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Freitag, 29. Juni 2018

Eigenbedarfskündigung: Beweislast und Härtegründe nach § 574 BGB


Das Amtsgericht hat die Eigenbedarfskündigung des Klägers als gerechtfertigt angesehen und die Beklagten zur Räumung verurteilt. Auf die Berufung hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Im Rahmen der Entscheidung setzte sich das Landgericht mit der Frage der Beweislastverteilung bei einer Eigenbedarfskündigung und den von den beklagten Mietern erhobenen Einwendungen gesundheitlicher Gründe sowie fehlender Möglichkeit zur Beschaffung angemessenen Ersatzwohnraums auseinander. Auf einen weitere Kündigungsgründe des Klägers, der vom Amtsgericht als unwirksam angesehen wurde, ist das Landgericht mangels einer Anschlussberufung des Klägers nicht eingegangen.

Beginnen wir mit Nichtbeachtung eines offenbar vom Kläger erstinstanzlich geltend gemachten weiteren Kündigungsgrundes neben der Eigenbedarfskündigung. Hier ist die Entscheidung ersichtlich rechtsfehlerhaft und stellt sich als Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs und des Rechtsstaatsprinzips dar. Eine Berufung gegen ein Urteil ist nur der (teilweise) unterlegenen Partei möglich. Vorliegend war aber der Kläger erstinstanzlich nicht unterlegen sondern drang auf der Grundlage der Eigenbedarfskündigung mit seinem Räumungsklage durch. Eine Berufung ist grundsätzlich unzulässig, mit der lediglich der Grund des Anspruch, der erstinstanzlich angenommen wurde, angefochten werden soll, ohne dass sich vom Ergebnis etwas ändert (fehlende notwendige Beschwer). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die geltend gemachten Ansprüche nicht in einer Stufenfolge geltend gemacht wurden und mithin mit der Versagung einer Stufe ein weiterer materieller Anspruch untergehen würde, was bei einer auf Räumung zielenden Klage, der stattgegeben wird, nicht der Fall ist. Von daher hätte hier auch das Landgericht den offenbar vom Kläger erhobenen Einwand gegen die Annahme einer Unwirksamkeit einer weiteren Kündigung beachten müssen.

Das Landgericht weist zum vom Amtsgericht bejahten Eigenbedarf (zutreffend) darauf hin, dass das Amtsgericht hier Einreden der Beklagten, so vorgerichtliche Äußerungen des Klägers zur beabsichtigten künftigen Nutzung der Wohnung, übergangen habe. Es hätte daher hier den klägerseits offenbar angebotenen Beweis für einen Eigenbedarf erheben müssen, da die auf Eigenbedarf gerichtete Klage abzuweisen sei, wenn dem Kläger nicht der Nachweis des Eigenbedarfs gelinge.

Vorsorglich geht das Landgericht auch auf die weiteren Einwendungen der Beklagten ein.

Das Amtsgericht habe eine besondere Härte der Kündigung gem. § 574 BGB in Ansehung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beklagten allein wegen einer derzeitigen „Umzugsfähigkeit“ bejaht. Es habe verkannt, dass fpür die Bejahung des § 574 Abs. 1 BGB due Nachteile des Mieters nicht mit absoluter Sicherheit feststehen müssten, sondern die ernsthafte Gefahr ihres Eintretens ausreichend sei (vgl. dazu auch BGH vom 16.10.2013 - VIII ZR 57/13 -). Damit habe sich das Amtsgericht nicht auseinandergesetzt.

Ferner ahbe das Amtsgericht zu dem weiteren zwischen den Parteien streitigen Härtegrund gem. § 574 Abs. 2 BGB keine Stellung bezogen und Feststellungen getroffen, demzufolge die Beklagten keinen angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen finden könnten, wobei für die Frage der Angemessenheit nicht nur auf Alter und Krankheit des Mieters abzustellen sei, sondern auch von einer dadurch bedingten Nähe zu bestimmten Angehörigen. Bei den Feststellungen zu § 574 Abs. 2 BGB sei auch zu erwägen, on dem Mieter deshalb Beweiserleichterungen zugute kommen würden, da nach der Mietenbegrenzungsverordnung des Senats der Stadt Berlin vom 28.04.2915 eine ausreichende Versorgung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet sei. Zu der letzteren Erwägung ist festzuhalten, dass die hier entscheidende Kammer in einem späteren Urteil vom 12.04.2018 - 67 S 328/17 - die Verordnung als rechtswidrig eingestuft hat, weshalb sich die Frage stellt, ob mithin auf eine solche Verordnung zum Zwecke einer Beweiserleichterung für einen Mieter auch dann abgestellt werden kann, wenn diese unwirksam ist.

LG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 67 S 272/17 -

Samstag, 1. Februar 2014

Fitnessstudio-Vertragsrecht: Depression als Krankheit und Nachweispflicht des Nutzers

Immer wieder wird eine Krankheit als Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrages benannt. Vorliegend behauptete die Nutzerin, sie habe eine Depression nach dem Tod ihres Vaters, sei zu nichts mehr in der Lage gewesen und habe es von daher verabsäumt, die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung zu nutzen. Nach Vertragsverlängerung hat sie dann fristlos gekündigt.

Das Amtsgericht ging in seiner Ausgangsentscheidung zutreffend davon aus, dass der Kündigungsgrund vom Nutzer, der sich darauf beruft, zu beweisen ist. Und hat hierzu Beweis erhoben. Als Stichtag wurde aber im Beweisbeschluss fehlerhaft das Jahr 2009 genannt, obwohl es um das Jahr 2010 ging. Der beauftragte psychiatrische Sachverständige hat die Depression für 2009 bestätigt und ausgeführt, es sei der Nutzerin von daher nicht möglich gewesen, klar zu handeln. Die Klägerin (Fitnessstudio) hat eingewandt, wenn dies tatsächlich schon 2009 bestand, hätte damals die Nutzerin nicht einmal den Vertrag abschließen können, was aber erfolgte. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Es handele sich um ein offensichtliches Versehen, wenn der Sachverständige das Jahr 2009 benannt.

Dem folgte das Landgericht nicht. Es beauftragte einen anderen mesizinischen Sachverständigen, der zu dem Ergebnis gelangte, dass er weder für 2010 noch für den fraglichen Zeitraum eine derartige Depression belegen könne, die hier die Unfähigkeit der Nutzerin zur ordentlichen Kündigung bestätigen würde. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Nutzerin die Zeit über gearbeitet habe, was bei einer entsprechend schweren Depression, wie sie im Erstgutachten benannt wurde, nicht möglich sei. Darauf gestützt gab das Landgericht der Berufung statt. In dem Urteil hat sich das Landgericht umfänglich mit der einschlägigen höchsrichterlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt.

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 29.01.2014 - 2-16 S 165/12 -