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Mittwoch, 21. Juli 2021

Miete: Zahlung durch Dritte und Erfüllungswirkung (hier: berechtigte Räumungsklage)

Der Hinweisbeschluss des LG Berlin, nach dem die Berufung des Mieters gegen das der Räumungsklage stattgebende Urteil als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen werden soll, ist ebenso kurz wie präzise.  Dabei wird sich (vielleicht) der Mieter bei dem von ihm gewählten Vorgehen nichts weiter gedacht haben, insoweit nicht der Mieter den Mietzins zahlte sondern (für diesen) ein Dritter.

Das Landgericht musste sich mit der Frage auseinandersetzen, wann bei einer Mietzahlung Erfüllungswirkung eintritt. Die ist z.B. bedeutsam auch für  eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen Mietrückstandes; die fristlose Kündigung setzt nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB voraus, dass der Mieter mit der Zahlung von zwei aufeinanderfolgenden Mieten oder einem wesentlichen Teil davon bzw. über einen Zeitraum von mehr als zwei Terminen mit Miete in Höhe von zwei Terminen in Verzug ist. Erfüllte der Mieter, liegt kein Verzug vor. Erfüllung bedeutet, dass durch die Leistung (Zahlung) das Schuldverhältnis erlischt, hier also durch Zahlung der Miete für einen bestimmten Monat der Anspruch des Vermieters auf die Miete.

Der Mieter ist nicht verpflichtet, die Miete selbst z zahlen. Er kann die Miete auch durch Hilfspersonen oder Dritte zahlen lassen, wie auch Dritte – aus welchem Grund auch immer – für den Mieter die Miete zahlen können. Während aber bei einer Zahlung durch den Mieter angenommen wird, dass dieser auf die von ihm geschuldete Miete zahlen will (mangels einer Bestimmung des Mieters, auf was er zahlt, greifen die Regelungen der §§ 366, 367 BGB, wenn sich nicht aus der Art der Zahlung eine Bestimmung ergibt [z.B.: ist die Septembermiete offen und leistet der Mieter pünktlich im Oktober wieder eine Mietzahlung, gilt sie als für Oktober entrichtet und September bleibt offen]). Leistet aber ein Dritter oder eine Hilfsperson, ohne den Zahlungsgrund anzugeben, so führt dies nicht zum Erlöschen der Mietforderung nach § 362 BGB.

Vorliegend hatte der Vermieter wegen Mietrückstandes gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB gekündigt. Der darauf beruhenden Räumungsklage wurde stattgegeben. Im Berufungsverfahren machte der Mieter geltend, Zahlungen eines Dritten vom 07.10. und 08.11.2019 seien auf seine Mieten gezahlt worden. Dies half ihm aber nicht weiter. Zutreffend wies das Berufungsgericht darauf hin, dass bei Zahlung durch Hilfspersonen oder Dritte Erfüllung nur eintreten würde, wenn die Zahlung unter Angabe einer für den Vermieter nachvollziehbaren Tilgungsbestimmung erfolge (BGH, Urteil vom 27.06.2008 - V ZR 83/07 -). Daran habe es ermangelt. Auch wenn nunmehr am 20.10.2020 dies nachgeholt wurde, würde dies nicht die Berufung rechtfertigen können, da erst mit dieser Mitteilung die Erfüllungswirkung des § 362 BGB eingetreten sei und die Schonfrist bei Wohnraum nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB (Zahlung der offenen Miete innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage) längst abgelaufen sei.

Wäre die Erklärung innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB rechtzeitig erfolgt, hätte der Vermieter die Räumungsklage in der Hauptsache für erledigt erklären müssen und wären dem Mieter, der Veranlassung zur Klage gegeben hatte, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen gewesen, § 91a ZPO. Sollte der Vermieter in einem Fall wie dem Vorliegenden die Räumungsklage mit einer Zahlungsklage verbinden oder auch nur Zahlungsklage erheben, müsste er bei einer Nachholung der Tilgungsbestimmung durch den Mieter die Hauptsache im Hinblick auf den Zahlungsanspruch für erledigt zu erklären mit der Rechtsfolge, dass dem Mieter die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen wären. Allerdings hätte der Vermieter, da die Erfüllungswirkung erst mit der Erklärung eingetreten wäre, einen Anspruch auf Verzugszinsen auf die Mietforderung bis zu dem als Erfüllung anzusehenden Datum des Zugangs der Erklärung zu zahlen.

LG Berlin, Beschluss vom 02.03.2021 - 67 S 319/20 -

Montag, 2. Juli 2018

Übergang von Beklagten zur Nebenintervention nach Streitverkündung und Rechtsmittel des Streithelfers


Die Beklagte zu 2. wurde von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht unter der Bedingung einer Erfolglosigkeit ihrer gegen die Beklagte zu 1. erhobenen Klage in Anspruch genommen. Das Arbeitsgericht entscheid die Klage gegen die Beklagte zu 2. nicht (und nach Verkündung und Zustellung des Urteils wurde von keiner der Parteien ein Urteilsergänzungsantrag gestellt). Sie verkündete allerdings der (ehemaligen) Beklagten zu 2. im Berufungsverfahren den Streit und die (ehemalige) Beklagte zu 2. trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei. Das Landesarbeitsgericht wies die Klage gegen die Beklagte zu 1. nach mündlicher Verhandlung, zu der die ehemalige Beklagte zu 2. und zwischenzeitliche Streithelferin der Klägerin nicht geladen wurde, ab. Dagegen erhob die Beklagte zu 2. als Streithelferin der Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde. Die war zulässig und begründet.


Die Streitverkündung sei wirksam, insbesondere die Beklagte zu 2. „Dritter“ iSv. § 72 ZPO. Zwar wurde die Beklagte zu 2. Partei des erstinstanzlichen Verfahrens; die gegen sie erhobene Klage sei aber unzulässig gewesen, da die Klägerin die Beklagte zu 2. nicht unbedingt sondern unzulässig unter einer Bedingung (nämlich für den Fall der Erfolglosigkeit ihrer Klage gegen die Beklagte zu 1.) in Anspruch genommen habe (unzulässige eventuelle subjektive Klagehäufung, BAG vom 23.01.2010 - 2 AZR 720/08 -). Auch wenn durch eine unzulässige Klage ein Prozessrechtsverhältnis begründet würde, sei dieses allerdings nach dem erstinstanzlichen Urteil mangels Antrages auf Urteilsergänzung nach § 321 ZPO nach Ablauf der dafür bestimmten Frist des § 321 Abs. 2 ZPO  entfallen und sei die Beklagte zu 2.  damit Dritter. 

Damit habe die Beklagte zu 2. als Streithelferin der Klägerin zulässig das Rechtsmittel (hier der Nichtzulassungsbeschwerde) eingelegt, auch wenn die Klägerin von diesem Rechtsmittel keinen Gebrauch gemacht habe. Das Rechtmittel des Streithelfers (Nebenintervenienten) sei stets ein Rechtsmittel der Hauptpartei, weshalb sich die Beschwer auch nach dessen Beschwer und nicht nach einer Beschwer des Streithelfers richten würde.

Vorliegend läge der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 4 ZPO vor, der auch als besondere Ausprägung der Versagung rechtlichen Gehörs die Nichtladung zur mündlichen Verhandlung beinhalte, weshalb weder die Partei noch deren gesetzlicher Vertreter hätten  teilnehmen können. Zwar habe die Beklagte nicht als Partei geladen werden müssen, da ihre Parteistellung mit Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 beendet worden sei; allerdings habe die Beklagte zu 2. im Berufungsverfahren die Stellung einer Nebenintervenientin gehabt und wäre damit iSv. § 547 Nr. 4 ZPÜO als „Partei“ zu behandeln gewesen.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wurde aufgehoben und der Rechtsstreit dorthin zurückverwiesen.

BAG, Beschluss vom 26.05.2018 - 8 AZN 974/17 -

Montag, 5. Dezember 2016

Mietrecht: Zeitpunkt der Kenntnis von einem Dritten für eine Räumungsverfügung gem. § 240a Abs. 2 ZPO

Der Verfügungskläger hatte ein Räumungsurteil gegen den Sohn des Verfügungsbeklagten erwirkt. In dem Räumungsprozess wurde im Berufungsverfahren von dem beklagten Sohn und seine Frau vortragen, dass der Verfügungsbeklagte auch auf dem Grundstück aufgenommen worden wäre. Er ist dort seit dem 20.06.2015 gemeldet, wovon der Verfügungskläger am 10.07.2015 erfuhr. Mit Urteil des Landgerichts vom 19.10.2015 wurde die Berufung gegen das Räumungsurteil zurückgewiesen.
Das Amtsgericht hat bereits mit einem Urteil vom 05.10.2015 auf Antrag des Verfügungsklägers den Verfügungsbeklagten auf Räumung und Herausgabe verurteilt. Es bejahte die Zulässigkeit einer Entscheidung durch einstweilige Verfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO mit der Begründung, der Verfügungskläger habe erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom Besitz des Verfügungsbeklagten erfahren.

Die vom Berufungsbeklagten gegen die Entscheidung des Amtsgerichts eingelegte Berufung wurde vom Landgericht zurückgewiesen.

Insbesondere sei der Verfügungsbeklagte Dritter iSv. § 940a Abs. 2 ZPO. Dritter sei jeder, der nicht mit dem Mieter identisch ist und mit dessen Willen oder dessen Duldung Besitz oder Mitbesitz habe. Dies gelte auch für Ehe- und Lebenspartner sowie andere Familienangehörige, soweit es sich nicht, wie bei minderjährigen Kindern, um Besitzdiener handele. Ein Indiz für den Besitz sei hier die Anmeldung des Verfügungsbeklagten.

Nach Auffassung des Landgerichts musste der Verfügungskläger auch nicht im Berufungsrechtszug betreffend der Räumungsklage eine Klageerweiterung gegen den Verfügungsbeklagten vornehmen, da es für die Kenntnis nach § 940a Abs. 2 ZPO nach seiner Ansicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren ankommt. Die Kommentierung würde bei dem Begriff „Schluss der mündlichen Verhandlung“ überwiegend nicht auf die Frage der Instanz eingehen.  Das LG Berlin würde ein Abstellen auf die letzte mündliche Verhandlung in erster Instanz nicht abstellen, während z.B. bei Schmidt-Futterer darauf abgestellt würde.

Das LG Frankfurt/Oder schließt sich der Auffassung von Schmidt-Futterer an. Es bezieht sich auf die Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drs. 17/11894, S. 25, rechte Spalte), wonach dem Vermieter das Instrument des § 940a Abs. 2 ZPO nur dann an die Hand gegeben werden soll, wenn er mangels Kenntnis nicht schon das Hauptsacheverfahren auf den Mitbesitzer erstrecken konnte. Diese Erstreckung wäre im Berufungsverfahren nur im Wege der Parteierweiterung möglich, die dort nach §§ 533, 263 ZPO weitgehenden Beschränklungen unterliege. So bedarf sie der Zustimmung des neuen Beklagten, die nur dann entbehrlich sei, wenn sie rechtsmissbräuchlich sei. Damit läge, anders als vom LG Berlin angenommen, eine von § 767 Abs. 2 ZPO abweichende Konstellation vor. Es wäre hier im Rahmen des § 940a Abs. 2 ZPO unangemessen, den Vermieter auf die ungewisse Möglichkeit der Parteierweiterung zu verweisen, weshalb maßgeblicher Zeitpunkt derjenige des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz ist.


LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 18.04.2016 – 16 S 151/15 -

Sonntag, 29. Dezember 2013

Räumung Dritter nach § 940a Abs. 2 ZPO - auch für Gewerberäume ?

Die Vorschrift des § 540a Abs. 2 ZPO ist an sich klar und unzweideutig:

“Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.”
Vor diesem Hintergrund haben auch sowohl das LG Köln mit Beschluss vom 12.06.2013 – 1 T 147/13 – als auch das Kammergericht mit Beschluss vom 05.09.2013 – 8 W 64/13 -  die Zulässigkeit einer einstweiligen verfügung gegen Dritte auf Räumung von Gewerberäumen negiert. Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 27.06.2013 – 334 O 104/13 – die Zulässigkeit einer entsprechenden einstweiligen Verfügung bejaht. Die Abweichung vom Gesetzeswortlaut wird damit begründet, dass die Wertunen des § 940a Abs. 2 ZPO auch für Gewerberäume zu berücksichtigen sei und von daher, wenn entsprechendes für Wohnraum gilt, es erst recht bei Gewerberäumen möglich sein müsse.
Die Entscheidung des LG Hamburg verkennt Grundprinzipien der zulässigen Analogiebildung und der Beachtung der Deutlichkeit des Gesetzes. § 940a ZPO ist nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich für Wohnräume normiert. Der Gesetzgeber hätte bei der Regelung ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, die Vorschrift auch auf Gewerberäume auszudehnen. Davon hat er keinen Gebrauch gemacht.
Die Judikative ist an Recht und Gesetz gebunden. Sie hat nicht die Aufgabe eines “zweiten Gesetzgebers”. Zwar hinder dies den Richter nicht, das Recht fortzuentwickeln (BverfG vom 15.01.2009 – 2 BvR 2044/07 -). Die maßgebliche gesetzgeberische Grundentscheidung, an die die Gerichte verfassungsrechtlich gebunden sind, trifft aber der Gesetzgeber (BVerfG vom 26.09.2011 – 2 BvR 2216/06 -).  Unzulässig ist es, auf Grund allgemeiner Überlegungen (wie sie hier das LG Hamburg anstellte) eine gesetzgeberische Regelung geradezu auf den Kopf zu stellen (BGH vom 19.04.1987 – VIII ZR 251/86 -).  Die Ausdehnung der Norm auch auf Gewerberäume lässt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien heraus begründen. Dies aber wäre notwendig, um für die Entscheidung im Rahmen einer Rechtsfortbildung eine verfassungsrechtlich gesicherte Grundlage zu haben.  Es liegt ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot vor,