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Donnerstag, 21. November 2019

Mieterhöhungsverlangen unter Bezugnahme auf Mietspiegel einer Nachbargemeinde


Die Wohnung lag in der Stadt Stein (für die es keinen Mietspiegel gab, §§ 558c und 558d BGB), die unmittelbar an das westliche Gemeindegebiet von Nürnberg angrenzt. Zur Begründung der Mieterhöhung nahm die Klägerin Bezug auf den Mietspiegel von Fürth. Die Klage wurde in allen Instanzen zurückgewiesen.

Kernpunkt war, ob die Klägerin zur Begründung der Mieterhöhung zulässig auf den Mietspiegel von Fürth abstellen durfte. Nach der Feststellung des Landgerichts, der der BGH folgte, sei der Mietspiegel der Stadt Fürth zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens für das in der Stadt Stein belegene Mietobjekt nicht geeignet und würde daher das Mieterhöhungsverlangen nicht den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 S. 2 BGB genügen.

Das Mieterhöhungsverlangen ist vom Vermieter zu begründen, § 558a Abs. 1 BGB, damit der Mieter prüfen die sachliche Berechtigung prüfen könne um überflüssige Prozesse zu vermeiden. Allerdings dürften an das Begründungserfordernis in Ansehung von Art. 14 Abs. 1 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es müssten allerdings in formeller Hinsicht Angaben über Tatsachen erfolgen, aus denen das Erhöhungsbegehren  hergeleitet würde, denen der Mieter nachgehen und zumindest ansatzweise prüfen könne. Dabei sei der Mietspiegel einer anderen Gemeinde nur dann taugliches Mittel der Begründung, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handele, § 558a Abs. 4 S. 2 BGB. Das sei hier nicht der Fall. Es handele sich mit den Städten Fürth und Stein, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei feststellte, nicht um vergleichbare Gemeinden.

Die Frage der Vergleichbarkeit der Gemeinden obliege dem Tatrichter. Die Gewichtung und Würdigung sie im Revisionsverfahren nur darauf überprüfbar, ob Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt worden seien, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungsgrundsätze hinreichend beachtet worden seien oder gerügte Verfahrensverstöße vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall. Insbesondere sei der rechtliche Maßstab entgegen der Revision (in Ansehung des älteren Rechtsentscheids des OLG Stuttgart (02.02.1982 - 8 REMiet 4/81 -) nicht daran auszurichten, es handele sich nach Auffassung des Vermieters um vergleichbare Gemeinden, nicht „offensichtlich unbegründet“ sei. Vielmehr habe das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass in Fürth 125.000 Einwohner, in Stein lediglich 15.000 Einwohner leben würden, Fürth ein sogen. Oberzentrum im Sinne des Landesentwicklungsplans sei, in dem über die Einrichtungen für die Grundversorgung hinaus auch eitere Einrichtungen des spezialisierten höheren Bedarfs für die Einwohner des Nachbereichs bereitgehalten würden. Nicht nur träfe dies auf Stein nicht zu; es würden sich dort anders als in Fürth auch keine U- und S-Bahn-Haltestellen befinden, was für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote innerhalb der Stadt als auch in der Gesamtregion für die Einwohner von Bedeutung sei. Berücksichtigt habe das Landgericht auch, dass beide Städte an das Stadtgebiet von Nürnberg grenzen und von beiden Städte aus (Stein mit den benannten Ausnahmen) aufgrund des gemeinsamen Verkehrsverbundes des Großraums Nürnberg mit seinen vielfältigen kulturellen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Angeboten gut erreichbar sei. Nicht zu beanstanden sei es, dass das Landgericht in seiner Gesamtwürdigung dem Umstand der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte maßgebliches Gewicht beigemessen habe. Soweit die Revision darauf abstelle, dass beide Städte an Nürnberg angrenzen würden und sich dies auch in den Grundstückspreisen niederschlage, verkenne sie, dass die Entwicklung der Grundstückspreise keinen verlässlichen Rückschluss auf eine ortsübliche (Vergleichs-) Miete (§ 558 Abs. 1 BGB) zulasse. Auch läge kein Verfahrensfehler darin, dass das Landgericht dem Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Verkehrsanbindung und die allgemeine wirtschaftliche Lage beider Städte nicht eingeholt habe, da diese Umstände das Berufungsgericht aufgrund seiner offensichtlichen Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten selbst habe beurteilen können.

BGH, Urteil vom 21.08.2019 - VIII ZR 255/18 -

Sonntag, 6. August 2017

Mieterhöhung unter Erhöhung des im (einfachen) Mietspiegel ausgewiesenen Betrages (Stichtagszuschlag)

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Zustimmung zur Mieterhöhung, Dabei legte er den Mietspiegel  von Reutlingen Stand Mai 2013 zugrunde und nahm einen Stichtagszuschlag in seinem Schreiben vom 29.11.2013 mit dem Verlangen auf Zustimmung zum 01.02.2014 vor. Dem folgte das Landgericht teilweise. Die zugelassene Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen. 

Der BGH verweist darauf, dass der Vermieter eine Erhöhung des Mietzinses  bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete gem., § 559 Abs. 1 S. 1 BGB begehren kann, wenn (wie hier) die Miete seit mindestens 15 Monaten unverändert war. Diese ortsübliche Vergleichsmiete würde nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde für Wohnungen gleicher Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder (mit Ausnahme nach § 560 BGB) verändert worden seien. In zeitlicher Hinsicht sei auf den Zugang des Erhöhungsbegehrens bei dem Mieter abzustellen, der den Zeitpunkt der Feststellung der Vergleichsmiete bestimme. Zwischen der Feststellung des Reutlinger Mietspiegels und dem Zugang der Mieterhöhung hätten sieben Monate gelegen.

Bei der vom Tatrichter vorzunehmenden Prüfung der Berechtigung der Mieterhöhung nach § 558 BGB dürfe dieser zwar die ortsübliche Vergleichsmiete nur aus Erkenntnisquellen entnehmen, welche diese Miete in Miete in hinreichender Weise ermittelt hätten. Dabei sei er aber im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO nicht auf das im Erhöhungsverlangen benannte Begründungsmittel iSv. § 558a Abs. 2 BGB beschränkt: Dabei dürfe er ordnungsgemäße Mietspiegel (§§ 558c, 558d BGB) mit berücksichtigen, wobei einem nach anerkannten wissenschaftlichen Kriterien erstellter und von Vermietern und Mietern anerkannter Mietspiegel (§ 558d Abs. 1 BGB, sogen. qualifizierter Mietspiegel) sogar die in § 558d Abs. 3 BGB benannte Vermutungswirkung entfalte. Im Falle eines einfachen Mietspiegel nach § 558c Abs. 1BGB (wie hier) stelle sich für die richterliche Überzeugungsbildung die Frage, on diesem eine mögliche Indizwirkung hinsichtlich der Wiedergabe der tatsächlich gezahlten Entgelte zukommt. Weitergehende Bindungen würden hinsichtlich Methodik und Ergebnisse eines Mietspiegels oder sonstiger Erkenntnisquellen würden nicht bestehen. Auch Aktualisierungsrhythmen von zwei Jahren der Mietspiegel (§§ 558c Abs. 1, 559d Abs. 2 BGB) würden den Tatrichter selbst bei Berücksichtigung des Mietspiegels nicht hindern, innerhalb des Zweijahreszeitraumes Aktualisierungen zu berücksichtigen. Es müsse der Tatrichter im Einzelfall beurteilen, ob es bei Harnziehung eines Mietspiegels zur Feststellung der Einzelvergleichsmiete sachgerecht sei, auf den sich daraus ergebenden Wert einen Stichtagszuschlag vorzunehmen.

Zwar komme auch einem einfachen Mietspiegel Indizwirkung zu. Es hänge von den Umständen des Einzelfalls ab, wie weit die Indizwirkung geht, die eine Heranziehung weiterer Beweismittel entbehrlich mache. Die Indizwirkung kann sich auch auf den Zweijahreszeitraum erstrecken, wenn es keine Anhaltspunke für eine ungewöhnliche Mietpreissteigerung gäbe. Allerdings komme auch einem in der Folgezeit neuen Mietspiegel Indizwirkung für den vergangenen Zeitraum zu. Es ließe sich, gibt es dagegen keine konkreten Einwände, daraus ein Rückschluss auf die Mietpreissteigerung (Umfang und Geschwindigkeit)  der vergangenen zwei Jahre vornehmen.

Indem hier das Landgericht den neuen (einfachen) Mietspiegel Reutlingen 2015 berücksichtigte und eine lineare Interpolation zwischen dem Wert 2013 und 2015 vorgenommen habe, hätte es bei seinem Schätzungsermessen nach § 287 Abs. 2 ZPO keinen Denkfehler gemacht.


BGH, Urteil vom 15.03.2017 - VIII ZR 295/15 -

Freitag, 26. August 2016

Mietrecht: Mieterhöhung bei Reihenhaus über Mietspiegel trotz dortigem Nichtanwendungshinweis

Dass eine Mieterhöhung unter Zugrundelegung eines (qualifizierten) Mietspiegels begründet werden kann, ist bekannt, § 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB. Aber was macht der Vermieter, wenn für das Objekt ein Ausschluss im Mietspiegel enthalten ist ? Im Berliner Mietspiegel 2011 war ausdrücklich ausgeführt, dass dieser nicht für 1- und 2-Familienhäuser und Reihenhäuser anwendbar wäre. Gleichwohl legte der Kläger diesen bei seinem Erhöhungsbegehren zugrunde. Zu Recht, wie die Instanzgerichte einschließlich des BGH auf die zugelassene Revision meinten.

Zunächst weist der BGH auf seine ständige Rechtsprechung hin, dass an ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürften. Ausreichend sei, dass dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt würden, die es ihm zumindest ansatzweise ermöglichen würden, die Berechtigung zu prüfen. Damit würde es regelmäßig ausreichen sein, wenn der Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete angibt und, bei Bezugnahme auf einen Mietspiegel, die nach seiner Auffassung einschlägigen Kategorien  des Mietspiegels benennt. Die Richtigkeit dieser Einordnung sei keine Frage der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsbegehrens, sondern eine Frage der materiellen Begründetheit.

Diese Unterscheidung zwischen formeller Wirksamkeit und materieller Begründetheit ist entscheidend. Der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsbegehrens würde nicht entgegenstehen, dass der Kläger sich auf den Mietspiegel bezieht, obwohl in diesem für Reihenhäuser, wie es hier Mietgegenstand war, ausdrücklich ausführte, dass der Mietspiegel nicht anwendbar sei. Insoweit verweist der BGH auf seine Entscheidung zum Mietspiegel Krefeld 2002, in der er bereits zum Ausdruck gebracht habe, dass regelmäßig die Mieten in Wohnungen in Mehrfamilienhäusern unter denen für Einfamilienhäusern lägen. Soweit die Revision darauf verwies, dass damals im Mietspiegel kein Ausschluss der Anwendbarkeit für Einfamilienhäuser bestimmt gewesen sei, vorliegend aber ein Ausschluss benannt wurde, würde diese Rüge nicht greifen. Es ändere nichts an der formellen Wirksamkeit.

Lediglich ließe sich sowohl bei dem damals streitgegenständlichen Mietspiegel Krefeld 2002 wie auch jetzt bei dem Berliner Mietspiegel 2011 feststellen, dass diesen Datenmaterial für die fragliche Kategorie (hier: Reihenhaus) zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zugrunde liegen würde. Dies führe allerdings nur dazu, dass im Rahmen der Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens eine Indizwirkung für die gerichtliche Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht gegeben sei. Gleichwohl könnten aber die im Mietspiegel benannten Entgelte eine Orientierungshilfe geben, ob vorliegend die vom Kläger begehrte neue Miete für das Reihenhaus der ortsüblichen Miete entspricht, da erfahrungsgemäß die Mieten dafür über den Mieten in Mehrfamilienhäusern mit vergleichbaren Wohnwertmerkmalen lägen.

Schlussendlich weist der BGH darauf hin, dass sich das Berufungsgericht davon überzeugt habe, dass das Mieterhöhungsverlangen auch materiell berechtigt sei.


BGH, Hinweisbeschluss vom 26.04.2016 – VIII ZR 54/15 -