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Mittwoch, 3. Februar 2021

Urteilstenor „früherer Zustand wieder herzustellen“ nicht vollstreckungsfähig

Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass ein Antrag bei Gericht einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Was hilft es dem Kläger, wenn er obsiegt, dann aber den erwirkten Titel nicht durchsetzen kann, da es an dem vollstreckungsfähigen Inhalt ermangelt. Unabhängig davon, dass an sich das Gericht bei fehlender Vollstreckbarkeit eines begehrten Titels darauf hinweisen muss und die Klage im Hinblick auf ein deshalb zu negierendes Rechtschutzbedürfnis abzuweisen hätte, kommt es immer wieder vor, dass der erkennende Richter auf diesen Umstand nicht achtet. 

So auch in dem vom LG Frankfurt am Main zu beurteilenden Fall. Der Gläubiger hatte gegen den Schuldner ein Versäumnisurteil erwirkt, demzufolge der Schuldner „den Anbau/Überbau im Bereich des Gemeinschaftseigentums … zu beseitigen/zurückzubauen und den früheren Zustand wieder herzustellen“ habe. Das Versäumnisurteil wurde rechtskräftig, der Schuldner aber nicht tätig. Nunmehr wollte der Gläubiger im Rahmen der Ersatzvornahme vorgehen und beantragte die Festsetzung eines Kostenvorschusses in Höhe von € 25.000,00, dem das Amtsgericht stattgab. Der dagegen vom Schuldner eingelegten Beschwerde gab das Landgericht (zutreffend) statt.

Zwar ergibt sich ein Anspruch auf Ersatzvornahme in Fällen, in denen der Schuldner zu einer „vertretbaren Handlung“ (§ 887 ZPO), also einer Handlung, die auch durch einen Dritten durchgeführt werden kann, verurteilt wird. Allerdings sah sich hier das Landgericht veranlasst, den Antrag auf die Beschwerde des Schuldners hin zurückzuweisen, da Grundlage nur ein vollstreckungsfähiger Titel sein kann (§ 704 ZPO). Um festzustellen, ob der Titel vollstreckungsfähig ist kann neben dem Tenor auch zur Auslegung des Versäumnisurteils auf die Klageschrift zurückgegriffen werden und das Prozessgericht könne, so das Landgericht, als Vollstreckungsgericht sein Wissen auch aus dem Erkenntnisverfahren mit heranziehen. Verblieben allerdings dann immer noch Unklarheiten im Titel, mit dem dem unbestimmten Antrag gefolgt worden sei, fehle es aber an der Vollstreckungsfähigkeit.

Diese Unbestimmtheit ergab sich vorliegend aus der Formulierung, dass der „frühere Zustand“ wieder hergestellt werden müsse. Es sei schon nicht ersichtlich, welche Veränderungen durch den beanstandeten Anbau/Überbau erfasst seien, erst Recht nicht, wie der frühere zustand gewesen sei, dessen Wiederherstellung erfolgen solle. In der Klageschrift sei die Rede von vom Schuldner entfernten Fenstern, Erweiterung der Außenmauer und Errichtung einer neuen Mauer. Allerdings ließe sich nicht zweifelsfrei feststellen, welche Maßnahmen in welchem Umfang zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlich seien. Das Landgericht verwies auf eine Entscheidung des BGH im Urteil vom 24.02.1978 - V ZR 95/75 -, wonach die notwendige Konkretisierung fehle. wenn lediglich eine Wiederherstellung  begehrt würde und die Prüfung des Sollzustandes damit unzulässig vom Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert würde. Es wäre dem Gläubiger im Erkenntnisverfahren durch Vorlage von Plänen, Bildern, Beschreibungen möglich gewesen, den gewollten Zustand eindeutig zu definieren. Lediglich kleinere Auslegungsschwierigkeiten könnten im Vollstreckungsverfahren behoben werden.

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.11.2020 - 2-13 T 73/20 -

Sonntag, 31. Januar 2016

Werkvertrag: Prognoserisiko bei Mängelbeseitigungsmaßnahme

Die Werkleistungen des Klägers waren in Teilbereichen mangelhaft gewesen. Da der Kläger eine Mängelbeseitigung endgültig ablehnte, nahm der Beklagte nach Einholung eines Gutachtens des Streitverkündeten eine Ersatzvornahme vor, im Rahmen derer er gemäß dem Gutachten den mangelhaften Bodenbelag neu herstellen ließ.

Bild: pixabay
Gegen den mit der Klage vom Kläger geltend gemachten Werklohnanspruch erklärte der Beklagte Aufrechnung mit seinen Aufwendungen für die Mängelbeseitigung. Das Landgericht hielt einen Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung von € 3.138,80 für ausreichend und verurteile den Beklagten im übrigen. Es ging, gestützt auf ein im gerichtlichen verfahren eingeholtes Gutachten, davon aus, dass eine Nachbesserung möglich gewesen wäre und die hier geltend gemachten Mehrkosten der Neuherstellung nicht verlangt werden könnten.

Dem schloss sich das OLG Oldenburg nicht an. Auf die Berufung des Streithelfers änderte es das landgerichtliche Urteil ab und wies die Klage ab, soweit vom Beklagten Kosten für die Neuherstellung zur Aufrechnung gestellt wurden. Es wies auf die Entscheidung des BGH vom 07.03.2013 – VII ZR 119/10 – hin, derzufolge das Prognoserisiko nicht den Besteller sondern den Unternehmer trifft. Der Auftraggeber könne Erstattung der fremdnachbesserungskosten verlangen, die er als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte. Hat er sich dabei sachverständig beraten lassen, kann er regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die  ihm auf Grund der Beratung entstanden sind; das Risiko einer Fehleinschätzung trägt in einem solchen Fall der Auftragnehmer (Werkunternehmer).

Da vorliegend der Streithelfer anerkannter Sachverständiger war, hat der Kläger für die durch dessen Empfehlung entstandenen Kosten unabhängig davon aufzukommen, dass möglicherweise die Maßnahme (so) nicht erforderlich war.

OLG Oldenburg, Urteil vom 04.08.2015 – 2 U 15/15 -