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Sonntag, 28. Mai 2023

Parteiberichtigung auf Beklagtenseite bei der Beschlussmängelklage und Fristwahrung (§ 45 WEG)

Die Kläger, Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GsWE), erhoben eine Klage gegen Beschlüsse einer Eigentümerversammlung vom 14.12.2020 zu TOP 1 und TOP 2, die die geänderte Ausführung einer Geländerkonstruktion im Zusammenhang mit einer zu einem früheren Zeitpunkt beschlossenen Instandsetzung zusammenhängender Dachterrassenflächen zum Gegenstand hatten. In der am 13.01.2021 bei Gericht eingegangenen Klageschrift benannten sie die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte und die Verwalterin als Zustellungsbevollmächtigte. Auf Hinweis des zuständigen Amtsgerichts auf die neue Rechtslage seit dem 01.12.2020 haben sie noch mit am 11.02.2021 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz das Beklagtenrubrum dahingehend geändert, dass Beklagte die GsWE sei, „mit Ausnahme der Kläger“. In der Verhandlung wurde von den Klägern erklärt, die Klage richte sich ohne Ausnahme gegen die GdWE. Die Klage wurde von Amts- und Landgericht zurückgewiesen.

Das Landgericht hatte die Zulassung der Revision auf die für die Anfechtungsfrist des § 45 S. 1 WEG entscheidende Frage, ob die Frist gewahrt sei, beschränkt. Diese Beschränkung sah der BGH als unwirksam an. Eine Beschränkung der Revisionszulassung sei nur auf rechtlich und tatsächlich abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs zulässig. Danach müsste der zugelassene Streitstoff unabhängig von dem übrigen Streitstoff bewertet werden können. Auf einzelne Rechtsfragen könne die Zulassung nicht beschränkt werden. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen seien materiellrechtlich auf das gleiche Rechtsschutzziel, Klärung der Gültigkeit der angegriffenen Beschlüsse, gerichtet. Es läge keine Klagehäufung vor. Infolge der Identität wären auch die Auswirkungen der Rechtskraft dieselben. Nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz zum 01.12.2020 habe sich daran nichts geändert. Eine rechtserhebliche Unterscheidung gäbe es zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage lediglich dann, wenn es auf eine der Fristen des § 45 S. 1 WEG (Frist für Anfechtungsklage 1 Monat nach Beschlussfassung, für Klagebegründung 2 Monate nach Beschlussfassung) ankäme. Bei Versäumung dieser Fristen könne die Klage nur Erfolg haben, wenn der angefochtene Beschluss nichtig sei.

Allerdings wurde die Revision zurückgewiesen, da die Beschlussklagen gem. § 44 Abs. 2 S. 1 WEG gegen die GdWE und nicht mehr (wie nach § 46 Abs. 1 S. 1 WEG) ein Klage auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer  gegen die weiteren Wohnungseigentümer zu richten sei. Eine gegen die Wohnungseigentümer gerichtete Klage könne damit auch die Frist des § 45 WEG (für die Anfechtungsklage) nicht wahren.

Innerhalb der Frist des § 45 WEG sei die Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer bei Gericht eingegangen. Wer Partei ist, ergäbe sich aus der in der Klageschrift anzugebenden Parteibezeichnung, § 253 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Diese sei zwar als Prozesshandlung auslegungsfähig. Maßgeblich sei dabei auf den Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaig beigefügter Anlagen aus objektiver Deutung aus Sicht des Empfängers abzustellen. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung sei grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar betroffen sein soll. Zu unterscheiden sei dies von einer irrtümlichen Benennung der falschen, materiell am Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei, die Partei würde. Danach würden die übrigen Wohnungseigentümer Parte auf Beklagtenseite, wenn eine Beschlussklage wie hier gegen sie gerichtet wird.  

Eine Auslegung, dass sich die Klage entgegen der Parteibezeichnung gegen die GdWE richte, sei nur ausnahmsweise möglich. Dafür müssten konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Wenn  die Wohnungseigentümer als Partei bezeichnet würden, müsste sich für die Annahme, die Klage richte sich gegen die GdWE entsprechende Anhaltspunkte aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift (und Anlagen) ergeben. Die Benennung des Verwalters genüge dazu nicht; dieser sei als Organ der Gemeinschaft (§ 9a Abs. 1 S. 1 WEG) auch nach § 44 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 WEG a.F. zu benennen gewesen. Die irrtümliche Benennung der falschen Partei sei daher damit gerade nicht auszuschließen.

In seinem späteren Urteil vom 24.02.2023 - V ZR 152/22 - wies der BGH auch darauf hin, dass die Klage gegen die nicht namentlich benannten übrigen Wohnungseigentümer diese als Partei darstellen würde, nicht die GdWE, da nach bisherigen Recht (gültig bis 30.11.2020) nicht notwendig die Wohnungseigentümer bereits in der Klage benannt werden mussten und der Verwalter (als Zustellungsvertreter) benannt wurde, es ausreichend gewesen sei, wenn die Benennung bis zum Schluss der Verhandlung erfolgt, § 44 Abs. 1 S. 2 WEG a.F. Diese Regelungen habe der BGH auch herangezogen, um eine fristwahrenden Parteiwechsel von den übrigen Wohnungseigentümern auf den Verband zu rechtfertigen. Dies sei auf die jetzige Rechtslage (seit dem 01.12.2020) nicht übertragbar. Die Regelungen in den bisherigen §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG a.F., und damit die Anknüpfung für den bisher angenommenen fristwahrenden Parteiwechsel, seien ersatzlos entfallen.

Damit sei hier zum Zeitpunkt der Änderung (Richtigstellung) der Parteibezeichnung mit Schriftsatz vom 11.02.2021 die Frist des § 41 S. 1 WEG zur Erhebung der Anfechtungsklage abgelaufen. Die Klage gegen die richtige Beklaget wurde (mit dem Schriftsatz vom 11.02.2021 qua Berichtigung der Parteibezeichnung) verspätet gewesen. Eine Beschlussanfechtungsklage, die nach dem 30.11.2021 bei Gericht eingehe und sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer richte, wahre die Klagefrist nicht.

Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gem. § 45 S. 2 WEG iVm. §§ 233 ZPO scheide aus, da dies ein fehlendes Verschulden an der Versäumung der Frist voraussetze.  Dies könne bei der Benennung der übrigen Wohnungseigentümer statt der GdWE als Beklagte bei der (hier) anwaltlich vertretenen Partei nicht in Betracht kommen.

Damit scheide eine Anfechtung der Beschlüsse aus. Ein Nichtigkeitsgrund wurde vom BGH verneint.

BGH, Urteil vom 13.01.2023 - V ZR 43/22 -

Samstag, 5. August 2017

WEG: Die Kostentragung des (gerichtlich bestellten) Ersatzzustellungsvertreters (§ 45 WEG)

Der Kläger erhob gegen die weiteren Wohnungseigentümer (Bejkagte zu 1.) einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG),, und deren Verwalter (Beklagter zu 2.) Klage, mit der er Beschlüsse der WEG anfocht und mit einem weiteren Klageantrag vom Verwalter Auskünfte begehrte. Da die Wohnungseigentümer keinen Ersatzzustellungsvertreter (an den nach § 45 Abs. 2 WEG dann Zustellungen erfolgen, wenn der Verwalter, wie hier, von einer Zustellung für die WEG wegen eigener Betroffenheit ausgeschlossen  ist) bestellt hatten, bestellte das zuständige Amtsgericht eine Rechtsanwältin als Ersatzzustellungsvertreterin (§ 45 Abs. 3 WEG). Das Verfahren endete durch beidseitige Erledigungserklärung; die Kosten wurden dem Kläger zu 80%, den Beklagten zu je 10% auferlegt. Im Rahmen der Kostenfestsetzung berücksichtigte das Amtsgericht die mit € 1.387,40 geltend gemachten Kosten der Ersatzzustellungsvertreterin mit € 1.109,92 zu Lasten des Klägers. Die Kosten entstanden im Wesentlichen durch die Kopien der Klageschrift und Portokosten durch Versand an die übrigen Wohnungseigentümer.

Das Landgericht hatte die Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten an die übrigen Wohnungseigentümern und nicht der Ersatzzustellungsbevollmächtigten zu zahlen wären. Es handele sich um zusätzliche Kosten der weiteren Wohnungseigentümer.

Die vom Kläger eingelegte Rechtsbeschwerde zum BGH hatte Erfolg.

Dass der Ersatzzustellungsbevollmächtigte zumindest seine Auslagen erstattet verlangen kann, sieht der BGH als einhellige Ansicht an, der er zustimmt. Uneinigkeit herrsche lediglich darüber, ob es sich bei  den Kosten des Ersatzzustellungsvertreter um nach § 91 ZPO erstattungsfähige Kosten handele.

Nach Auffassung des BGH würde es sich nicht um Kosten des Rechtsstreits iSv. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO handeln. Dies unabhängig davon, ob es sich um einen von den Wohnungseigentümer gemäß Beschluss nach § 35 Abs. 2 S. 1 WEG bestellten Vertreter handele, oder um einen (wie hier) gen. § 45 Abs. 3 WEG vom Gericht bestellten Vertreter handelt.  Der BGH verweist darauf, dass die Kosten der Unterrichtung der beklagten Wohnungseigentümer durch den Verwalter im Rahmen von Beschlussmängelverfahren gemeinhin als Kosten der internen Verwaltung gelten und nicht erstattungsfähig wären (so bereits BGZ 78, 166, 173; zuletzt BGH mit Beschluss vom 07.05.2014 - V ZB 102/13 -).  

Eine Ausnahme hatte der BGH (Beschluss vom 14.05.2009 – V ZB 172/09 -) für den Fall zugelassen, dass wegen des Streitgegenstandes (dort: Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag auf Abberufung des Verwalters zurückgewiesen wurde) die Gefahr bestünde, der Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. In diesem Fall des § 45 Abs. 1 Halbs. 2 WEG würde es sich nicht mehr um Kosten der internen Verwaltung handeln. Daraus würde in der  Literatur der Rückschluss gezogen, dass immer dann, wenn nicht an den Verwalter zugestellt werden könne, die Kosten der Zustellung über einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten für eine Erstunterrichtung erstattungsfähig sein müssten.

Der BGH führt aus, dass er ausdrücklich nicht mehr an seiner in dem Beschluss vom 14.05.2009 vertretenen Rechtsauffassung festhalten würde. Die Kosten wären stets Kosten der internen Verwaltung und nicht nach § 91 ZPO erstattungsfähig, unabhängig davon, ob der Verwalter oder ein (per Beschluss berufener oder vom Gericht bestellter) Ersatzzustellungsvertreter die Aufgabe des Zustellungsvertreters wahrnehme.  

Ob nach § 45 Abs. 1 2. Halbs. WEG die Gefahr nicht sachgerechter Unterrichtung durch den Verwalter bestünde, müsse das Gericht aus einer Prognose ex ante beurteilen. Wird ungeachtet der Gefahr doch an den Verwalter zugestellt, sei diese unwirksam; kommt der Verwalter allerdings entgegen der Prognose seiner Pflicht nach, könne der Zustellungsmangel ggf. nach § 189 ZPO geheilt sein.

Nichts anderes gelte für den Ersatzzustellungsvertreter. Dieser trete gem. § 45 Abs. 2 S. 2 WEG in die dem Verwalter als Zustellungsvertreter obliegenden Aufgaben und Befugnisse ein. Schon daraus ergäbe sich, dass die entstehenden Kosten nicht anders behandelt werden könnten. Insbesondere sei der Ersatzzustellungsvertreter entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht nicht einem Prozesspfleger vergleichbar, da sich dessen Tätigkeit nicht auf die Zustellungsvertretung beschränke. Ebenso würde das Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich das Gericht statt zur Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters zur direkten Zustellung an die einzelnen Wohnungseigentümer entschließen könnte; der Gesetzgeber hat nicht vorgeschrieben, dass an den Verwalter zwingend zuzustellen ist. Der BGH verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es, von kleineren Gemeinschaften abgesehen, regelmäßig sachgerecht sein dürfte, an den Zustellungsvertreter zuzustellen, da dadurch die Kosten gering gehalten würden und der Zustellungsvertreter die Wohnungseigentümer in kostensparender Form (z.B. qua E-Mail) unterrichten könne (BGH, Beschluss vom 14.05.2009 - V ZB 172/08 -).

Schließlich seien die Kosten des Ersatzzustellungsvertreters nicht Kosten der beklagten Wohnungseigentümer sondern solche der Wohnungseigentümergemeinschaft. Nimmt der Ersatzzustellungsvertreter die Bestellung durch das Gericht an, käme es  - wie bei einem Beschluss der WEG – zu einem Vertrag zwischen ihm und der Gemeinschaft. Ob und in welcher Höhe Vergütung geschuldet wird, muss das Gericht bei der Bestellung oder nachträglich festlegen, wobei es sich an die übliche Vergütung nach §§ 675, 612 Abs. 2 BGB orientieren kann; auch hat es die Berechnung des Auslagenersatzes vorzugeben. In der Jahresabrechnung sind die Kosten des Ersatzzustellungsvertreters als Kosten der Verwaltung nach dem in § 16 Abs. 2 WEG vorgegebenen Maßstab  zu verteilen, also ohne Berücksichtigung der Kostenentscheidung des Gerichts. Es läge an den Wohnungseigentümern, die Kosten durch Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreter gering zu halten, indem sie diesem die E-Mail-Adresslisten der Eigentümer überlässt; unterließen sie dies, hätten sie die dadurch entstehenden Kosten zu tragen.


BGH, Beschluss vom 11.05.2017 - V ZB 52/15 -