Freitag, 10. Februar 2017

Fitnessstudio: Kündigungsrecht bei Verlegung des Studios ?

Die Klägerin betreibt ein Fitnessstudio. Dieses verlegte sie innerhalb eines Ortes; das neue Studio befand sich 150m vom Standort des alten Studios entfernt. In diesem neuen Studio fehlten Duschen. Die Beklagte, die mit der Klägerin einen Vertrag zur Nutzung des Studios abgeschlossen hatte, kündigte diesen fristlos nach dem Umzug und machte dessen Verlegung und das Fehlen der Duschen geltend. Der Klage. Mit der die Klägerin restliches Nutzungsentgelt (unter Anwendung der Vorfälligkeitsklausel) geltend machte, hab das Amtsgericht statt.


Der von der Beklagten geltend gemachte Kündigungsgrund würde nicht greifen. Die Entfernung des neuen Studios zum alten Standort von 150m würde hier vom Grundsatz nicht eine Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag begründen können.

Soweit die Beklagte eine Verringerung der Gerätezahl geltend gemacht hatte wies das Amtsgericht darauf hin, dass die Beklagte nicht einmal eine persönliche Betroffenheit behauptet habe. Im übrigen sei der Behauptung der Beklagten von der Klägerin entgegen getreten worden und die Beklagte habe für ihre Behauptung, für die sie beweisbelastet sei, keinen Beweis angeboten.

Auch die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe einseitig die Öffnungszeiten des Studios geändert, rechtfertige die Kündigung bereits deshalb nicht, da nicht ausgeführt worden sei, in welchem Umfang dies geschah.

Ob das Fehlen von Duschen einen Kündigungsgrund darstellen würde, ließ das Gericht offen. Die Klägerin habe, rotz des entsprechenden Hinweises der Klägerin, nicht vorgetragen, dass sie die Duschen auch genutzt hat und durch deren fehlen nunmehr nicht mehr am Vertrag festhalten könne-

Damit hat das Amtsgericht verdeutlicht, dass nicht jede Änderung eines Studios, auch dessen Verlegung, einen Kündigungsgrund begründen kann. Voraussetzung für eine Kündigung nach § 314 BGB ist, dass ein Festhalten am Vertrag bis zu dessen Ende für den Kündigenden unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit ist nicht n allgemeinen Kriterien zu prüfen, sondern am der persönlichen Betroffenheit. Eine Verringerung von Geräten oder das Fehlen der Duschen kann mithin nur dann Einfluss auf das konkrete Vertragsverhältnis haben, wenn der Nutzer persönlich betroffen ist. Dies ist bei einer Verlegung in des Studios im näheren Bereich ebensowenig der Fall, wie das mögliche Fehlen von Geräten und Duschen, die vom Nutzer nicht verwandt werden. 

Auch wies das Amtsgericht darauf hin, dass die Kündigung nach § 314 BGB nicht nach Ablauf längerer Zeit (hier war der Umzug des Studios im März 2016, die Kündigung erfolgte erst im Juni 2016) erfolgen kann, weshalb bei einem längeren Zuwarten die Kündigung ausgeschlossen ist.

Im übrigen sie die Klägerin nach der vorliegenden Vertragsklausel berechtigt gewesen, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen. Die Beklagte befand sich mit zwei Monatsbeiträgen in Verzug. Bei der daraus folgenden Vorfälligkeit der weiteren Beiträge handele es sich nicht um eine Klausel im Sinne einer Vertragsstrafe gem. § 309 Nr. 6 BGB, sondern um eine Regelung zur Fälligkeit. Sie benachteilige den Kunden auch nicht unangemessen. Insoweit verwies das Amtsgericht auf die Entscheidung des OLG Brandenburg in NJW-RR 2004, 273 und auf die Entscheidung des BGH zu Kreditverträgen in NJW 1986, 46.


AG Plettenberg, Urteil vom 06.02.2017 – 1 C 257/16 -


Aus den Gründen:

hat das Amtsgericht Plettenberg am 06.02.2017
durch den Richter Dr. Schmidt

für Recht erkannt:
'
Der Beklagte wird  verurteilt,

an die Klägerin 364,50 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Pro-zentpunkten über dem Basiszins aus je 40,50 €  seit dem 02.06 und 02.07.2016  sowie aus   283,50
€ seit dem 02.08.2016 zu zahlen sowie

an die Klägerin weitere 82,28 zzgl. Zinsen in Höhe von 5  Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszins hieraus seit dem  26.08.2016 zu zahlen . 

Die Kosten des  Rechtsstreits werden  dem  Beklagten auferlegt. 
  
Dieses  Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  

Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).


  
Entscheidungsgründe


Die zulässige  Klage ist begründet.


A)
Die    Klägerin      hat     gegen     die     Beklagte     einen     Anspruch      auf    Zahlung      von Mitgliedbeiträgen   i.H.v364,50  €  aus  dem  Mitgliedschaftsvertrag   vom   23 .02.2015 i.V.m. 535, 611 BGB.


1)
Der hier unstreitig abgeschlossene  streitbefangenen  Vertrag  vom  23 .02 .2015  über die itgliedschaft im Trainings- und Therapiezentrum ist als typ,engemischte Gebrauchsüberlassungsvertrag mit miet- und dienstvertraglichen Elementen zu qualifizieren,  auf die die §§ 535 ff.  und §§ 611 ff.  BGB   entsprechend  sowie auch   der
§ 314 BGB Anwendung finden.




II)
Aus diesem Vertrag kann die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines  Betrages von  364,50 verlangen .

Ausweislich des abgeschlossenen Vertrages  schuldet  die  Beklagte  seit Vertragsbeginn unter dem 01 .03.2015 bis zum Vertragsende nach 24 Monaten unter dem 28 .02.2017 monatlich die Zahlung eines Betrags von  40 ,50 , zahlbar jeweils  zum  ersten eines Monats.

1)
Soweit die Beklagte daher die Mitgliedbeiträge für die  Monate  Juni  und  Juli  2016  nicht beglichen hat, schuldet  sie die Zahlung  i.H.v . 81,00 .



2)
Darüber hinaus hat die Beklagte nach der  Nichtzahlung der Beiträge für die Monate  Juni    und    Juli    2016    gemäß    der    vertraglichen    Regelung    unter    dem  Punkt  "Zahlungsverzug " die Mitgliedsbeiträge für den restlichen Nutzungszeitraum von August 2016 bis Februar 2017 - also sieben Monate zu jeweils 40 ,50 €, insgesamt 283 ,50 - zu zahlen.

a)
Die Beklagte befand sich . aufgrund der der kalendarischen Bestimmung der Leistungsflicht zum 01. eines jeden Nutzungsmonats gern. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ab dem 02.07.2016 mit Beträgen für zwei Monate in Verzug.

aa)
Die Beklagte hat keine Umstände dargelegt , die sie hinsichtlich seines Zahlungsverzugs exkulpieren (vgl. § 286 Abs . 4 BGB). Soweit sie sich darauf beruft, dass ihr aufgrund der Aufnahme einer Ausbildung als Erzieherin die erforderlichen finanziellen Mittel zum Bestreiten der Mitgliedsbeiträge nicht mehr zur Verfügung standen, so steht dies dem Verzug nach vorgenannter Vorschrift nicht entgegen , denn  die  Verantwortlichkeit   für   eine   verspätete   Leistung   entfällt   nicht   aufgrund fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit (Palandt/Grüneberg , BGB, 75. Aufl. 2016 , § 286 Rn. 32).




bb)
Letztlich ist die Klausel des Vertrages , wonach  die  restlichen  Mitgliedsbeiträge  für den Nutzungszeitraum bei Verzug mit zwei Beiträgen zur Zahlung fällig werden , wirksa·m und steht dem Verzugseintritt  nicht entgegen.

Die streitgegenständliche Klausel stellt entgegen der Auffassung der Beklagten keine Vertragsstrafe dar und ist damit nicht nach § 309 Nr. 6  BGB  unwirksam. Es handelt  sich lediglich um eine Regelung zur Fälligkeit der Beiträge und  nicht um eine  Klausel mit Strafcharakter .

Die Klausel stellt auch keine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, weswegen eine Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 BGB nicht vorliegt (OLG Brandenburg , NJW-RR 2004 , 273 m. w. N.; BGH NJW 1986, 46 für Kreditverträge; Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 90). Vorfälligkeitsklauseln sind wirksam , wenn sie auf Vertragsverletzungen abstellen , die so schwerwiegend sind, dass sie ohne Rücksicht auf den Einzelfall eine Vertragsbeendigung rechtfertigen würden . Hierzu ist als Vergleichsmaßstab im vorliegenden Fall die Regelung des § 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB heranzuziehen, nach dem der  Vrmieter zur  fristlosen  Kündigung  des Mietverhältnisses berechtigt ist, wenn  der  Mieter  für  zwei  aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung der Miete in Verzug gerät (OLG Brandenburg, a. a. 0.). Davon weicht die von der Klägerin verwendete Klausel  nicht zulasten  der  Beklagten ab. Denn hierin ist nicht lediglich auf einen Zahlungsrückstand , sondern - ebenso wie   in § 543 Abs. 2   Nr. 3 a BGB - ausdrücklich  auf einen Zahlungsverzug   abgestellt.

 

III.
Der Zahlungsverpflichtung der Beklagten steht letztlich auch nicht die Kündigungserklärung  vom  11.07.2016 entgegen .

.Die Beklagte war nicht berechtigt , das Vertragsverhältnis  außerordentlich  zu kündigen.  Die Voraussetzungen  des § 314 BGB sind nicht gegeben .

1)
Unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder  typengem ischter  Vertrag  handelt  es sich  um ein Dauerschuldverhältnis ,


bei dem dem Kunden ein Recht zur außerordentlichen Kündigung  aus  wichtigem  Grund zusteht. In den Vorschriften der §§ 626 Abs . 1, 543 Abs1, 314 Abs. 1 BGB kommt der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz zum Ausdruck , dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets ein Recht zur außerordentlichen  Kündigung  bei Vorliegen  eines wichtigen  Grundes zusteht.

2)
Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses  liegt  vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller  Umstände  des  Einzelfalls  und  unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung . des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist  nicht zugemutet  werden kann.

.Dabei trägt allerdings der Kunde, der einen  längerfristigen  Vertrag  über  die Erbringung einer Leistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Inanspruchnahme  der  Leistungn des  anderen  Vertragspartners  nicht   mehr zumutbar ist (vgl. BGH NJW 2012,' 1431 = NZM 2012 394  Rn.  31  m.w.N.;  NJW 1997,  193 [195] m.w .N.).

Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher - nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender - Umstand etwa in einer Erkrankung des Kunden gesehen werden. Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen (BGH NJW 2016, 3718 , beck-online).

Die von der Beklagten vorgebrachten  Gründe .stellen  keinen  wichtigen  Grund  im Sinne der Vorschrift  und nach den vorgenannten  Kriterien  dar.

a)
So  berechtigt  zunächst  die  Verlegung  des  Fitnessstudios  in  der  Räumlichkeiten  im
………… vom ……… nicht  zur  außerordentlichen   Kündigung  des Vertrages , denn das  Festhalten am Vertrag wird  der  Beklagten dadurch  nicht unzumutbar.


Verlagert das Fitnessstudio währen der Mitgliedschaft seinen Standort, so ist auf den konkreten  Einzelfall  mit  Blick auf die  eintretende  Entfernung  abzustellen , ohne dass
- die Standortverlegung per se eine außerordentliche  Kündigung  rechtfertigte  (vgl. Hamm NJW-RR 1992, 444 , beck-online) . Zwischen den beiden Adressen liegt eine Strecke von lediglich 150 Metern ausweislich des Kartendienstes Google-Maps ". Zur Wohnanschrift der Klägerin hat sich  die  Entfernung  durch  die  Standortverlagerung gar verringert.  Ein Festhalten am Vertrag wird  ihr folglich  nicht unzumutbar .

b)
Das Gericht kann es weiter dahingestellt bleiben lassen, ob die Verringerung der Geräteanzahl für sich einen außerordentlichen  Kündigungsgrund  darstellt.  Die Beklagte hat nämlich schon nicht vorgetragen , dass sie persönlich überhaupt davon betroffen ist, so dass ihr ein Festhalten am Vertrag gerade wegen des Entfalls besonderer Trainingsmöglichkeiten   unzumutbar  geworden wäre.

Überdies hat die für das Vorlieg nd von Kündigungsgründen beweisbelastete Beklagte für ihre Behauptung zur Reduzierung der Geräte, auch vor dem Hintergrund des weiteren Vortrags der Klägerin zu diesem Komplex, keinen Beweis angetreten, so dass sie ohnehin beweisfällig geblieben ist. Hierauf musste das Gericht auch nicht hinweisen, da es in Ansehung des Umstandes, dass keine der Behauptungen der Beklagten rnit einem Beweisantritt versehen ist, nicht davon. ausgehen musste, dass es sich hierbei um ein Versehen handelte (Greger in: Zöller , Zivilprozessordnung , 31. Aufl. 2016, § 139 ZPO, Rn. 16).

c)
Soweit die Beklagte rügt, dass die Klägerin die Öffnungszeiten einseitig  abgeändert  hatist der  Vortrag  schon  unschlüssig,  da  nicht  klar  wird,  in welchem  Umfang dies
. geschehen sein soll. Hierauf musste das Gericht gleichsam nicht hinweisen, da die Klägerin in der Replik ausdrücklich  und  zutreffend  auf  den  nicht  hinreichenden Vortrag verwiesen hat (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung , 31. Aufl. 2016 , §  139 ZPO, Rn. 6a).

d)
Letztlich kann das Gericht auch die Frage dahingestellt bleiben lassen, ob das Fehlen von Duschen eine Kündigung des Vertrages rechtfertigt, denn auch hier hat die  Beklagte  - auch  nach  entsprechenden   Einwendungen  der  Klägerin  - nicht


vorgetragen , dass sie die Duschanlagen auch genutzt hat und durch deren Fehlen nunmehr  am Vertrag  nicht mehr festgehalten werden könne.





3)
Selbst wenn man aber davon ausgehen würde , dass es sich bei dem nunmehrigen Fehlen der Duschräume um einen außerordentlichen Kündigungsgrund handelte, so kann der Kündigende nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nach der er von dem Kündigungsgrund  Kenntnis erlangte,  § 314 Abs . 3 BGB.

Die Beurteilung der Angemessenheit der Kündigungsfrist hat unter Berücksichtigung ihres Zwecks , der Bedeutung des Kündigungsgrunds , der Auswirkungen für die Beteiligten  und des Umfangs  der erforderlichen  Ermittlungen zu erfolgen.

Nach diesen Grundsätzen war die Kündigungsfrist jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung im Juli 2016 längst abgelaufen . Die Verlegung des Standortes erfolgte bereits im März 2016 , ohne dass die Beklagte zuvor das Fehlen der Duschräume in den neuen Räumlichkeiten bemängelt hätte. In Ansehung der Gesamtvertragslaufzeit und des Umstandes, dass Fitnessstudios i.d.R. wöchentlich aufgesucht zu werden pflegen, wäre es der Beklagten zumutbar gewesen, jedenfalls binnen eines Monats eine  Kündigung  des Vertrages  zu  erklären. Selbst  wenn  man ihr ein ganzes Quartal einräumte, wäre diese Frist nicht eingehalten.  Entsprechendes gilt im Übrigen auch für die übrigen Einwendungen, die die Beklagte vorgebracht     hat.

B)
Die für einen Gegenstandswert i.H.v. der Hauptforderung angefallenen vorgerichtlichen    Rechtsanwaltskosten    in   Höhe   von   70 ,20   €   sowie   die   durch
.Rücklastschriften  angefallenen  Kosten  i.H.v12,08 €  hat  die  Beklagte  im Wege des
Verzugsschadens  nach §§ 280 Abs . 1, Abs . 2, 286 BGB zu ersetzen.


C)
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs . 1, Abs . 2, 286, 288 Abs. 1, 291  BGB


D)


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Jene zur vorläufigen  Vollstreckbarke it aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 364,50 EUR festgesetzt. 
Dr. Schmidt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen