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Samstag, 22. Januar 2022

Kündigung: Empfangsbevollmächtigter bei Erbengemeinschaft als Mieter einer Wohnung

Die Beklagte war Miterbe in einer Erbengemeinschaft, die als Rechtsnachfolger in das Mietverhältnis mit der Klägerin nach dem Ableben des ursprünglichen Mieters eintrat. Mit Schreiben vom 21.09.2020 kündigte die Klägerin der Beklagten als einen der Miterben das Mietverhältnis zum 31.12.2020. In der Räumungsklage wurde eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs mit neun Mieten erklärt. In einem weiteren Schriftsatz vom 02.06.2021 in dem gegen die Beklagte geführten Räumungsprozess kündigte die Klägerin das Mietverhältnis gegenüber allen Erben fristlos, vorsorglich ordentlich.

Voraussetzung für eine Räumungsklage ist, dass eine dieser vorausgegangene Kündigung gegenüber allen Mieter ausgesprochen wird, mithin hier gegenüber allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft. Tatsächlich erfolgte die Kündigung nur gegenüber der Beklagten als ein Mitglied der Erbengemeinschaft. Erstmals im Schriftsatz vom 02.06.2021 wurde die Kündigungserklärung auch gegenüber den Miterben der Beklagten ausgesprochen, die allerdings nicht am Verfahren beteiligt waren.

Das Amtsgericht gab der gegen die Beklagte erhobenen Räumungsklage gleichwohl statt. Es sah das Mietverhältnis (bei bejahten Kündigungsgrund infolge Mietzahlungsverzugs, § 543 Abs. 2 Nr. 3 a und b BGB) als durch die Kündigungserklärung im Schriftsatz vom 02.06.2021 als beendet an. Insoweit nahm es eine passive Vertretungsberechtigung der Beklagten zur Empfangnahme der Kündigungserklärung im Rahmen des Schriftsatzes vom 02.06.2021 unter Bezugnahme auf § 2038 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. BGB. Allerdings enthält S. 1 keinen zweiten Halbsatz. Die Norm des § 2038 BGB betrifft die (gemeinschaftliche) Verwaltung des Nachlasses.

Weiterhin verwies das Amtsgericht auf § 14 Abs. 2 des Mietvertrages. Danach soll zur Wirksamkeit des Zugangs einer Willenserklärung (hier mithin der Kündigung) ausreichend sein, wenn diese gegenüber einem der Mieter ausgesprochen würde. Hier ist vom Amtsgericht nicht thematisiert, ob es sich um eine Empfangsvollmacht in einem Formularmietvertrag handelt. Die Wirksamkeit einer solchen Klausel in einem Formularmietvertrag strittig (vgl. KG, Rechtsentscheid KG vom 25.10.1984 - 8 RE-Miet 4148/84 - und LG München I, Urteil vom 12.10.2016 – 14 S 6395/16 -).

Das Amtsgericht ging von einer Empfangsvollmacht der Beklagten aus und hatte daher der Klage stattgegeben.

Auch wenn man mit dem Amtsgericht von einer wirksamen Empfangsvollmacht ausgehen wollte, so verhilft das Urteil den Vermieter noch nicht weiter. Denn er kann keine Räumung durchführen, insoweit die weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft, die nicht mitverklagt wurden, nicht freiwillig räumen. Dazu würde ihm vorliegend ein auch gegen diese wirkender vollstreckungsfähiger Titel fehlen. Ebenso ist es angezeigt, bei Kenntnis davon, dass mehrere volljährige Personen in der Wohnung wohnen, diese mit zu verklagen, da mit dem Titel gegen den Mieter alleine die Vollstreckung zur Herausgabe der Wohnung nicht vollzogen werden kann.

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.08.2021 - 33 C 100/21 -

Montag, 12. Juli 2021

Die Geltendmachung einer beeinträchtigenden Schenkung nach § 2287 BGB bei Erbengemeinschaft

Der Erblasser und seine bereits vorverstorbene Ehefrau hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und die Klägerin und zwei weitere Personen als Schlusserben und die Tochter eines der Schlusserben als Ersatzschlusserbin eingesetzt. Die Beklagte, eine Nachbarin des Erblassers, überwies von dem Konto des Erblassers einen Betrag von mehr als € 100.000,00 mit dem Verwendungszweck „Schenkung“ und kurze Zeit später von dem Sparkonto des Erblassers einen weiteren Betrag von € 50.000,00 mit dem Verwendungszweck „Übertrag eines Sparbuchs“ auf ihr eigenes Konto. Der Erblasser hatte mit späterer notarieller Urkunde festgehalten, er habe der Beklagten seit 2009 mehrfach größere Geldbeträge zugewandt, da  sich diese, zunächst aus nachbarschaftlichen, später freundschaftlichen Verhältnis, um ihn gekümmert habe. Danach überwies die Beklagte einen weiteren betrag von € 50.000,00 vom Sparbuch des Erblassers auf ihr Konto.

Die Klägerin begehrte die Rückzahlung der Beträge an die Erbengemeinschaft. Das Landgericht gab der Klage (nach Beweisaufnahme) statt, die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrte die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Der BGH hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück. Dabei hate sich der BGH nicht mit der materiellrechtlichen Frage eines Anspruchsgrundes für das Rückforderungsbegehren der Klägerin auseinander gesetzt, sondern damit, ob die Klägerin überhaupt befugt war, diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen.

Zutreffend sei das OLG davon ausgegangen, dass Grundlage eines Anspruchs der Erbengemeinschaft § 2287 Abs. 1 BGB wäre. § 2287 Abs. 1 BGB lautet:

„Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.“

Der Herausgabeanspruch aus § 2287 BGB gehöre zum Nachlass. Seien mehrerer Erben als Schlusserben bestimmt, würde der Herausgabeanspruch ihnen nicht  gemeinschaftlich zustehen, sondern jedem von ihnen nur in Höhe der auf ihn entfallenden Erbquote. Da hier die Klägerin den gesamten Betrag und nicht nur eine auf sie entfallende Quote aus der Erbschaft eingeklagt habe, könne das Urteil keinen Bestand haben, unabhängig davon, ob eine wirksame Schenkung vorlag (die der Klage auch entgegenstehen würde) oder nicht.

BGH, Urteil vom 10.03.2021 - IV ZR 8/20 -

Donnerstag, 4. April 2019

Einsichtsrecht des Miterben ins Grundbuch im Allgemeinen und Wirkung der Bestellung eines Testamentsvollstreckers


Der Beteiligte und Beschwerdeführer war Mitglied einer Erbengemeinschaft nach seinem Vater (Erblasser) geworden. Es bestand Testamentsvollstreckung. Vom Beteiligten wurde u.a. im Rahmen seines Antrags auf Erteilung von Grundbuchauszügen und Einsicht in Grundakten geltend gemacht, der Erblasser habe Wohnungen käuflich erworben (wobei er für seinen Vater den Kaufvertrag als Vertreter abgeschlossen habe und den Kaufpreis an den Verkäufer gezahlt habe), es seien für ihn auch Auflassungsvormerkungen gewahrt. Er benötige die Auskünfte im Zusammenhang mi einem Zivilrechtstreit mit dem Testamentsvollstrecker, in dem dieser ihn auf Zahlung angeblich durch ihn aus dem Nachlass entnommener Mieteinnahmen. Das Grundbuchamt teilte mit Schreiben vom 04.12.2018 mit, eine Auflassungsvormerkung sei nicht gewahrt und lehnte den Antrag des Beteiligten ab.

Der dagegen erhobenen Beschwerde half das Amtsgericht (Grundbuchamt) nicht ab. Das OLG wies die Beschwerde zurück.

Das Einsichtsrecht, welches auch Urkunden und den übrige Inhalt der Grundakten umfasse sowie die Übersendung von Abschriften, setze ein berechtigtes Interesse voraus, § 12 Abs. 1 S. 2 GBO. Dieses sei nicht nur gegeben, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse rechtlicher Natur habe (ihm namentlich ein - aktuelles - Recht am Grundstück zustünde), sondern auch, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan werde, das auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden könne. Das Einsichtsrecht sei begrifflich mit dem materiellen Publizitätsgrundsatz des Grundbuchs verklammert. Im Hinblick auf den Regelungszweck der Norm, dass die Einsicht wegen einer zu erwartenden Teilnahme am Rechtsverkehr im Zusammenhang mit im Grundbuch dokumentierten Rechtsverhältnissen erfolgen kann, sei ein darauf bezogenes Interesse (abgesehen von Sonderfällen des Einsichtsrechts der Presse) erforderlich und habe unter diesem Gesichtspunkt das Grundbuchamt das Interesse an der Einsicht mit dem Recht des Betroffenen auf informelle Selbstbestimmung abzuwägen. Würden Ansprüche gegen den Eigentümer eines Grundstücks behauptet, so sei Einsicht zu gewähren, wenn die Ansprüche aus einem Recht des Einsichtnehmenden am Grundstück herzuleiten seien (z.B. des Mieters um festzustellen, ob dem Vermieter noch weiterer freiwerdender Wohnraum zur Verfügung stehe).

Diene die Grundbucheinsicht der Verwaltung eines Nachlasses, der einer Erbengemeinschaft zusteht, so sei dies von allen Miterben zu beschließen (arg. § 2038 BGB). Sei aber (wie hier) ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, so stünde diesem nach § 2205 die Verwaltung des Nachlasses zu. Dies würde das Recht der Erbengemeinschaft verdrängen, die nur Rechte gegen den Testamentsvollstrecker geltend machen könnten (z.B. Auskunft nach § 666 BGB). Auch soweit der Beteiligte auf einen Rechtstreit verweist, könne sich daraus kein Anspruch ableiten lassen. Denn er lege nicht dar, dass er selbst ein Recht am Grundstück habe, eigene Ansprüche mit einem Recht am Grundstück in Zusammenhang stünden oder Ansprüche durch ein Recht am Grundstück im Grundbuch abgesichert werden sollten. Von ihm behauptete Mieteinnahmen, die vom Testamentsvollstrecker eingefordert worden seien, würden kein eigenes Interesse an der Einsicht begründen können, da dieser nach seinem Vortrag für den Nachlass Zahlungen entgegen genommen hätte, die nach Beendigung des Amtes an die Erbengemeinschaft herauszugeben wären. Nicht vorgetragen worden sei vom Beteiligten, dass auch Dritte Rechte an den Mieteinnahmen geltend machen würden, weshalb er zur Prüfung der Berechtigung Einsicht in das Grundbuch benötige. Sollte es im Zivilrechtsstreit (wie nicht behauptet worden sei) auf Rechte an dem Grundstück ankommen, könnte Urkundsbeweis nach § 432 ZPO durch den Antrag angetreten werden, das Grundbuchamt um Mitteilung des Grundbuchauszugs zu ersuchen.

OLG München, Beschluss vom 27.02.2019 - 34 Wx 28/19 -

Freitag, 15. Januar 2016

Wohnungseigentum: Zustimmungserfordernis auch im Rahmen der Erbauseinandersetzung ?

Der Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG Nürnberg zugrunde lag, ist an sich einfach gelagert und immer wiederkehrend: Nach dem Tot des Wohnungseigentümers traten die Erben in dessen Rechtsstellung ein.
Bild: pixabay
Die Erbengemeinschaft, die nicht (wie auch zutreffend vom OLG Nürnberg festgehalten wird) ein eigenes Rechtssubjekt (wie z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Kapitalgesellschaft) ist, veräußert mithin an einem Dritten, wobei nach der Teilungserklärung zu prüfen ist, ob bei diesem Dritten gegebenenfalls der in der Teilungserklärung vorliegende Ausnahmefall vom Zustimmungserfordernis vorliegt. Das Zustimmungserfordernis, so das OLG Nürnberg, wird nicht dadurch obsolet, dass es sich bei dem Erwerber um ein Mitglied der Erbengemeinschaft handelt. Wird in der Teilungserklärung für die zustimmungsfreie Übertragung auf einen bestimmten Verwandtschaftsgrad abgestellt, so ist aber nach Auffassung des OLG Nürnberg auf die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Erbengemeinschaft abzustellen.

Da vorliegend die Erwerberin als Miterbe auch Tochter eines weiteren Miterben war, nach der Teilungserklärung dieses Verwandtschaftsverhältnis eine Zustimmung nicht als erforderlich ansah, durfte das Grundbuchamt die Auflassung nicht aus dem Grund der fehlenden Zustimmung zurückweisen.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.08.2015 – 15 W 788/15 -