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Dienstag, 11. Mai 2021

Rückstauschaden durch Mangel der Kanalisation und (verneinte) Amtshaftung

Deliktische Ansprüche gegen den öffentlich-rechtlichen Wasserwirtschaftsverband gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB iVm Art 34 S. 1 GG scheitern nach Auffassung des BGH auch denn, wenn bei umbaubedingter Verjüngung der Abwasserleitung infolge einer objektiven und vorwerfbaren Pflichtverletzung des Verbandes zu einem Rückstauschaden bei einem Anlieger kommt. Auch die Haftung des beauftragten Tiefbauunternehmers scheide in diesem Fall aus. Der Schaden läge außerhalb des Schutzbereichs der im Zusammenhang mit der Durchführung der Bauarbeiten möglicherweise verletzten Pflichten. Der betroffene Anlieger habe  nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen dürfen, vor Rückstauschäden bewahrt zu bleiben, die durch übliche, vom Anlieger selbst vorzunehmende Sicherungsvorrichtungen hätten verhindert werden können.

Der Schutzzweck der verletzten Amtspflicht diene der inhaltlichen Bestimmung und sachlichen Begrenzung der Amtshaftung. Deshalb sei eine Pflichtverletzung als solche noch nicht geeignet, einen Ersatzanspruch zu begründen, da noch hinzukommen müsse, dass das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll.

Unabhängig davon, ob ein Kanalnetz zum Schadenszeitpunkt unterdimensioniert sei, bestünde zur Vermeidung von Rückstauschäden die Besonderheit, dass der Grundstückeigentümer selbst verpflichtet sei, geeignete Vorkehrungen gegen einen Rückstau bis zur Rückstauebene (also die Straßenoberkante) zu treffen. Zur Begründung verwies der BGH darauf, dass es selbst ordnungsgemäß geplanten und ausgeführten Kanalsystemen immer wieder (so aufgrund selten auftretender heftiger Regenfälle) zu einem Rückstau käme und der Anlieger deshalb damit rechnen müsse, dass zeitweise auf seine Leitungen ein Druck einwirken könne, der bis zur Straßenoberkante reiche. Der Anlieger dürfe nicht darauf vertrauen, dass er vor Rückstauschäden bewahrt würde, die bei normalen, durch die üblichen Sicherungsvorkehrungen auszugleichenden Druckverhältnisse entstehen würden.

Es käme auch nicht darauf an, ob der Rückstau durch dauerhafte Unterdimensionierung (so durch fehlerhafte Planung) der Kanalisation oder durch zeitlich begrenzte Arbeiten (evtl. dort bei einer ungenügenden Absicherung einer provisorischen Wasserableitung) an dem Kanalsystem verursacht würde. Es sei ein Wertungswiderspruch bei dauerhaft auswirkender Falschplanung das Fehlen einer anschlussseitigen Sicherung vom Schutzzweck der Pflicht zur ausreichenden Dimensionierung der Kanalisation auszunehmen, dies aber bei einer vorrübergehenden Maßnahme zu verneinen.

Einschränkend führte der BGH aus, dass jedenfalls dann, wenn die einschlägige Satzung eine Verpflichtung zur Rückstausicherung versehe, der Träger des Kanalnetzes (und auch der beauftragte Tiefbauunternehmer) darauf vertrauen dürfe, dass sich der Anlieger vor einem in verschiedenen Konstellationen möglichen Rückstau sichert. Im zu entscheidenen Fall sah dies die kommunale Satzung vor, indem diese den Anlieger verpflichtete Ablaufstellen unterhalt der Rückstauebene durch Rückstausicherungen einzubauen und dies auch zum Zeitpunkt des Baus des Hauses des Klägers  bereits geregelt war. Mit dieser Satzungsnorm soll der Anlieger vor Schädigungen durch Rückstau bewahrt werden. Sowohl der Wasserwirtschaftsverband als auch der Tiefbauunternehmer hätten darauf vertrauen dürfen, dass die notwendige Rückstausicherung eingebaut sei und funktioniere.

Es gäbe auch keine kostenmäßige Begrenzung für die vom Anlieger vorzunehmende Sicherung. Vielmehr läge die konkrete Entwässerungssituation ebenso wie die Auswahl der Rückstausicherung in der Risikosphäre des Anliegers.

BGH, Urteil vom 19.11.2020 - III ZR 134/19 -

Samstag, 13. Februar 2021

Haftung des Landes bei Riss von Schafen durch einen Wolf ?

 

Die Kläger, Schafhalter und -züchter, machten gegen das Land Schleswig-Holstein Ansprüche wegen Verlustes von 12 Schaden geltend, der durch mehrere Angriffe eines Wolfs auf deren Schafherde im Zeitraum 25.10 bis 16.11.2018 entstand. Es kam zu Verhandlungen über die Art der Einzäunung bzw. des Zaunmaterials und schließlich zur Errichtung (zusammen mit Mitarbeitern des Landes) mit elektrischen Weidezäunen gesicherten Nachtpferches. Es wurde festgestellt, dass für die Risse der Wolf GW924 verantwortlich war. Nachdem dieser in der Folge bei einem anderen Halter einen als wolfssicher eingestuften Zaun überwand, wurde vom Land im Januar 2019 die Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zur Tötung des Wolfes erteilt. Er wurde im Januar 2020 überfahren.

Die Kläger behaupteten, durch die Wolfsangriffe sei es zum Verlammen (Abort) bei 140 trächtigen Schafen gekommen. Dafür begehren sie Schadensersatz und weiterhin Feststellung, dass das Land zum Ersatz von Schäden durch Wolfsangriffe verpflichtet sei. Die Klage wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Das OLG erließ einen Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO, demzufolge es beabsichtige, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen (was dann auch in der Folge mit Beschluss vom  03.11.2020 erfolgte.

Wie das Landgericht negierte das OLG einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG wegen Amtspflichtverletzung durch das Land. Es gäbe keine gesetzliche Grundlage für eine Verpflichtung, eine Anwesenheit von Wölfen in Schafzuchtgebieten in Schleswig-.Holstein zu verhindern. In Betracht käme nur eine Genehmigung zum Töten von Wölfen auf der Grundlage des § 45 Abs. 7 Nr. 1 BNatSchG als Ausnahme vom hier einschlägigen Tötungsverbot für besonderes geschützte Arten nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Diese Ausnahme greife in Einzelfällen, um ernste landwirtschaftliche Schäden abzuwenden. Eine entsprechende Genehmigung habe das Land nicht pflichtwidrig unterlassen, sondern erteilt.

Ob eine Genehmigung erteilt wird läge im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Zwar hätten die Kläger einen Anspruch auf richtige Ermessensausübung. Diesen sah das OLG hier aber als gegeben an. Die Abschussgenehmigung sie erteilt worden, nachdem der Wolf eine als wolfssicher geltende Schutzmaßnahme überwunden habe. Erst damit fehlten ersichtlich geeignete Maßnahmen, um landwirtschaftliche Schäden durch dieses Tier abzuwenden. Mithin habe auch erst zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzung für die Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG vorgelegen. Das OLG weist (wohl hilfsweise) darauf hin, dass hier eine frühere Genehmigung auch nicht nachweislich geholfen hätte, da selbst nach der Genehmigung eine Tötung des Wolfes nicht gelungen sei.

Ferner würde auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Enteignung oder des enteignungsgleichen Eingriffs bestehen, da ein solcher seitens des Landes nicht vorgelegen habe. Nicht ein Handeln des Landes habe zu den behaupteten Schäden geführt. Ein positives Handeln sei aber für einen Eingriff im enteignungsrechtlichen Sinne erforderlich; nicht ausreichend sei ein reines Unterlassen und Untätigbleiben. Hier habe das Land nicht getan, um die Wolfspopulation im Land zu fördern. Ferner wäre erforderlich, dass das Land unmittelbar in das Eigentum eingreift, was hier auch nicht erfolgt sei.

Ebenfalls wäre auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt gegeben, dass das Eigentum und die Berufsfreiheit der Kläger zu schützen sei. Diesem Schutz sei das Land durch die Leitlinien zur Gewährung von Billigkeitsleistungen im Artenschutz mit den Verwaltungsvorschriften zur Entschädigung von Landwirten für Wolfsangriffe und der Unterstützung bei der Schaffung von Schutzmaßnahmen entsprochen. Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass eine Schutzpflichtverletzung bestünde, würde dies mangels einer entsprechenden gesetzlichen Norm nicht eine Entschädigungs- oder Ausgleichsanspruch begründen können. Derartiges könne nicht durch Richterrecht eingeräumt werden (BGH, Urteil vom 10.12.1987 - III ZR 220/86 -).

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 24.09.2020 - 11 U 61/20 -

Freitag, 28. September 2018

Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde für Radwege


Der Kläger befuhr am 01.11.2015 einen mit Herbstlaub flächendeckend bedeckten Radweg. Im Bereich einer Kreuzung, an der der Radweg versetzt lief, war der Bordstein mit Laub verdeckt gewesen und er stürzte beim Überfahren des Bordsteins. Die beklagte Gemeinde hatte zuletzt den Straßenabschnitt am 26.10.2015 von Laub geräumt. 

Seine auf Schmerzensgeld und Feststellung materieller und immaterieller Schäden gerichtete Klage wurde vom Landgericht abgewiesen. Das OLG beabsichtigte die Berufung nach § 522 ZPO zurückzuweisen.

Nach Auffassung des OLG sei eine Amtspflichtverletzung der Beklagten nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG , die einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen könne, nicht ersichtlich. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht orientiere bei der Benutzbarkeit von Straßen- und Wegeflächen nach den Umständen des Einzelfalls, wobei Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges ebenso wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs zu berücksichtigen seien. Die Sicherungspflichten stünden unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit, wobei sich der Straßenverkehr den Straßenverhältnissen anpassen müsse (BGH, Urteil vom 08.04.1970 - III ZR 167/68 -; vom 05.07.1990 - III ZR 217/89 - und vom 01.07.1993 - III ZR 88/92 -).

Die Gemeinde schulde im Rahmen der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht nicht ein generelles Reinhalten sämtlicher Straßen- und Wegeflächen von jeglichen Laubbefall. Dies würde im Hinblick die Grenzen des Zumutbaren überschreiten und könne nicht sichergestellt werden, da im Herbst jederzeit größere Laubmengen anfallen könnten und bei Wind an bestimmten Stellen zusammengetragen werden könnten. Ein Reinigungsintervall von einer Woche, welches ausreichend sei (KG, Urteil vom 11.10.2005 - 9 U 134/04 -; das LG Wiesbaden hält auch längere Fristen für möglich, Urteil vom 16.11.2007 - 7 O 217/07 -) ,  sei auch nicht überschritten worden. Häufiger sei eine Reinigung nur notwendig, wenn besondere Mengen von Laub und eine damit verbundene Rutschgefahr oder durch eine starke Frequentierung dies erforderlich würde. Vorliegend sei eine entsprechende Verkehrsbedeutung des Radweges nicht ersichtlich.

Die Menge von Laub habe hier auch nicht zu einer vorzeitigen Reinigungsmaßnahme gezwungen. Dies sei nur der Fall, wenn sich letztlich an einer Stelle derart viel Laub ansammeln würde, dass ein Durchkommen nicht mehr möglich sei. Hier aber sei lediglich der Boden abgedeckt gewesen. Es würde dem Regelfall entsprechen, dass durch am Boden liegendes Laub dazu führe, dass Hindernisse unter dem Laub nicht gesehen werden könnten.

Selbst würde man eine Verkehrssicherungspflichtverletzung annehmen wollen, läge ein gravierendes, die Haftung der Gemeinde ausschließendes Mitverschulden (§ 254 BGB) des Klägers vor. Ein Verkehrsteilnehmer müsse immer damit rechnen, dass unter dem Laub Hindernisse sind, und diesen Bereich meiden oder besondere Vorsicht obwalten lassen. Vorliegend habe sich der Vorfall zudem an einem Kreuzungsbereich ereignet, in dem mit Bordsteinkanten zu rechnen sei. Selbst wenn der Kläger den Verlauf des Radweges infolge des Laubbefalls nicht erkannt habe, könne er nicht blindlings auf einen bestimmten Verlauf vertrauen.

Das OLG beabsichtigte, die Berufung zurückzuweisen.

OLG Bremen, Beschluss vom 13.04.2018 - 1 U 4/18 -

Freitag, 1. April 2016

Keine Amtshaftung bei Verzögerung der Kostenfestsetzung durch das Gericht ?

Die Klägerin (Beklagte des Ursprungsverfahrens) machte vor dem LG Frankenthal Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG geltend. Streitgegenständlich waren von ihr zu zahlende Zinsen im Zusammenhang mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen aus dem Ursprungsverfahren, da sich das für dieses Verfahren zuständige AG Speyer mit der Festsetzung zwei Jahre Zeit ließ. Die Klage wurde abgewiesen, die Berufung nicht zugelassen.
Bild: pixavbay

In dem Ursprungsverfahren vor dem AG Speyer hatte die dort obsiegende Partei mit Eingang am 24.04.2013 bei dem Amtsgericht einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Hierüber wurde die Klägerin des Amtshaftungsprozesses als unterlegene Partei des Ursprungsverfahrens erst zusammen mit der Überlassung des erst am 30.04.2015 erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlusses informiert. Entsprechendes gilt für den weiteren Kostenfestsetzungsantrag der obsiegenden Partei, der am 26.11.2013 bei dem Amtsgericht einging und erst zusammen mit dem am 02.09.2015 verkündeten Kostenfestsetzungsbeschluss durch das Amtsgericht entschieden wurde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da nach seiner Auffassung eine Amtspflichtverletzung gegenüber der Klägerin als unterlegener Partei des Ursprungsverfahrens nicht vorläge. Der zuständige Beamte habe zwar die Amtspflicht zu einer zügigen Bearbeitung; dies ergäbe sich aus dem Justizgewährungsanspruch des  Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG. Allerdings bestehe dies Amtspflicht lediglich gegenüber dem Antragssteller und nicht dem Antragsgegner (hier die Klägerin des Amtshaftungsprozesses) als Kostenschuldner. Außerdem, so das Landgericht, habe auch die Klägerin in dem Ursprungsverfahren keine Anstrengungen unternommen um sich nach einem etwaigen Bearbeitungsstand eines zu erwartenden Kostenfestsetzungsverfahrens zu erkundigen.

Anmerkung:   Die dogmatische Begründung des Landgerichts lässt eher auf einen Versuch einer krampfhaften Verhinderung von Amtspflichtansprüchen im Zusammenhang mit zeitlich begründeten Umständen schließen, als auf einer rechtlich verantwortlichen Aufbereitung.

Dies fängt bereits an mit der Frage, wem gegenüber die Amtspflicht zur gebotenen Beschleunigung (die auch vom Landgericht erkannt wurde) obliegt. Hier negiert das Landgericht eine Amtspflicht gegenüber dem Kostenschuldner. Begründet wird vom Landgericht lediglich damit, dass Sinn der Verfahrensgestaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens die zügige Schaffung eines vollstreckungsfähigen Titels für den Kostengläubiger, die die Verkürzung einer Zinszahlungspflicht für den Kostenschuldner wäre. Diese Auffassung des Landgerichts erschließt sich allerdings nicht aus den rechtlichen Grundlagen, auch nicht jenen, auf die sich das Landgericht selbst bezieht.  Im Gegenteil. Das Landgericht hat im Hinblick auf die allgemeine Amtspflicht zur Verfahrensbeschleunigung Bezug genommen auf einen Aufsatz von Remus (in NJW 2012, 1403ff). In diesem Aufsatz hat sich Remus mit der Amtshaftung des Richters bei verzögerter Amtstätigkeit vor und nach Einführung der §§ 198ff GVG auseinandergesetzt, ohne allerdings die entsprechende Differenzierung zwischen Kläger/Antragsteller und Beklagter/Antragsgegner vorzunehmen. Grundlage ist, worauf auch Remus (aaO.) verweist, Art 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK:

„Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.

„Jede Person“ bedeutet, eine Differenzierung zwischen dem Interesse eines Klägers(Antragstellers und dem Beklagten/Antragsgegner hat zu unterbleiben. Damit ist auch die Amtspflicht nach § 839 BGB iS. der Konvention auszulegen. Dies hat das Landgericht verkannt. Vergleicht man zudem auch die §§ 198ff GVG, die 2011 eingeführt wurden, verdeutlicht sich, dass auch nach der gesetzgeberischen Intention bei der Verzögerung für einen Schadensersatzanspruch in Übereinstimmung mit Art. 6 EMRK nicht auf die Parteistellung abgestellt wird.

Offenbar hatte das Landgericht bei seiner Entscheidung in Bezug auf den Begünstigten einer Amtspflicht selbst Bedenken und hat dann  - mit einem kurzen Nachsatz -  ein Eigenverschulden der Klägerin darin gesehen, dass diese es unterließ, auf den Stand eines „zu erwartenden“ Kostenfestsetzungsantrag zu erkundigen. Damit gibt das Landgericht den Parteien eines Rechtstreites weiterhin eine Überprüfung von Aktenständen qua Anfragen bei Gericht auf.

Schon nicht ersichtlich ist allerdings, weshalb eine Partei sich im Falle ihres Unterliegens nach einem möglichen Eingang eines Kostenfestsetzungsantrag erkundigen sollte, kann sie doch an sich davon ausgehen, dass die /Gerichts-) Verwaltung korrekt und gesetzesmäßig arbeitet, also über mögliche Anträge informiert. Und: In welchen Abständen soll dies widerholt  werden ? Die Kostenentscheidung in einem Urteil verjährt erst nach 30 Jahren; innerhalb dieser Frist kann mithin der Kostenfestsetzungsantrag gestellt werden. Sieht eine Partei  - aus welchen Gründen auch immer -  von einer Antragstellung ab, müsste nach dieser Entscheidung des Landgerichts die unterlegene Partei gleichwohl regelmäßig (monatlich ?) nachfragen. Dass dies zu einem erheblichen Mehraufwand, sowohl bei der betroffenen Partei (und deren Prozessbevollmächtigten) als auch bei Gericht führt (wobei die Anfragen in Ansehung von zu erwartenden Nichtbeantwortungen letztlich wohl gar noch durch Dienstaufsichtsbeschwerden unterlegt werden müssten) dürfte ohne weiteres auf der Hand liegen. Allerdings ist auch nicht einsichtig, dass bei Unkenntnis eine Anfrage zur Absicherung erfolgen müsste; etwas anders wäre nur der Fall, wenn ein Antrag bekannt ist und eine Verbescheidung ausbleibt; in diesem Fall wird man eine Anfrage (oder Rüge iSv. § 198 GVG) wohl erwarten dürfen.

Das Landgericht hatte (leider) ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung nicht zugelassen, weshalb hier eine obergerichtliche Überprüfung nicht ermöglicht wurde. Die Konsequenz wird wohl sein, dass tatsächlich zeitnah (und wiederholend) Anfragen zu möglichen Kostenfestsetzungsanträgen gestellt werden müssen (zur Freude des Anwalts und der Rechtspfleger). 

LG Frankenthal, Urteil vom 24.02.2016 - 3 O 395/15 -