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Montag, 13. Juli 2020

Haftung des Geschäftsführers für Steuerschulden in der Insolvenz ?


Die Antragsgegnerin erließ einen Haftungsbescheid gegen den Antragsteller wegen Steuerschulden aus Vergnügungssteuer (betrieb von Gelspielgeräten) der von dem Antragsteller als Geschäftsführer ehedem vertretenen GmbH. Vom Antragsteller wurde Widerspruch eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Er machte geltend, er habe bereits einen Großteil der Steuerschulden der Gesellschaft aus privaten Mitteln gezahlt und der Antragsgegnerin sei die wirtschaftliche Situation der GmbH bekannt gewesen. Sein Antrag wurde vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Seine Beschwerde zum OVG hatte keinen Erfolg.

Das OVG verweist darauf, dem Antragsteller treffe eine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Erteilung erforderlicher Auskünfte, §§ 90 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AO. Dieser sei er nicht genügend nachgekommen, wobei er sich nicht darauf berufen könne, die Unterlagen würden sich 8nun) beim Insolvenzverwalter befinden, da er jedenfalls in Grundzügen über fällige Forderungen und  liquide Mittel im Haftungszeitraum informiert sein müsse. Letztlich aber würde der Antragsteller mit seinem Vortrag sogar die Haftung wegen grober Verletzung der ihm als Geschäftsführer obliegenden Pflichten nach §§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und d KAG iVm. §§ 69, 34 Abs. 1 AO bekräftigen, da er selbst in einem Schreiben an die Antragsgegnerin in 2018 ausführte, die GmbH sei schon 2013 nicht mehr in der Lage gewesen aus liquiden Mitteln Schulden zu zahlen (wobei er auf eine eigene Forderung der Gesellschaft aus 2012 in Höhe von € 58.000,00 verwies, die bis 2015 auf € 150.000,00 angewachsen sei), weshalb im Hinblick auf die hier streitbefangenen Steuerschulden für den Zeitraum ab April 2014 weiter anfallenden und ab Mai 2014 fälligen und unbeglichenen Steuerschulden  davon auszugehen sei, dass Zahlungsunfähigkeit vorlag. Es sei davon auszugehen, dass eine zur Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 S. 1 InsO allenfalls durch Gesellschafterdarlehen habe vermieden werden können, wobei spätestens ab Mai 2015 Zahlungsunfähigkeit hinzugekommen sei. Damit sei der Antragsteller weiterhin wirtschaftlich tätig geworden, obwohl für ihn erkennbar gewesen sei, dass er weitere Steuerschulden anhäufen würde.

Soweit steuerliche Literatur und die Entscheidung des BFH vom 28.11.2002 – VII R 41/01 – (ergangen zur Umsatzsteuer) eine Haftung nach §§ 69, 34 Abs. 1 AO unbeschadet gesellschafts- und insolvenzrechtlicher Regelungen, die eine steuerliche Haftung nicht begründen könnten, wegen des Weiterbetreibens von Geschäften negiert, obwohl diese eine Steuer auslösen könnten, könne dem nach den in Nordrhein-Westfalen entsprechend anwendbaren Haftungsvorschriften der AO für die Geldspielgerätesteuer nicht gelten. Vielmehr sei danach der Vertreter der juristischen Person (Geschäftsführer der GmbH) verpflichtet, Vorsorge für die Zahlung der erkennbar entstehenden Steuerschuld zu treffen. Dies schließe insbesondere die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrages (§§ 15a Abs. S. 1, 18 InsO) ein.

Im Hinblick auf den Schadensersatzcharakter des Haftungsanspruchs würden nur die Steuern umfasst, die durch die Pflichtverletzung ausgefallen seien. Diese Pflichtverletzung müsse ursächlich sein. Bei einer Pflichtverletzung in Form der fehlenden Unterlassung weiterer steuerbegründender Geschäfte könne zwar zweifelhaft sein, , ob der Weiterbetrieb der Geschäfte mit den dann anfallenden Steuern wirtschaftlich einen Steuerschaden darstellen könne (vgl. auch BGH, Urteil vom 06.06.1994 - II ZR 292/91 -). Gegen den Weiterbetrieb von Geldspielgeräten  würde auch nach Insolvenzreife nichts sprechen, wenn der ein wirtschaftlich sinnvoller Weiterbetrieb erfolge und damit die Masse erhöht würde, wobei, wenn anders die Mittelvorsorgeverpflichtung für diese Steuern nicht gesichert werden könne, dies allerdings unter Insolvenzbedingungen erfolgen müsse, da in diesem Fall die Vergnügungssteuerschulden Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1Nr. 1 2. Alt. InsO und nach § 55 InsO und vorab zu  befriedigen wären. Diese Mittelvorsorge sei vom Antragsteller unterlassen worden.

OVG Münster, Beschluss vom 15.11.2019 - 14 B 1443/19 -

Montag, 7. Dezember 2015

Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber wegen nicht abgeführter Lohnsteuer auf Fahrtkosten bei fehlender Pauschalierung

Der BFH hat, der Vorinstanz folgend, einen Haftungsbescheid gegen den klagenden Arbeitgeber für rechtmäßig erklärt, mit dem dieser wegen fehlender Abführung von Lohnsteuer auf Zahlung in Anspruch genommen wurde. 


Bild: pixabay
Die Klägerin hatte mit den örtlichen Verkehrsbetrieben eine Vereinbarung geschlossen, nach der ihre Mitarbeiter verbilligte Jobtickets erhalten. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung entrichtete die Klägerin für ihre 5547 Mitarbeiter einen monatlichen Grundbetrag von durchschnittlich € 6,135, wodurch jeder Mitarbeiter das recht hatte, das verbilligte Jobticket zu erwerben. Im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin einen Betrag von € 73,62 (12 x € 6,135) gezahlt habe. Da der Betrag (von € 6,135) nicht monatlich sondern sofort für die Jahrestickets zufloss wäre der monatliche Freibetrag von € 44,00/Monat (Freigrenze für Sachzuwendungen) überschritten.

Im Verfahren vor dem Finanzgericht stellte die Klägerin den Antrag auf Lohnsteuerpauschalierung. Dem folgte das Finanzgericht nicht, da eine nachträgliche Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG nicht möglich sei. Mit einem ersten Revisionsurteil hatte der BFH die Entscheidung des FG aufgehoben, da zu prüfen war, inwieweit den Arbeitnehmern ein geldwerter Vorteil zugeflossen sei. Hierauf verständigten sich die Parteien auf einen Betrag.

Die Klägerin begehrte weiterhin eine Pauschalierung.

Der BFH wies darauf hin, dass die Klägerin fehlerhaft einen Antrag gestellt habe. Die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG sei nicht von einer Antragstellung abhängig; vielmehr müsse eine Anmeldung der mit einem Pauschalsteuersatz erhobenen Lohnsteuer erfolgen.

Ach käme eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO nicht in Betracht. Dies wäre nur in Betracht gekommen, wenn ein Pauschalierungsverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen wäre. Hier aber war es nicht einmal eingeleitet.

Als obiter dictum hat der BFH auf seine bisherige Rechtsprechung Bezug genommen, wonach ein während des Klageverfahrens eingeleitetes Pauschalierungsverfahren beachtlich sei (BFHE 141, 54, 57). Er äußerte Bedenken, ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden könne, da für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes entscheidend sei.


BFH, Urteil vom 24.09.2015 – VI R 69/14 -