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Donnerstag, 11. Mai 2017

Vollberittvertrag und Haftung des Unterstellers und Ausbilders bei Verletzung des Pferdes

Die Klägerin schloss mit dem Beklagten einen Vertrag, demzufolge der Beklagte die Unterstellung, Fütterung, Pflege als auch den beritt des damals vierjährigen Wallachs der Klägerin übernahm. Am 02.12.2010 ließ die Praktikantin des Beklagten das Pferd in der Reithalle frei laufen; das Pferd stieß dabei gegen eine Stahlstütze des Hallendaches und musste daraufhin tierärztlich versorgt werden. Die Klägerin verlangte Schadensersatz von über € 40.000,00 mit der Begründung, infolge des Vorfalls sei das Pferd nicht mehr zum Reiten nutzbar.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab; das Oberlandesgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung einer Zeugin. Die von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils und Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.

Auszugehen sei von einem typengemischten Vertrag mit Schwerpunkt auf den Dienstvertrag nach § 611 BGB. Bei einem gemischten Vertrag könne nicht  nach den verschiedenen Rechtstrukturen unterschieden werden, sondern wäre der Schwerpunkt festzustellen, nach dem sich dann das gesamte Vertragsverhältnis orientiere. Vorliegend habe die Ausbildung des damals noch sehr jungen Pferdes für den Einsatz bei Turnieren und die Vorführung bei Prüfungen den Schwerpunkt gebildet. Damit läge der Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht und scheide Verwahrungs- und Mietvertragsrecht aus.

Ein Rückgriff auf Verwahrungsrecht käme auch nicht deshalb in Betracht, um den Pferdeeigentümer vor Beweisschwierigkeiten zu bewahren.  Zwar trage der Anspruchssteller die Beweislast für eine Vertragspflichtverletzung. Stamme aber die Schadensursache aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners  und rechtfertige die Sachlage den Schluss, dass dieser die ihm obliegende Sorgfalt verletzte (was hier der Fall sei), müsse er sich von dem Vorwurf der Vertragsverletzung entlasten. Dazu habe er darzulegen und nachzuweisen, dass ihn kein Pflichtenverstoß trifft.

Nicht zu beanstanden sei die auf der Grundlage des eigeholten Sachverständigengutachtens getätigte Annahme des Oberlandesgerichts, dass die Anlage als solche baulich geeignet sei , wenn das Tier angemessen vorberitet sei (also kein „Kaltstart“).  Auch konnte nach Ansicht des BGH das Oberlandesgericht in Ansehung der gutachterlichen Ausführungen davon ausgehen, dass es sich bei dem Pferd um ein ausgeglichenes Tier gehandelt habe, weshalb ein ausreichendes und kompetentes Führen des Pferdes in der Halle vor dem Freilauf genügt hätte.

Die angehörte Zeugin habe allerdings nur allgemein eine Aussage zur Üblichkeit des Führens im Reitstall des Beklagten tätigen können, nichts dazu, wie es vor dem streitgegenständlichen Vorfall war. Ferner habe es das Oberlandesgericht unterlassen, zwei von der Klägerin zu der relevanten Frage des Führens des Pferdes vor dem Vorfall (benannt dazu, dass es nicht geführt worden sei) nicht vernommen, obwohl diese Zeuginnen zum Termin auch geladen waren.

Bleibe es also offen, ob die Praktikantin das Pferd vor dem Freilauf ordnungsgemäß vorbereitet habe, gehe dies zu Lastend es Beklagten, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

Ob die Klägerin mit ihrem zweitinstanzlichen Beweisangebot wegen Präklusion ausgeschlossen ist (§ 531 Abs. 2 ZPO), sei mangels von Darlegungen im Berufungsurteil im Revisionsurteil nicht zu entscheiden und müsse (noch) vom Oberlandesgericht nach der Zurückverweisung entschieden werden, wenn es nach erneuter Vernehmung der einen Zeugin wiederum zu der Auffassung gelangt, die Praktikantin habe das Pferd ordnungsgemäß vorbereitet.


BGH, Urteil vom 12.01.2017 -  III ZR 4/16 -