Freitag, 15. August 2014

Stadt Köln: Duldung grob rechtswidrigen Verhaltens der Verwaltung ?

Die Erlebnisse des A. Barthenheier mit der Marktverwaltung und dem Rechts- und Versicherungsamt der Stadt Köln

Ein Erlebnis, wie man es sich nicht wünscht: Herr A. Barthenheier will morgens nach 6.30 mit seinem Fahrzeug wegfahren, doch es steht nicht mehr dort, wo es abgestellt war. Kein Diebstahl, es wurde abgeschleppt, obwohl nach der Beschilderung dies ausgeschlossen wäre. 

1.  Sachverhalt


Die Vorgeschichte:

Beschilderung 
Herr A. Barthenheier parkte am  22.11.2013 sein Fahrzeug  - wie häufig  an der Kalker Hauptstraße in Höhe Hausnummer 124  in Köln-Kalk. Nach der üblichen Ausschilderung bestand dort ein  eingeschränktes Halteverbot auf dem (von ihm genutzten) Seitenstreifen und konnte im übrigen dort mit Parkschein werktags zwischen 9.00 und 18.00 Uhr geparkt werden.  Zusätzlich waren dort an diesem Tag Schilder aufgestellt, die ein absolutes Halteverbot „auch auf dem Seitenstreifen“ auswiesen, allerdings „nur Samstag am 26.11.2013 bis 04.01.2014 ab 6- h“.

Morgens musste Herr Barthenheier feststellen, dass sein Fahrzeug nicht mehr vorhanden war. Eine anwesende Marktbeschickerin gab ihm gegenüber an, das Fahrzeug sei gegen 6.30 Uhr abgeschleppt worden und übergab ihm die Kopie eines Sicherstellungsscheins. Aufwendig musste er nun den Wagen wieder vom Hof des beauftragten Abschleppunternehmens abholen, gegen Zahlung von € 146,24.
Dort war der Wagen von A. Barthenheier abgestellt

Am 30.11.2013 begab sich Herr Barthenheier noch einmal an den Ort und befragte die dortige Marktbeschickerin zum Vorgang. Sie wollte von ihm den Sicherstellungsschein wieder, da dieser falsch sei. Bei Durchsicht fiel nun auf, dass wohl die Maktbeschickerin selbst diesen als „Mitarbeiter der Stadt Köln“ unterschrieben hatte und damit den Abschleppvorgang veranlasst hätte.

Was nun folgte:

Stand der Marktfrau
Herr Barthenheier beschwerte sich bei der Marktverwaltung, die nach dem ihm von der Marktfneschickerin übergebenen äußeren Anschein des Sicherstellungsauftrag das Abschleppen veranlasst haben soll. Er wies darauf hin, dass das absolute Halteverbot erst ab 26.11.2014 gelten würde, nicht bereits am 23.11.2014 galt.

Mit Schreiben vom 05.12.2013 teilte das Rechts- und Versicherungsamt der Stadt Köln Herrn Barthenheier mit, die Abschleppkosten von € 108,24 wären an ihn angewiesen worden. Nach einem anwaltlichen Schreiben des Verfassers wurde am 11.12.2013 mitgeteilt, dass ein Schreiben an Herrn Barthenheier betreffend der Erstattung der restlichen € 38,00 leider fehlerhaft adressiert worden sei und retourniert wurde; der Betrag würde („aus technischen und arbeitsorganisatorischen Gründen“) „heute“ angewiesene. Der Sachbearbeiter der Stadt Köln bat ferner um Mitteilung, ob „die von unglücklichen Umständen begleitete Angelegenheit … nunmehr als erledigt betrachtet werden kann“. Der Verfasser wies darauf hin, dass bisher nicht erklärt wurde, wie es zu der unrechtmäßigen Aktion gekommen sei und dass im übrigen auch die Anwaltsgebühren an ihn zu zahlen wären. Nachdem bis zum 19.12.2013 der Betrag von € 38,00 (wohl Verwarngeld und Kosten der Verwaltung) nicht gezahlt waren, wurde die Behörde an diesem Tag an die Erledigung erinnert. Zusätzlich erfolgte die Aufforderung mitzuteilen, woraus sich die Ermächtigung der handelnden Personen zur Durchführung der Abschleppmaßnahme ergeben hätte. Am 20.12.2013 teilte der zuständige Sachbearbeiter der Kölner Stadtverwaltung mit, die Stadtkasse wäre veranlasst, den Betrag von € 38,00 zu zahlen. Zusätzlich bat er im Hinblick auf „die Festtage“ um eine Fristerstreckung vom 27.12.2013 auf den 17.01.2014.  Am 20.12.2013 wurde dann Herrn Barthenheier der Betrag von € 38,00 gutgeschrieben, am 27.01.2014 schließlich die Anwaltsgebühren.

2. Rechtliche Konsequenzen und Stellungnahme


2.1. Mit Schreiben vom 09.02.2014 wurde Strafanzeige erstattet (StA Köln 83 UJs 24/14). Im Hinblick auf ein Schreiben der Stadt Köln vom 13.01.2014 ging der zuständige Oberstaatsanwalt davon aus, dass damit der Vorgang aufgeklärt sei und eine strafbare Handlung nicht gegeben sei. In diesem an den Verfasser als anwaltlichen Bevollmächtigten adressierten Schreiben wurde u.a. ausgeführt:

In der Annahme, die Beschilderung durch die zuständige Behörde sei korrekt vorgenommen worden, musste im Rahmen der Veranstaltungsverantwortung gegen den Zustandsstörer die Maßnahme der Fahrzeugabschleppung ergriffen werden. Erst im Nachhinein wurde festgestellt, dass der Fahrzeugführer aufgrund der fehlerhaften Beschilderung nicht hat wissen können, dass am 23.11.2013 das Absolute Halteverbot an dieser Stelle galt. Es war somit ein Versehen des verantwortlichen Marktaufsehers. … Da die Stadt Köln derzeit 38 Veranstaltungsplätze unterhält, haben die diensthabenden Marktaufsichtsbeschäftigten über mehrere Veranstaltungen am selben Tag die Verantwortung über die rechtzeitige Freistellung. Aufgrund eines personellen Engpasses am besagten Tag hatte der Marktaufseher nicht mehr auf das relativ späte Eintreffen des beauftragten Unternehmens (Anm: gemeint ist das Abschleppunternehmen) gewartet. Statt dessen hatte eine vor Ort anwesende Veranstaltungsteilnehmerin respektive Marktbeschickerin die veranlasste Maßnahme „vertretungsweise“ beobachtet. Dieses Verfahren wird nur in Ausnahmefällen von Seiten der Dienststelle akzeptiert. Dass hier der Sicherstellungsauftrag fälschlicherweise von der Marktbeschickerin abschließend abgezeichnet wurde, war von der Verwaltung weder beabsichtigt noch veranlasst worden.“

Vorausgegangen war der Mitteilung des Oberstaatsanwalts eine Besprechung bei der Marktverwaltung, bei der aber der zuständige Marktaufseher nicht anwesend war; einen Aktenvermerk über die Besprechung stellte der Oberstaatsanwalt dem Verfasser zur Verfügung. In diesem Vermerk heißt es u.a.:

"Die Wochenmärkte müssen vor ihrer jeweiligen Eröffnung von einem Mitarbeiter der Marktverwaltung kontrolliert bzw. eröffnet werden- Dieser Mitarbeiter ist auch verantwortlich / berechtigt Abschleppvorgänge zu veranlassen."

Der Verfasser wies die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass nicht ersichtlich sei, dass überhaupt eine Prüfung der Beschilderung vor der Abschleppmaßnahme vorgenommen wurde. Er wies ferner darauf hin, dass der Sicherstellungsauftrag von einem verantwortlichen Mitarbeiter der Stadt zu unterschreiben ist, und ein Marktbeschicker dazu nicht berechtigt ist. Insoweit ist hier anzumerken, dass es sich um einen hoheitlichen Vorgang handelt, der nicht nach Gutdünken Dritten (die nicht als "beliehene Unternehmer" hoheitlich tätig werden dürfen)  übertragen werden kann.

Nach dieser Stellungnahme des Verfassers vom 05.04.2014 erfolgte die Mitteilung des Oberstaatsanwalts am 17.07.2014 (abgesandt am 04.08.2014), dass der damals zuständige Marktaufseher im Mai verstorben sei und deshalb nicht mehr hätte vernommen werden können, die Marktbeschickerin angegeben habe, sie wäre von diesem zur Unterschrift des Abschleppprotokolls (Sicherstellungsauftrag) veranlasst worden und hätte lediglich versehentlich im falschen Kästchen unterschrieben.

2.2. Es drängt sich hier der Eindruck auf, dass ein rechtswidriges Handeln der Stadt Köln (Marktverwaltung) gedeckt werden soll. Wie sollte der Abschleppvorgang durchgeführt werden, wenn der Sicherstellungsauftrag nicht einmal von einen Verantwortlichen unterschrieben wird ? Schon diese Frage spricht gegen ein Versehen der Marktbeschickerin (auch wenn diese eventuell durch den verstorbenen Marktaufseher oder die Abschleppfirma, deren Mitarbeiter wohl nicht verantwortlich vernommen wurden, dazu veranlasst wurde, um den Vorgang durchzuführen.

Es ist suspekt, dass derartige Maßnahmen ohne konkrete vorherige Kontrolle und lediglich in „Annahmen“ durchgeführt werden, obwohl doch vor Ort ohne weiteres die Beschilderung festgestellt werden kann. Unabhängig davon, dass der 26.11.2013 der erste Tag des „Samstags-" Verbots ein Dienstag war, stand die Beschilderung mir einer Autolänge hinter dem Fahrzeug des Herrn Barthenheier. Dass sich die Marktbeschickerin am Samstag, 23.11.2013 über den abgestellten Wagen geärgert hatte (nachdem es bereits im Vorfeld zwischen Händlern und Verwaltung Streit um den Standort für diesen Markt gab), mag sein. Dass sie von daher wollte, dass das Fahrzeug abgeschleppt wird, ist emotional nachvollziehbar. Dass sich hier allerdings die Verwaltung über alle rechtlichen Grundlagen hinwegsetzt und eine Maßnahme vollzieht, die schlicht grob rechtswidrig ist, ist unentschuldbar. Ein derartiges Gebaren der Verwaltung lässt allenfalls ein gehöriges Misstrauen gegen diese zu, da nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass sie rechtsstaatlich handelt.

Wenn dann noch ein Ermittlungsverfahren derart geführt wird, dass der Eindruck entsteht, es würde  lediglich nach Einstellungsgründen gesucht, um nicht die staatliche Verwaltung zu diskreditieren, fördert dies auch nicht den Glauben an einen Rechtsstaat.

Betrachtet man zudem die verzögerliche Handhabung bei der Verwaltung (z.B. was die Erstattung der Gelder anbelangt),  wäre man froh, wenn diese staatliche Verwaltung bei entsprechenden Vorgängen bei ihren Bürgern mehr Nachsicht hätte, nämlich die gleiche Latte anlegen würde wie in eigenen Dingen.

Als Erkenntnis aus diesem Vorgang bleibt festzuhalten:

Es wurde eine Abschleppmaßnahme durchgeführt, obwohl diese nach der Beschilderung nicht zulässig war. Entweder haben sich der oder die Verantwortlichen über die tatsächliche Rechtslage gemäß der Beschilderung hinweggesetzt oder aber es wird durch die zuständige Verwaltung nicht sichergestellt, dass vor der Durchführung derartiger Maßnahmen geprüft wird, ob der beschilderte Zustand demjenigen entspricht, der bestehen sollte. Bedenkt man, dass der zuständige Marktaufseher den Markt kontrollieren bzw. eröffnen muss, ergibt sich schon daraus seine Pflicht, die Beschilderung zu prüfen. Ein Unterlassen derartiger Prüfungen ist nicht nur leichtfertig, sondern stellt m.E. einen dolus eventualis in Bezug auf rechtswidrige Maßnahmen dar, die in der angeblichen Annahme einer anderweitigen Beschilderung erfolgen. 

Wer als Kraftfahrer ein Verbotszeichen übersieht (sei es in Bezug auf die Geschwindigkeit, aber auch in Bezug auf ein Halteverbot) hat mit einer Ahndung zu rechnen. Sein Versehen zählt nicht. Wird aber geahndet, mit weitreichenden Folgen für den Betroffenen, soll dies wohl hinzunehmen sein, auch wenn die Maßnahme rechtswidrig ist. Diese Zweiteilung der Ansicht zur Befolgung von Verkehrszeichen ist nicht plausibel und lässt sich unter dem Stichwort Behördenwillkür subsumieren. 

Nachfolgend ein Vorgang aus Frankfurt am Main aus dem Jahr 2009.


Mittwoch, 6. August 2014

Einkommensteuer: Nicht jedes Fahrzeug kann als betriebliches Fahrzeug steuerlich zu berücksichtigen sein

Im Streitfall hatte der Kläger (ein Tierarzt) einen Ferrari Spider, bei dem er gewissenhaft ein Fahrtenbuch führte und so die Berechnung des Privatanteils vornahm. Das Finanzamt hatte den betrieblichen Charakter nicht anerkannt und die dargelegten Fahrten auf Kilometerbasis abgerechnet. Dem folgten das Finanzgericht (FG) und der Bundesfinanzhof (BFH).

Bild: Thomas Siekmann / pixelio.de
Der BFH bestätigte, dass vom Grundsatz zwar der Unternehmer den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen dürfe. Allerdings bezieht sich der BFH auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wonach  andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind“ den Gewinn nicht mindern dürfen. Ob ein unangemessener Repräsentationsaufwand in diesem Sinne vorläge orientiere sich daran, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der zu erwartenden Vorteile und Kosten entsprechende Aufwendungen auch auf sich genommen hätte. Da vorliegend der klagende Tierarzt ausweislich des Fahrtenbuchs nur wenige Fahrten dienstlich mit dem Fahrzeug durchführte, handele es sich bei diesem zwar noch um Betriebsvermögen und wäre (anders als vom FG angenommen) nicht dem Privatvermögen zuzuordnen, könnte aber gleichwohl nur der für berufliche Fahrten tatsächliche Anteil berücksichtigt werden, wobei für die Bemessung des Entgelts je Kilometer auf im Internet ermittelte Duchschnittswerte (hier: € 2,00/km) zurückgegriffen werden.  

BFH, Urteil vom 29.04.2014 - VIII R 20/12 -



Dienstag, 5. August 2014

Tierhalterhaftung und Schaden: Mitverschulden und Abnutzung einer Brille


Der Kläger begab sich auf einen rheinhessischen Winzerhof um dort Wein zu kaufen. Er beugte sich zu einem dort befindlichen Hund runter, der auf ihn zukam und dessen Halter der Winzer war. Der Hund war so wild, dass er dem Kläger die Brille vom Gesicht riss und diese dabei zerstört wurde. Der Haftpflichtversicherer hatte vorgerichtlich eine Teilzahlung geleistet. Im gerichtlichen Verfahren wurden vom verklagten Winzer über seinen Haftpflichtversicherer ein Mitverschulden des Klägers durch seinen gedankenlosen Umgang mit dem Hund und im übrigen ein Abzug für Gebrauchsvorteile für die neue Brille eingewandt. Nach Einholung eines Gutachtens zur Brille wies das Amtsgericht die Klage ab. 

Mit der Beklagtenseite und gestützt durch das dies bestätigende Sachverständigengutachten sah das Amtsgericht die Anwendung der Grundsätze des Abzugs "neu für alt" als gegeben an. Zwischen dem Erwerb der beschädigten Brille und dem Schadensfall hatte sich die Sehstärke des Klägers verschlechtert, weshalb er bereits jetzt eine neue Brille mit den richtigen Dioptrien erhielt. Damit wurde die Neuanschaffung aufgrund eine Verschlechterung der Sehstärke weiter hinausgeschoben, was den Abzug "neu für alt rechtfertigt".

Im Hinblick auf das Mitverschulden stellte das Amtsgericht darauf ab, das der Kläger sich ohne Not zum Hund beugte und erst dadurch den Schadensfall ermöglichte. 


AG Alzey, Urteil vom 11.07.2014 - 23 C 69/13 -