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Freitag, 29. September 2017

Wohngeldforderungen gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben nach § 1936 BGB

Ist ein gesetzlicher Erbe nicht vorhanden oder lässt sich ein solcher nicht feststellen, erbt das Land oder der Bund, § 1936 S. 1 BGB. Da bei einem Wohnungseigentümer bei seinem Ableben in 2013 diese Voraussetzungen vorlagen, erbte das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (Klägerin) nahm nun das Land auf Zahlung von Wohngeld für 2013 und 2014 in Anspruch. Obwohl das beklagte Land die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben hat, verurteilte das Amtsgericht zur Zahlung. Das Landgericht hatte die Klage teilweise abgewiesen und dem beklagten Land die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision wandte sich die Klägerin gegen diesen Vorbehalt.

Das Landgericht stützte sich auf § 780 Abs. 2 ZPO. Während nach § 780 Abs. 1 ZPO der Vorbehalt vom Beklagten zu erklären und im Urteil aufzunehmen ist, sieht § 780 Abs. 2 BGB für den Fall des § 1936 BGB vor, dass ein solcher Vorbehalt nicht erforderlich sei. Das Landgericht vertrat die Auffassung, der Erbe hafte nur dann persönlich, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden könne. Dies sei hier nicht der Fall, wobei das Unterlassen der Vermietung der Wohnung zu keinem anderen Ergebnis führe.

Die Revision wurde vom BGH als unzulässig verworfen. Auch bei einer vom Berufungsgericht zugelassenen Berufung müsse der Rechtsmittelführer beschwert sein, was hier nicht der Fall sei, da sich die Klägerin ausdrücklich nur gegen den im Urteil aufgenommenen Vorbehalt wehre.

Durch den Vorbehalt sei der Klägerin nicht weniger zugesprochen worden, als sie begehrte. Dies deswegen, da der Vorbehalt keine über den darin liegenden Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Beklagten hinausgehende Wirkung entfalte. Der Fiskus könne sich stets, unabhängig davon, ob der Vorbehalt im Urteil aufgenommen wurde oder nicht, gem. § 780 Abs. 2 ZPO auf die beschränkte Erbenhaftung berufen. Damit bestünde vorliegend kein Unterschied, ob im Urteil ein Vorbehalt aufgenommen wurde oder nicht. Ob im Fall des § 780 Abs. 1 BGB etwas anderes gelten würde, wurde in der Vergangenheit vom BGH teilweise bejaht, teilweise offengelassen und bedürfe auch hier keiner Entscheidung.

Auch sei das Landgericht entgegen der Annahme der Klägerin nicht veranlasst gewesen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die vom beklagten Land erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung (Dürftigkeitseinrede) vorlagen. Zwar hätte auch bereits im vorliegenden Verfahren geklärt werden können, ob gegenständlich die Voraussetzungen für eine beschränkte Erbenhaftung vorliegen und eine solche überhaupt bei Wohngeldforderungen gegen den Fiskuserben in Betracht kämen, doch habe sich das Landgericht damit (zulässig) nicht befasst. Hätte es die Frage geprüft und wäre zum Ergebnis gekommen, dass ein Vorbehalt nicht greifen würde, hätte es das beklagte Land zur Zahlung aus dem Nachlass verurteilen müssen.

Es sei kein Rechtsfehler, wenn das Prozessgericht die sachliche Aufklärung insoweit dem besonderen Verfahren nach § 785 ZPO überließe. Ob anderes dann gelten würde, wenn Entscheidungsreife dazu bestünde, könne hier auf sich beruhen, da entsprechendes auch von der Klägerin nicht dargelegt worden sei.

Der im Urteil aufgenommene Vorbehalt entfalte auch keine Bindungswirkung iSv. § 318 ZPO, da über die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach §§ 785, 767 ZPO in einem neuen Rechtsstreit durch das Prozessgericht erster Instanz zu entscheiden sei. Begnügt sich, wie hier, das Gericht in zulässiger Weise mit dem Ausspruch des Vorbehalts, kommt es auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen in diesem Erkenntnisverfahren nicht an. Ausführungen des Landgerichts dazu könnten von daher nicht tragend und damit nichts rechtsverbindlich sein.


BGH, Urteil vom 17.02.2017 - V ZR 147/16 -