussverlangen habe aber keine rechtsgestaltende Wirkung; es käme auch nicht § 281 Abs. 1 BGB zur Anwendung. Es sei also, um die Wirkung herbeizuführen, bei dem Vorschussverlangen zu erklären, die Leistung des Unternehmers abzulehnen. Da aber die Erklärung nicht Voraussetzung sei, überhaupt Sekundärrechte geltend zu machen (die Hürde dafür sei die Fälligkeit), sondern es sich nur um eine spezielle Voraussetzung für den Vorschussanspruch handele, könne die Erklärung auch konkludent abgegeben werden.

Diese zumindest konkludente Erklärung, keinesfalls mehr mit der Klägerin zusammenarbeiten zu wollen, läge hier vor. Das Landgericht sei davon ausgegangen, dass die Erklärung in dem erstinstanzlichen Vorbringen läge. Die Partei müsse ihr eigenes Vorbringen nicht kritischer Hinterfragen als das (erstinstanzliche) Gericht. Selbst wenn das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Klägerin habe die Leistungen der Beklagten endgültig abgelehnt, hätte dies die Klägerin im Berufungsrechtszug nachholen können, was jedenfalls erfolgt sei.

KG, Urteil vom 19.02.2019 - 21 U 40/18 -

Montag, 22. Oktober 2018

Totalschaden: Integritätsinteresse durch Reparatur und Voraussetzungen der 130%-Grenze


Der Kläger machte nach einem Verkehrsunfall Schadensersatzansprüche geltend. Sein Fahrzeug erlitt nach den Berechnungen des von ihm beauftragten Sachverständigen einen wirtschaftlichen Totalschaden, da sich die Reparaturkosten auf € 10.129,43, der Wiederbeschaffungswert auf € 7.436,97 beliefen. Der Kläger ließ gleichwohl das Fahrzeug reparieren, Danach hätten die Reparaturkosten nur knapp 30% über dem Wiederbeschaffungswert gelegen. Die Beklagten bestritten allerdings u.a. die sach- und fachgerechte Reparatur. Das Landgericht hatte Beweis erhoben und nach Einvernahme von Zeugen und Einholung eines Gutachtens festgestellt, dass die Reparatur zu einem kleinen Teil nicht gemäß dem Gutachten durchgeführt wurden (nach Angaben des Sachverständigen mit weiteren Kosten von € 148,40 verbunden), und im Übrigen statt eines im, Gutachten vorgesehenen Türaustauschs Spachtel- und Lackierarbeiten an der Tür berechnet wurden. Es hielt daher eine Abrechnung auf Totalschadensbasis für ausgeschlossen und nahm die Abrechnung auf der Basis des Wiederbeschaffungswertes vor.

Das OLG Koblenz wies mit Beschluss vom 25.06.2018 darauf hin, dass es die Zurückweisung der Berufung des Klägers  beabsichtige, mit der dieser weiterhin seinen Anspruch auf Abrechnung auf Reparaturkostenbasis versuchte durchzusetzen. Es verwies darauf, dass nach dem vom Landgericht eingeholten Gutachten die Reparatur nicht fachgerecht und auch nicht vollständig durchgeführt worden sei. So seien im Bereich der Schadenszone Radhauses vorne links und im Bereich des Frontblechs links Arbeiten (Lackierarbeiten) weder sachgerecht noch vollständig vorgenommen worden. Die noch erforderlichen Lackierarbeiten seien mit Kosten in Höhe von € 148,40 verbunden. Auch wenn der Rest-Reparaturaufwand relativ gering sei, würde dies einer für eine Abrechnung auf Basis eines den Wiederbeschaffungswert bis maximal 30% übersteigender Reparaturkosten nicht rechtfertigen können, da im Falle des Verbleibens auch geringer Restarbeiten das Integritätsinteresse des Geschädigten nicht ausreichend dokumentiert würde. Dies alleine würde schon der Forderung des Klägers entgegenstehen.

Hinzu käme der Umstand, dass in der der Klage zugrunde liegenden Reparaturrechnung Arbeiten enthalten seien, die ebenfalls nicht zu einem sach- und fachgerechten Ergebnis geführt hätten. Die Spachtel und Lackierarbeiten an der linken Außentür hätten nicht zu einem vollständig fachgerechten Ergebnis (Mangelfreiheit)  geführt. Der Geschädigte könne aber bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Totalschadens nur die bis max. 30% über den Wiederbeschaffungswert liegenden Reparaturkosten verlangen, wenn es sich um die Kosten für eine (hier auch insoweit nicht vorliegende) sach- und fachgerechte Reparatur handele.

Nachdem der Kläger die Berufung nicht zurückgenommen hatte, wies das OLG diese mit Beschluss vom 14.08.2018 unter Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss zurück.

OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 25.06.2018 - 12 U 3/18 -

Mittwoch, 7. September 2016

Abnahme durch Bauträger als Erstverwalter und Folge der Unwirksamkeit der Abnahme

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Erwerbsvertrages war vorgesehen, dass der Erstverwalter (der Beklagte) das Gemeinschaftseigentum für die Gemeinschaft abnimmt; zum Erstverwalter hatte sich der Bauträger selbst bestellt. Die Gewährleistungsfrist wurde mit fünf Jahren festgehalten. Im Herbst 2004 meldete der Beklagte die Bezugsfertigkeit der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums; im Januar 2005 erfolgte die Übergabe einer Wohnung an den Kläger. Dieser erhob im November 2009 Klage wegen Mangelbeseitigung und Nacherfüllung. Der Beklagte erhob u.a. die Einrede der Verjährung. Das OLG hat den beklagten zur Beseitigung zahlreicher Mängel in der Wohnung des Klägers und am Gemeinschaftseigentum verurteilt. Die zugelassene Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen.

Ausgangspunkt der Entscheidung des BGH ist, dass die Abnahme durch den Beklagten als Verwalter als unwirksam angesehen wurde. Die entsprechende Klausel des vom Beklagten gestellten Erwerbsvertrag sei unwirksam. Die Klausel, wonach die Abnahme durch einen vom Bauträger bestimmten Verwalter erfolge, verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(so bereits Beschluss des Senats vom 12.09.2013 – VII ZR 308/12 -). Gleichwohl aber könne sich der Kläger auf  §§ 634 Nr. 1, 635 BGB stützen, da es dem Beklagten als Verwender der unwirksamen Klausel verwehrt ist, sich auf deren Unwirksamkeit zu berufen. Damit müsse er den Nachteil tragen, der sich daraus ergibt, dass er trotz fehlender Abnahme des Gemeinschaftseigentums mit Mängelansprüchen konfrontiert wird, § 242 BGB.

Gleichzeitig greift aber nicht die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung. Denn die Verjährung des Mängelbeseitigungsanspruchs beginnt erst mit der Abnahme zu laufen, § 634a Abs.2 BGB. Damit hatte Lauf der Verjährung des Anspruchs bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch nicht begonnen. In Hinblick auf das Sondereigentum aber würde auch die Einrede der Verjährung nicht greifen. Die Parteien hatten in dem Formularvertrag die VOB/B vereinbart, abweichend davon die Gewährleistungsfrist auf fünf Jahre, beginnend mit der Abnahme, beträgt. Die Klausel müsse schon nach der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB dahingehend zu verstehen sein, dass die Mängel bereits zu diesem Zeitpunkt vorlagen.

Da weder für das Sonder- noch das Gemeinschaftseigentum eine wirksame Abnahme nicht vorlag, traf den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für eine Mängelfreiheit.


BGH, Urteil vom 30.06.2016 – VII ZR 188/13 -

Sonntag, 11. Oktober 2015

Schwarzarbeit: Barzahlung auf Rechnung ohne Mehrwertsteuerausweis führt zum Verlust der Mängelrechte und begründet auch keinen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch

Der BGH setzt konsequent seine Rechtsprechung zur Schwarzarbeit fort. Die Schwarzarbeitsabrede stellt sich als nichtiger Vertrag dar, da dieser gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, §§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, 134 BGB. 

Wird der Vertrag durchgeführt und erbringt der Auftragnehmer eine mangelhafte Leistung, so hat der Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche. Den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen steht die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts entgegen.

In dem nun vom BGH entschiedenen Fall, hatte der beklagte Unternehmer einen Kostenvoranschlag für den Einbau von V-Fenstern und den Ausbau des Dachgeschosses über € 12.651,90 zuzüglich Umsatzsteuer unterbreitet. Mündlich wurde daraufhin ein Vertrag über pauschal € 10.000,00 abgeschlossen, die der Kläger dem Beklagten in bar zahlte. Der Beklagte erteilte dem Kläger eine Rechnung „zum Festpreis von 10.000,- €“, auf der die Rubriken zur Rechnungsnummer, Steuernummer, Rechnungsbetrag netto und Mehrwertsteuer nicht ausgefüllt wurden.

In der Folge machte der Kläger erhebliche Mängelansprüche geltend, die er mit € 11.901,53 bezifferte. Der beklagte berief sich auf die Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarung und forderte im Wege der Widerklage einen von ihm bereits an den Kläger gezahlten Schadensersatzbetrag von € 1.392,76 zurück. Während das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen hatte, gab das OLG der Widerklage vollumfänglich, der Klage teilweise statt.

Die Revision wurde in Bezug auf die Klage zugelassen und führte zur Abweisung derselben.

Dass Grundlage des Rechtsgeschäfts ein auf Schwarzarbeit ausgerichteter Vertrag sei, ergäbe sich bereits aus der Rechnung. Denn die Rechnung habe entgegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarArbG nicht die nach § 14 UStG erforderlichen Angaben (Ausweis der Umsatzsteuer, Rechnungsnummer) enthalten.
Der BGH wies darauf hin, dass durch die Nichtigkeit des Werkvertrages vertragliche Ansprüche und damit auch Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln nicht bestehen. Damit schloss es sich der Ansicht des OLG an, welches allerdings in Hinblick auf einen vom Kläger hilfsweise geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 817 BGB der Klage teilweise statt gab. Dem folgte der BGH nicht. Er wies darauf hin, dass  § 817 BGB dann keine Anwendung finde, wenn der Besteller in Ausführung des nichtigen Werkvertrages seine Leistungen erbringe, indem er ohne Rechnung mit Steuerausweis Zahlung leiste, wie sich aus § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB ergäbe. Eine einschränkende Auslegung scheide aus. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsgesetz enthaltene Verbot missachte soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben.


BGH, Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14 -