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Dienstag, 26. November 2019

Handelsvertreter: Buchauszug und Datenschutz


Das OLG München musste sich in einem Berufungsverfahren u.a. mit der Frage befassen, ob die Erteilung eines Buchauszugs an den Handelsvertreter (bzw. Versicherungsvertreter) überhaupt (noch) zulässig ist. Die Betrachtung erfolgte unter Berücksichtigung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

§ 87c Abs. 2 HGB normiert einen Rechtsanspruch des Handels- bzw. Versicherungsvertreters gegen den Geschäftsherrn auf Erteilung eines Buchauszugs. Damit könnte diese Norm mit dem Datenschutz im Widerspruch stehen. So verwies das OLG darauf, dass weder der Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. b DSGVO nicht erfüllt sei, da die Übermittlung des Buchauszugs gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO eine „Verarbeitung“ von Daten iSv. Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO darstelle. Die Übermittlung sei nicht zur Erfüllung eines Vertrages erforderlich, dessen Vertragspartner die betroffene Person sei. Betroffen sei nur der Kunde  des Versicherungs- oder Handelsdienstleisters, und  der Handels- bzw. Versicherungsvertreter sei nur für den Geschäftsherrn tätig, ohne selbst in den Vertrag eingebunden zu sein. Die Erteilung des Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB zur Erfüllung des Vertrages zwischen dem Geschäftsherrn und dem Kunden erforderlich.

Ebensowenig könne hier eine Berechtigung aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. c) DSBVO hergeleitet werden. Unabhängig davon, ob es sich bei der Verpflichtung des Geschäftsherrn um eine „rechtliche Verpflichtung“ dem Handels- bzw. Versicherungsvertreter gegenüber handele, sei weiter erforderlich, dass die Erteilung im öffentlichen Interesse läge. Fies sei aber nicht der Fall; die Erteilung des Buchauszugs erfolge lediglich zur Realisierung des Vergütungsanspruchs des Handels-/Versicherungsvertreters und diene daher nur individuell-privaten Interessen. Diese aber seien von Art. 6 Abs. 3 S. 4 DSGVO gerade nicht umfasst.

Allerdings greife der Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f DSGVO. Danach sei die Übermittlung der Daten an einen Dritten gestattet, wenn dies zur Wahrung der berechtigten Interessen des Dritten erforderlich sei, sofern nicht dagegen stehende Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person (hier des Kunden) stünden. Die Übermittlung erfolge im Vergütungsinteresse des Handels-/Versicherungsvertreters und bei diesem handele es sich um ein berechtigtes Interesse eines Dritten, da es aus einer erlaubten unternehmerischen Tätigkeit des Vertreters folge und das Recht zur Gewinnerzielung umfasse. Dies sei auch ausdrücklich in Art. 16 EUGRCh anerkannt worden. Zudem sähe die europäische Rechtsordnung (auf der die DSGVO beruht) auch ausdrücklich in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom 18.12.1986 zu Koordination der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten (86/653/EWG) betreffend selbständiger Warenhandelsvertreter auch ausdrücklich einen Anspruch desselben auf einen Buchauszug zur Prüfung seines Provisionsanspruchs vor, weshalb es sich hier um ein europarechtlich geschütztes Interesse iSv. Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f DSBVO handele. Auch wenn sich die Regelung in der Richtlinie nur auf Warenhandelsvertreter beziehe, sei die gleichlaufende Interessenslage eines sonstigen Handels- bzw. Versicherungsvertreters nicht weniger schützenswert.
Der Buchauszug diene der Verfolgung und Realisierung (Prüfung) des Provisionsanspruchs des Handels-`/Versicherungsvertreters, dem ohne den Buchauszug eine Realisierung eines möglichen Anspruchs erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht würde. Es würde nicht verkannt, dass mit dem Buchauszug Daten betroffener Personen übermittelt würden, die höchst sensibel sein könnten, wie z.B. Gründe für die Stornierung eines Versicherungsvertrages (so u.a. Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers wegen krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit).

Bei der gebotenen Abwägung sei zunächst von den Erwägungsgründen in der DSGVO selbst auszugehen. In dem Erwägungsgrund 47 würde auf die Beziehung eingegangen sowie die Erwartbarkeit der Datenverarbeitung der betroffenen Person. Hier käme die Beziehung zwischen dem Geschäftsherrn und dem Kunden nur durch den Handels-/Versicherungsvertreter zustande, weshalb für den Kunden absehbar sei, dass der Geschäftsherr die Daten verarbeitet und an den Vertreter weitergäbe. Denn auch einem geschäftsunerfahrenen Kunden müsse klar sein, dass der Vertrag durch den Vertreter vermittelt würde und dieser dafür ein Entgelt erhält und der Abgleich einen Datenaustausch erforderlich mache. Diese hohe Erwartbarkeit spräche bereits für ein überwiegendes Interesse an der Offenlegung der Daten durch den Vertreter.

Zudem würde die DSGVO allgemein dem Zweck der Verfolgung von Rechtsansprüchen ein hohes Gewicht beimessen. So sei nach Art. 21 Abs. 1 S. 2 DSGVO ein Widerspruchsrecht der betroffenen Person gegen sie betreffende personenbezogene Daten ausschließen, wenn die Verarbeitung der Geltendmachung von Rechtsansprüchen des Verantwortlichen diene. (Anm.: Man stelle sich ein Versandgeschäft vor. Nach Versendung wird die Ware vom Kunden nicht gezahlt und er widerspricht der Nutzung seiner personenbezogenen Daten. Dies hindert Art. 21 Abs. 1 S. 2 DSFVO, damit der Händler noch die Daten zur Geltendmachung seines Anspruchs nutzen kann).  

Damit sei die Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 Bucht. f DSGVO zulässig.

OLG München, Urteil vom 31.07.2019 – 7 U 4012/17 -

Dienstag, 20. September 2016

Versicherungsmakler: Unerlaubte Rechtsberatung bei Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers

Der beklagte Versicherungsmakler wurde von der Rechtsanwaltskammer Köln (Klägerin) auf Unterlassung in Anspruch genommen, schadensregulierend, wie in einem bestimmten Schreiben des Beklagten, tätig zu werden. In diesem Schreiben hatte der Beklagte mitgeteilt, der zuständige Versicherer habe ihn mit der Schadensregulierung beauftragt. Weiterhin heißt es, dass die versicherte Firma bis zum Zeitwert des beschädigten Objekts unter Berücksichtigung dessen Alter und Gebrauchs Ersatz zu leisten habe. Da die Anschaffungsrechnung vom geschädigten Anspruchsteller nicht vorgelegt werden konnte, obwohl er zum Nachweis der Schadenshöhe verpflichtet sei, würde von dem Betrag ein Abzug neu für alt vorgenommen; Reinigungskosten wären dabei bereits berücksichtigt (es erfolgt ein Verweis auf Entscheidungen von zwei eines Amtsgerichten).


Die Klage wurde vom Land- und Oberlandesgericht abgewiesen. Die Revision der Anwaltskammer war erfolgreich.

Auszugehen sei von der Definition des Versicherungsmaklers in § 59 Abs. 3 VVG. Dieser sei für den Auftraggeber geschäftsmäßig mit der Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen beauftragt, ohne von einem Versicherer oder Versicherungsvertreter damit beauftragt worden zu sein. Eine Doppeltätigkeit als sowohl für den Versicherungsnehmer als auch den Versicherer sei mit dem Leitbild nicht vereinbar. Dementsprechend würde auch § 34d Abs. 1 GewO zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter unterscheiden. Nur beim Versicherungsvertreter gehöre es zu dessen Aufgaben, den Versicherungsvertrag nach Abschluss desselben weiter zu betreuen, evtl. den Versicherungsnehmer rechtzeitig auf Anpassungsbedarf usw. hinzuweisen und den Versicherungsnehmer im Schadensfall sachkundig zu beraten. Der Versicherungsmakler sei Sachwalter des Versicherungsnehmers und stehe „in dessen Lager“ und nicht, wie der Versicherungsvertreter, im Lager des Versicherers. Im Schadensfall könne der Versicherungsmakler im Rahmen des § 5 RDG für den Versicherungsnehmer, nicht für den Versicherer, schadensregulierend tätig werden.

Dies gelte auch im Falle des (vorliegenden) Haftpflichtrechts, da die Interessen des Versicherers und des Versicherungsnehmers nicht korrespondieren müssen. Während der Versicherer regelmäßig ein Interesse daran habe, den zu regulierenden Schadensaufwand möglichst gering zu halten, kann, muss dies aber nicht notwendig bei dem Versicherungsnehmer der Fall sein. Der BGH verweist darauf, dass der Versicherungsnehmer häufig ein Interesse daran hat, dass ein Schaden möglichst rasch und unproblematisch im Interesse seines geschädigten Kunden abgewickelt wird, er also nicht in weitere Kritik seines Kunden gerät.

Auch wäre zweifelhaft, ob es sich hier um eine Nebentätigkeit des Versicherungsmaklers handele. Dies deshalb, da die Regulierung durch den Versicherungsmakler nicht auf einem Vertragsverhältnis mit seinem Auftraggeber, sondern auf einem gesonderten Vertrag mit dem Versicherer beruht.

Neben § 5 RDG würde der Tätigkeit des Versicherungsmaklers auch § 4 RDG entgegenstehen. Der Rechtsdienstleistung steht hier der mögliche Interessenskonflikt des Versicherungsmaklers entgegen, der eine ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es zu den Aufgaben des Versicherungsmakler gehöre, bei einer für den Versicherungsnehmer unbefriedigenden Regulierung durch den Versicherer zu einem Wechsel des Versicherers zu raten, was dem Interesse des Versicherers entgegensteht.


BGH, Urteil vom 14.01.206 – I ZR 107/14 -